Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
seufzte, und nach einer Minute murmelte er leise: »Jake ist ein verdammter Idiot.«
Ich hielt es für das Beste, mir nicht erklären zu lassen, was genau er damit meinte.
Kapitel 10
Indiana, Thanksgiving 2008
M ein Magen war so voll mit Essen, dass ich es kaum schaffte, mich in Moms Auto zu falten und zu Jake zu fahren. Ich hatte gerade mit meinen Eltern Thanksgiving gefeiert, und Mom übertrieb die Kocherei maßlos, um wettzumachen, dass meine Schwester nicht bei uns war. Na ja, irgendwie war sie es schon. Wir stellten während des Essens meinen Laptop ans Tischende und skypten mit Andie. Die Ärmste musste uns dabei zusehen, wie wir Moms leckeren Truthahn und den unbeschreiblichen Kürbiskuchen verdrückten. Aber Andie hatte für sich und ihre amerikanischen Studienfreunde in Dublin auch ein kleines Thanksgiving-Essen zubereitet. Und da sie Moms Kochgene geerbt hatte, war es vermutlich ziemlich gut.
Als ich noch zu Jake wollte, protestierte Mom. »Reicht es nicht, dass eine meiner Töchter an Thanksgiving nicht da ist?«, beklagte sie sich. Überraschenderweise eilte Dad mir zu Hilfe.
»Lass sie doch gehen. Die beiden haben sich seit vierundzwanzig Stunden nicht gesehen. Das muss sie sicher umbringen«, sagte er und schenkte mir ein neckendes Lächeln, bevor er sich wieder dem Spiel zuwandte. Die Eagles spielten gegen die Cardinals, keins der beiden Teams war Dads Mannschaft, aber er sah es sich trotzdem an.
Irgendwie hatte sich Jake in den vergangenen Wochen Dads Wohlwollen erschwafelt. Ob es daran lag, dass ich glücklich war, oder daran, dass Jake jeden um den Finger wickeln konnte? Ich wusste nur, dass ich am Sonntag eine Woche zuvor in die Küche gegangen war, um Jake eine Limo zu holen. Als ich zurückkam, sahen er und Dad sich ein Spiel an, und ich hätte genauso gut unsichtbar sein können. Die beiden gaben verächtliche Kommentare über die Rams ab und versicherten sich gegenseitig, dass ihr Team (die Chicago Bears) schon noch in die Gänge kommen würde. Am Ende fegten die Bears die Rams mit 27 : 3 vom Platz, und dieser Sieg schien irgendeine Art von Band zwischen Dad und Jake zu knüpfen. Es war mir egal, dass dafür Football nötig war. Ich war nur froh über diese Entwicklung.
Draußen war es eisig. Obwohl meine Wangen glühten und mein ganzer Körper aufgewärmt war von Delia Redfords Kochkünsten, packte ich mich in Wintermantel und Schal und stieg dann in Moms Wagen. Zum Glück hatte es diesen Monat noch nicht geschneit, und die Straßen zu Jake waren frei. Er wohnte auf der anderen Seite der Stadt in einer Neubausiedlung an dem kleinen Fluss. Da einige Zimmer nach hinten rausgingen, auch Jakes Zimmer, hatte er eine wunderschöne Aussicht. Ich war schon ein paarmal in seinem Zimmer gewesen, aber seine Mom bestand immer darauf, dass wir die Tür offen ließen, während wir »lernten«. Trotzdem schaffte er es, dass wir ein bisschen rummachen konnten, aber die innigsten Momente waren reserviert für den Laderaum von Hendrix.
»Charley, wie schön dich zu sehen, Liebes«, begrüßte mich Mrs Caplin an der Tür. »Happy Thanksgiving.«
Ich drückte sie. »Happy Thanksgiving, Mrs C.«
Sie führte mich zu Jake in das große Wohnzimmer, und als ich eintrat, trafen sich sofort unsere Blicke. Er lächelte mich an, erhob sich träge vom Sofa und schlenderte zu mir, um mich zu umarmen.
»Drück mich nicht zu fest, ich bin voll«, murmelte ich gegen seine Brust und schlug ihm auf den Rücken.
Jake lachte leise und drehte mich in seinen Armen, damit die anderen mich ansehen konnten. Ich begrüßte Lukas und Mr Caplin und wartete darauf, dass Jake mich der älteren Dame vorstellte, die seine Oma sein musste – er hatte mir erzählt, dass sie zu Besuch kommen wollte. Sie saß auf der Armlehne eines Sessels. Ihr langes graues Haar war auf beiden Seiten mit glitzernden Haarspangen nach hinten gesteckt. Sie trug einen weiten, bunten Rock und einen molligen rosa Strickpullover.
»Charley, das ist meine Oma. Oma, das ist Charley.«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Wie viele Mädchen hast du eigentlich, Junge?«
Ich verspannte mich, aber Jake drückte beruhigend meinen Arm. »Lass den Quatsch, Oma.«
»Nein, das war eine gute Frage.« Ich entzog mich Jakes Griff und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie viele Mädchen hast du, Jake?« Mit betont besorgter Miene neigte ich fragend den Kopf.
Mrs C. rieb meine Schulter. »Jakes Oma macht nur Spaß. Heute Morgen hat Amanda Reyes einen Kürbiskuchen
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