Invasion 03: Der Gegenschlag
verteilen, zum anderen stellte das sicher, dass nicht der ganze Saal heruntergekühlt wurde.
Es gab eine Zone, in der der Strahl in beschränktem Maße zurückgestrahlt wurde, etwa dreißig Zentimeter, und die kleine Menge Flüssigkeit verdampfte schnell. Wendy trat vor, ehe sie ganz verschwunden war, wich den sprühenden Tropfen aus und setzte die Presse an der linken Türseite an.
Normalerweise hätte sie sie ganz unten links angesetzt, aber die erhöhte Temperatur dort machte es notwendig, die Position zu verändern. So kalt der Stickstoff auch war, das Memoryplastik der Türen hatte recht hohe spezifische Eigenwärme, und möglicherweise war die linke untere Ecke noch nicht genügend abgekühlt.
Sie setzte die Presse an und kippte sie leicht zur Seite, damit die Energie zwar gerade eindrang, ihr aber, falls es zu einem Rückstoß kam, nicht in den Bauch stieß, und drückte dann ab.
Die Presse, die ein wenig wie ein schnurloser Elektrobohrer aussah, enthielt einen zwanzig Zentimeter langen Stahldorn, der von einer CO2-Patrone im Handgriff angetrieben wurde. Sobald der Abzug betätigt war, fuhr der Dorn mit über dreihundert Metern pro Sekunde aus, durchschlug die Tür und brachte das Kunststoffmaterial, wenn es kalt genug war, zum Zersplittern.
In dem Fall war es kalt genug, und die Tür zersplitterte von oben bis unten, zerbrach in tausend Fragmente, deren größte ein paar Zentimeter durchmaßen und deren kleinste nicht viel größer als Staubkörner waren. Die einzige Ausnahme bildete eine fast exakt kreisförmige Partie in der linken unteren Ecke. Ihre Entscheidung, den Bolzen dort nicht anzusetzen, war anscheinend gut gewesen.
Sie sah die Person im Silberanzug auf der anderen Seite der Türöffnung an. Diese hielt einen Propanbrenner in der Hand, und Wendy konnte durch mehrere Schichten Lexan erkennen, wie sie grinste.
»Miststück«, flüsterte sie halblaut und grinste zurück. Man setzte den Bolzen immer links unten an der Tür an, jedenfalls als Rechtshänder. Das war die sicherste Stelle, und im Allgemeinen war die Unterseite einer Tür immer kalt, wenn es sich nicht um ein besonders intensives Feuer handelte.
Die Feuerwehrfrau deutete bloß stumm auf den Startpunkt der Seilprüfung.
Herrgott, das würde ein endloser Tag werden.
Das Geräteschleppen und die Seilprüfung überstand sie einigermaßen. Beide Tests waren ziemlich gradlinig, in dem einen kam es darauf an, Kraft zu haben, im anderen, ob man unter Höhenangst litt. Sie war nicht die Stärkste und fühlte sich auch über Abgründen nicht sonderlich wohl, aber solche Tests machten ihr letztlich nichts aus.
Am Ende blieb nur noch das »Kumpelschleppen«. Sie setzte dazu an, im Laufschritt zur nächsten Position zu eilen, und merkte plötzlich, dass ihr das ziemlich schwer fiel. Wann wohl diese berühmte zweite Energiewelle einsetzte, fragte sie sich, aber bis jetzt verspürte sie nur Müdigkeit. Das Kumpelschleppen würde wirklich Spaß machen.
Dabei ging es darum, einen hundert Kilo schweren Dummy aufzuheben und wegzuschleppen. Der Dummy lag rücklings auf dem Boden und trug Bunkermantel und -hosen. Man erwartete von der Kandidatin, den Dummy aufzuheben, ihn von hinten mit beiden Armen zu halten und ihn dreißig Meter weit wegzuzerren, ohne ihn fallen zu lassen.
»Lass den Dummy nicht fallen«, flüsterte sie, packte ihn an der Schulterpartie des Bunkermantels und zog ihn in sitzende Haltung hoch. Der Kopf klappte zur Seite weg, und die Arme hingen herunter und waren ihr ständig im Weg, ganz gleich, was sie tat. Schließlich schaffte sie es, die Puppe von hinten zu packen, sie schob die Arme unter der Puppe durch, packte mit der rechten Hand die Vorderseite des Bunkermantels und umfasste mit der Linken das Gelenk der Rechten.
Mit einem Grunzlaut richtete sie sich auf, zog den Dummy in die Höhe und hielt dann kurz inne, wobei sie versuchte, nicht ins Schwanken zu kommen. Der Dummy war größer und viel schwerer als sie, und allein schon auf den Beinen zu bleiben kostete gewaltige Mühe. Schließlich lehnte sie sich vorsichtig nach hinten und fing zu zerren an.
Jeder einzelne Schritt war eine Qual. Es gab keine Möglichkeit, Schwung aufzubauen, daran hinderte sie die Schwerkraft – ein böser Feind. Sie musste die Puppe einfach zerren, Schritt für Schritt, und jeder einzelne Schritt tat höllisch weh. Als sie zwei Drittel des Weges zurückgelegt hatte, lockerte sich der Griff, mit dem ihre linke Hand sich um das rechte Handgelenk
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