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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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vielmehr meine Generalvollmacht. Ich will damit sagen, Sie haben ...«
    »Ich habe gar nichts«, fuhr Herr Trutz ihm über den Mund und reichte ihm das Papier zurück. »Der Wisch ist ja noch nicht mal unterschrieben.«
    Karl stöhnte, und während er die kostbare Vollmacht wieder vorsichtig in der Brusttasche des Mantels verstaute, beteuerte er: »Deshalb bin ich ja hier. Naja, nicht allein deshalb. Auch weil Sie verschollen sind und die Bücher aus der Phantásischen Bibliothek verschwinden und die Kindliche Kaiserin allmählich Frostbeulen bekommt und ...«
    »Sie reden ja lauter Schwachsinn junger Mann. Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Koreander. Karl Konrad Koreander.«
    »Du meine Güte! Drei Ks! Wer denkt sich denn so was aus!«
    »Sie heißen Thaddäus Tillmann Trutz. Das sind drei Ts.«
    Der Alte kicherte wie ein Schwachsinniger. »Wer hat Ihnen denn diesen Humbug erzählt. Ich heiße Schmusibär.«
    »Heißen Sie nicht«, widersprach Karl energisch. Er musste sich an der Sessellehne festhalten, bis sich der erste Schwindel gelegt hatte. Anscheinend war der Alte nach dem Abschuss durch Skrzat zu lange durch den Wald des Vergessens geirrt. Er benahm sich ja wie ein Narr.
    Unvermittelt erscholl aus einem Nebenzimmer ein langgezogener Ruf. »Schmusibär?«
    »Na bitte!«, versetzte der Alte und paffte, offenkundig zufrieden, ein paar Wölkchen in die Luft.
    »Schmusibär, sprichst du da mit jemandem?«, meldete sich erneut die weibliche Stimme von nebenan. Nach Karls Empfinden knarrte sie wie eine schlecht geölte Tür.
    »Ja, da ist jemand gekommen und fragt nach einem Theos Tollmann Trotz.«
    »Thaddäus Tillmann Trutz«, knurrte Karl.
    »Ist ja auch egal«, erwiderte der Alte schnippisch.
    Aus dem Durchgang trat eine alte Frau, die genauso aussah, wie Karl es erwartet hatte: hutzelig, gebeugt, nicht besonders sauber, mit rotem Kopftuch, einer warzengespickten Hakennase und einer gelben Katze auf dem Buckel: Die Hexe! Der Wald des Vergessens hat dem armen Tropf die Erinnerung geraubt, und das Weibsbild hat ihm nachher den Rest gegeben. Zum ersten Mal in seinem Leben beglückwünschte sich Karl zu seiner Scharfsinnigkeit.
    Die gelbe Katze erhob sich vom Hexenbuckel in die Luft, drehte im Kaminzimmer eine Runde und entschwand in die Küche. Alles klar , dachte Karl, mit Sicherheit ein verhexter Rabe . Irgendwie musste er Herrn Trutz aus den Klauen der Vettel befreien.
    Karl lächelte. »Guten Tag, werte Frau ... Hallúzina, wenn ich mich nicht irre.«
    »Wie haben Sie das erraten?«, erwiderte sie, durchaus nicht unfreundlich. Sie trat auf Karl zu, wischte sich die Hände an einem Küchenhandtuch ab und reichte ihm die Rechte zum Gruß.
    Karl wich einen Schritt zurück. Möglicherweise wollte sie ihn ja in eine Maus verwandeln.
    Die Dame des Hauses übersah geflissentlich sein unhöfliches Benehmen. »Und Sie wären dann ...?«, fragte sie, schob den Kopf erwartungsvoll vor und lauschte.
    »Karl Konrad Koreander.«
    »Auf der Durchreise, nehme ich an.«
    »Ich bin auf der Suche nach Herrn Trutz.«
    »Und? Haben Sie schon eine Ahnung, wo er sich aufhält?«
    »Ja, er sitzt hier neben uns im Sessel.«
    Hallúzina sah verwundert aus. Sich an den alten Narren wendend, fragte sie: »Das kann aber nicht sein, nicht wahr, mein Schmusibär?«
    »Ausgeschlossen«, erwiderte der Gefragte und paffte weiter.
    »Sie müssen ihn mit jemandem verwechseln«, versicherte die Alte.
    »Das bezweifle ich«, antwortete Karl gereizt.
    »Er sieht bestimmt nur so aus wie der, den Sie suchen, aber er ist es nicht«, beharrte Hallúzina.
    »Nicht mehr, wollen Sie wohl sagen.«
    »Hören wir da einen versteckten Vorwurf?« Die Hexe gab sich belustigt.
    »Ihr ganzes Haus ist doch ein einziger Betrug. Die Paläste, Hütten, Drecklöcher – das ist alles gar nicht wahr.«
    »Vielleicht ist nicht alles so, wie Sie es angenommen haben, junger Mann, aber ich versichere Ihnen, es hat die Erwartungen früherer Besucher voll und ganz erfüllt. Offen gestanden komme ich mit dem Putzen mittlerweile gar nicht mehr nach. Es ist recht weitläufig geworden, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Karl sah Hallúzina mit offenem Mund an. Ja, er ahnte es zumindest. Vermutlich gab es seit heute im Haus der Erwartungen eine niegelnagelneue Tentakelmonsterhöhle und einen gerade eingeweihten Moorschlund. Aber die Spiegelwabe, die hatte er wohl nicht erschaffen. Oder etwa doch?
    »Wollen Sie zum Essen bleiben oder gleich Weiterreisen?«, fragte Hallúzina

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