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Italienische Verführung

Italienische Verführung

Titel: Italienische Verführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Beispiel dafür, wie Glaube trotz Zwang und Verfolgung weiter besteht. Sicher, was schiere Pracht und die Verherrlichung des Himmels betrifft, ist nichts dem Petersdom gleichzusetzen. Doch in den Katakomben kann man den wahren Geist christlicher Demut finden, der im Vergleich dazu die neuere päpstliche Verschwendung buchstäblich verblassen lässt.“
    Schweigend hörte Diana zu und sah blicklos aus dem Kutschfenster. Die letzten zwei Nächte hatte sie kaum geschlafen. Ihr brach fast das Herz wegen Anthony, und die ängstliche Frage, wann und wie Will Carney wohl auftauchen würde, sorgte dafür, dass ihre Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. Ob sie sich wegen des Datums missverstanden hatten? Was, wenn er statt gestern heute zur Fontana di Trevi ging? Heute Nachmittag würde sie wegen dieser elenden Besichtigung der Katakomben, die den ganzen Tag dauern würde, keine Gelegenheit haben, sich davonzuschleichen.
    „Haben Sie Angst vor Geistern, Mylady?“ Auf seinem Platz ihr gegenüber zog Edward eine gespenstische Grimasse. „Man sagt, die Katakomben seien voll davon, Christen und Heiden dicht beieinander.“
    „Was für ein Unsinn, Edward“, schalt sein Onkel. „Versuche nicht, den Damen Angst einzujagen. Eine Besichtigung der Katakomben ist nicht einfach, das versichere ich Ihnen. Aber wenn man bei jedem Schatten erschreckt in die Höhe springt, wird das erbauliche Erlebnis verloren gehen.“
    „Das ist wohl wahr“, stimmte Miss Wood ihm energisch zu. „Gute Christen brauchen den Tod nicht zu fürchten.“
    Doch da war Diana sich nicht so sicher. Auch sie wusste, dass die Katakomben ein antiker, heiliger Begräbnisplatz – oder besser gesagt unterirdischer Begräbnisplatz – waren, mit unzähligen Toten, die man in einem Netzwerk tiefer, gewundener Tunnel beigesetzt hatte. Es war ihr gleichgültig, ob die Gräber Christen oder Heiden beherbergten, und sie sich immer noch nicht sicher, ob sie zwischen ihnen umherspazieren wollte.
    Ihre Zweifel wuchsen, als die Kutsche vor der Kirche San Sebastiano vorfuhr, die als Eingang zu den Katakomben diente. Die Kirche war klein, schlicht und sah heruntergekommen aus. Sie ähnelte eher den antiken Ruinen des alten Kaiserreichs als den neueren, üppiger ausgestatteten Kirchen der Innenstadt.
    „Wir haben einen Führer bestellt, den wir hier treffen sollen“, sagte Reverend Lord Patterson, während er den Damen beim Aussteigen half. „Doch ich habe keine Ahnung, wo der Bursche ist. Halt, der da muss es sein. Buongiorno, guida, eh?“
    Der alte Mann stellte den Besen beiseite, mit dem er gerade die Stufen gekehrt hatte, und kam herangeschlurft. Er sah so traurig aus wie die Kirche, in deren Dienst er stand: Sein Rücken war gebeugt, sein langer Rock staubig und zerlumpt und die Kniehosen hingen an seinen spindeldürren Beinen. Er versuchte gar nicht erst, auf Reverend Lord Pattersons italienische Sprachversuche zu antworten, sondern berührte respektvoll die Stirn und bedeutete ihnen, ihm durch die Kirche und eine Treppe tiefer in eine Krypta mit tief hängender Decke hinunter zu folgen, in der sich steinerne Sarkophage und verblasste Wandgemälde befanden.
    „Das hier ist aber nicht unser Ziel, nicht wahr?“, fragte Miss Wood sichtbar enttäuscht.
    „Kaum“, entgegnete Reverend Lord Patterson, während er mit seinem Spazierstock auf die Sarkophage deutete. „Sie enthielten einst die sterblichen Überreste der ersten Päpste. Doch die wurden längst herausgeholt und wer weiß wohin geschafft. Dieser Raum ist nur der Eingang zu dem, was sich tiefer unten befindet.“
    Der Führer stand jetzt an einer anderen Treppe und zündete sorgsam kleine Wachskerzen in Haltern aus Zinn an.
    „ Bougie“, erklärte er und überreichte jedem von ihnen eine. „Gegen die Dunkelheit.“
    Diana empfand die flackernde kleine Flamme als keine große Hilfe in der Dunkelheit.
    „Wir werden beide auf die Geister warten“, flüsterte ihr Edward zu, als er unaufgefordert ihren Arm nahm. „Und ob sie nun existieren oder nicht, ich werde Sie beschützen, Mylady.“
    „Ich hoffe, ich brauche Ihre Hilfe nicht, Mylord.“ Demonstrativ entzog Diana ihm ihren Arm, blieb jedoch dicht bei ihm, da sie sich unbehaglich fühlte. Auch wenn Edward nicht Anthonys physisches Selbstvertrauen ausstrahlte, so hielt sie ihn doch für Manns genug, jeden herumstreunenden Geist zu vertreiben.
    Die zweite Treppe war viel enger als die vorhergehende und wand sich tiefer und tiefer in die Erde. Über

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