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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gewesen und nie jemandem begegnet, der sich darum scherte, was in der Heimat um Bäume gebunden wurde. Solange jemand Soldschecks, Essen, Wasser und Munition schickte und die Ehefrauen treu blieben, waren die meisten Kerle völlig zufrieden.
    Hinter ihnen ging die Sonne allmählich unter. Helen fuhr langsam und mit vorgerecktem Kopf, um die Hausnummern zu lesen. Sie fand die gesuchte Nummer, bog in eine Einfahrt ab und parkte hinter einer kleinen Limousine. Der Wagen war neu. Reacher erkannte die Marke von seinem Marsch die vierspurige Ausfallstraße entlang: Die beste Garantie Amerikas!
    Die Arbeitskollegin war eine müde und gestresst wirkende Frau Mitte dreißig. Sie öffnete die Haustür, trat heraus und schloss sie hinter sich, um den Lärm nicht hören zu müssen, den etwa ein Dutzend wild tobender Kinder zu verursachen schienen. Sie erkannte Ann Yanni sofort.
    »Ja?«, sagte sie.
    »Wir müssen mit Ihnen über Oline Archer reden«, begann Helen Rodin.
    Die Frau sagte nichts. Sie schien hin- und hergerissen zu sein, als wüsste sie, dass es sich nicht gehörte, über Opfer einer Tragödie mit Journalisten zu reden. Aber Ann Yannis Berühmtheitsstatus beseitigte offenbar ihre Zweifel.
    »Okay«, sagte sie. »Was möchten Sie wissen? Oline war eine liebenswerte Kollegin, die uns allen im Büro schrecklich fehlt.«
    Das Wesen des Zufalls , dachte Reacher. Zufällig ermordet wurden immer nur Leute, die man nachträglich als liebenswert bezeichnete. Niemand sagte jemals: Sie war ein ganz gemeines Luder, und ich bin froh, dass sie tot ist. Der Mörder hat uns allen einen Gefallen getan. Das passierte nie.
    »Wir möchten etwas über ihren Mann erfahren«, erklärte Helen.
    »Ihren Mann habe ich nie kennengelernt«, sagte die Frau.
    »Hat Oline nie von ihm gesprochen?«
    »Ab und zu. Er heißt Ted, glaube ich.«
    »Was macht er?«
    »Er ist Geschäftsmann. Aber ich weiß nicht, in welcher Branche.«
    »Hat Oline Ihnen erzählt, dass er vermisst ist?«
    »Vermisst?«
    »Oline hat ihn vor zwei Monaten als vermisst gemeldet.«
    »Ich weiß, dass sie sehr besorgt gewirkt hat. Ich glaube, er hatte irgendwelche geschäftlichen Probleme. Schon seit ein bis zwei Jahren. Deshalb hat Oline ja wieder zu arbeiten angefangen.«
    »Sie hat nicht immer gearbeitet?«
    »Nein, Ma’am. Sie hat vor vielen Jahren mal gearbeitet und dann aufgehört. Aber sie musste es dann wieder, wegen der Umstände. Vom armen Schlucker zum Millionär – bloß eben umgekehrt.«
    »Vom Millionär zum armen Schlucker«, warf Reacher ein.
    »Ja, so war’s wohl«, sagte die Frau. »Sie war finanziell auf ihren Job angewiesen. Ich denke, das war ihr peinlich.«
    »Aber sie hat Ihnen keine Details erzählt?«, fragte Ann Yanni.
    »Sie war ziemlich verschlossen«, antwortete die Frau.
    »Das wäre wichtig.«
    »Sie hat in letzter Zeit oft geistesabwesend gewirkt. Das war sonst nicht ihre Art. Ungefähr eine Woche vor ihrem Tod ist sie mal einen ganzen Nachmittag weg gewesen. Auch das war ungewöhnlich.«
    »Wissen Sie, was sie gemacht hat?«
    »Nein, wirklich nicht.«
    »Alles, was Sie uns über Mr. Archer erzählen könnten, würde uns helfen.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Er heißt Ted. Das ist alles, was ich bestimmt weiß.«
    »Okay, danke«, sagte Helen.
    Sie machte kehrt und ging zu ihrem Wagen zurück. Yanni und Reacher folgten ihr. Die Frau starrte ihnen enttäuscht nach, als hätte sie bei einem Vorsprechen versagt.
     
    Ann Yanni sagte: »Strike eins. Aber macht euch nichts draus. So ist’s grundsätzlich. Manchmal denke ich, man sollte die erste Person auf jeder Liste streichen. Die wissen nie etwas.«
    Reacher hockte ungemütlich auf dem Rücksitz des kleinen Wagens. Eine Münze in seiner Hosentasche drückte sich in seinen Oberschenkel. Er drehte sich zur Seite und zog sie heraus. Es war ein Quarter, prägefrisch und glänzend. Er betrachtete ihn nachdenklich, dann steckte er ihn in die andere Tasche.
    »Stimmt«, sagte er. »Wir hätten sie übergehen sollen. Mein Fehler. Eine Kollegin weiß logischerweise nicht viel. Gegenüber Arbeitskollegen sind alle Leute verschwiegen. Vor allem reiche, die Unglück hatten.«
    »Die Nachbarin wird mehr wissen«, meinte Yanni.
    »Hoffentlich«, sagte Helen.
    Sie steckten im Stadtverkehr fest. Sie wollten von den östlichen Vororten in die westlichen und kamen nur äußerst langsam voran. Reacher sah erneut auf seine Uhr, dann wieder aus dem Fenster. Die Sonne vor ihnen war im Begriff unterzugehen.

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