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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gelitten.«
    »Reacher weiß alles«, sagte Rosemary.
    »Der Soldat? Der Soldat ist morgen früh tot. Tot oder auf der Flucht.«
    »Er läuft nicht weg.«
    »Dann ist er tot. Er wird heute Nacht versuchen, Sie zu befreien. Aber wir werden ihn erwarten.«
    Rosemary schwieg.
    »Schon früher wollten uns nachts Männer überfallen«, sagte der Zec. »Viele Male, an vielen Orten. Und trotzdem leben wir noch. Da, Linsky?«
    Linsky nickte erneut.
    »Wir leben noch«, sagte er.
    »Wann kommt er?«, fragte der Zec.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Rosemary.
    »Um vier Uhr morgens«, sagte Linsky. »Er ist Amerikaner. Die lernen in der Ausbildung, dass vier Uhr morgens die beste Zeit für einen Überraschungsangriff ist.«
    »Richtung?«
    »Eine Annäherung aus Norden wäre am vernünftigsten. Das Quetschwerk würde den Bereitstellungsraum tarnen, und er hätte nur zweihundert Meter freies Gelände zu überwinden. Aber ich glaube, dass er einen doppelten Bluff versuchen und bewusst nicht aus Norden kommen wird, weil das die einfachste Richtung wäre.«
    »Nicht aus Westen«, sagte der Zec.
    Linsky nickte zustimmend. »Nicht die Einfahrt herauf. Zu gerade, zu wenig Deckung. Nein, er wird aus Süden oder Osten kommen.«
    »Schick Wladimir zu Sokolow hinunter«, wies der Zec ihn an. »Sie sollen den Süden und Osten sehr aufmerksam beobachten, aber auch den Norden und Westen im Auge behalten. Alle vier Himmelsrichtungen müssen ständig überwacht werden. Dann postierst du Tschenko mit seinem Gewehr im zweiten Stock auf dem Flur. Dort kann er am jeweils richtigen Fenster in Stellung gehen. Bei Tschenko genügt ein einziger Schuss.«
    Der Zec wandte sich an Rosemary Barr.
    »Sie werden inzwischen sicher untergebracht«, sagte er. »Ihr Nachhilfeunterricht beginnt, sobald der Soldat begraben ist.«
     
    Die äußeren westlichen Vororte waren Schlafstädte für Menschen, die in der City arbeiteten, weshalb der Verkehr in dieser Richtung immer wieder stockte. Hier wirkten die Häuser viel luxuriöser als im Osten. Sie waren alle zweistöckig, alle unterschiedlich und tadellos gepflegt. Alle standen auf großen Grundstücken mit Swimmingpools und gepflegten Gärten. Im letzten Schein der Abendsonne sahen sie wie Bilder in einem Verkaufsprospekt aus.
    »Spießiger Mittelstand«, bemerkte Reacher.
    »Wonach wir alle streben«, sagte Yanni.
    »Sie werden nicht reden wollen«, meinte Reacher. »Nicht ihre Art.«
    »Sie reden«, widersprach Yanni. »Mit mir redet jeder.«
    Sie fuhren langsam am Haus der Archers vorbei. Unter dem Briefkasten hing an zwei dünnen Ketten ein Messingnamensschild: Ted und Oline Archer. Das Haus am Rand der weiten Rasenfläche machte einen unbewohnten, dunklen und stillen Eindruck. Es war ein großer Bau im Tudorstil. Mattbraune Dachbalken, cremeweißer Verputz. Dreiergarage. Keiner zu Hause , dachte Reacher.
    Die Nachbarin, zu der sie wollten, wohnte schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite. Ihr Haus war ungefähr so groß wie das der Archers, aber in einem Stil erbaut, der vermutlich italienisch sein sollte. Steinornamente, kleine von Zinnen gekrönte Türme, dunkelgrüne Markisen an den Südfenstern. Die Abenddämmerung ging in Dunkelheit über, und hinter zahlreichen Fenstern flammten Lichter auf. Die ganze Straße wirkte heimelig, ruhig und mit sich selbst zufrieden. Reacher sagte: »Sie schlafen sicher in ihren Betten, denn raue Männer stehen in der Nacht bereit, um Gewalt gegen jene zu üben, die ihnen würden schaden wollen.«
    »Sie kennen George Orwell?«, fragte Yanni.
    »Ich war im College«, erklärte Reacher. »West Point gilt als College.«
    Yanni sagte: »Die existierende Gesellschaftsordnung ist ein Schwindel, und ihre hehren Überzeugungen sind größtenteils Illusionen.«
    »Für einen denkenden Menschen ist es nicht möglich, in einer Gesellschaft wie der unseren zu leben, ohne sie ändern zu wollen«, meinte Reacher.
    »Das sind bestimmt nette Leute«, sagte Helen.
    »Aber werden sie mit uns reden?«
    »Das werden sie«, sagte Yanni. »Jeder redet.«
    Helen bog in eine lange Einfahrt ab und hielt etwa fünf Meter hinter einem importierten Geländewagen mit protzigen Chromfelgen. Die Haustür bestand aus grau verwittertem Eichenholz, das mit Eisenbändern beschlagen war, deren Nägelköpfe groß wie Golfbälle waren. Man hatte das Gefühl, durch diese Tür geradewegs in die Renaissance treten zu können.
    »Besitz ist Diebstahl«, sagte Reacher.
    »Proudhon«, sagte Yanni.

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