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Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Jahrestage 2: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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Stirnverband »auf den Feind« stierend. Der stiere ja in die Kamera. Und statt die Sekunden abzuwarten, bis der Mann tot umfalle, hätte John Stewart wohl mit etwas anderem schießen dürfen als mit der Kamera.
    – Wenn schon, denn schon: sagt der andere. Der muß eine ungeheure Begabung besitzen, ein Gespräch so in Gang zu halten, ohne daß er etwas sagt. Es hört sich an, als habe er zugestimmt; das könnte er bequem abstreiten.
    – Und überhaupt isses ja eine Fälschung: sagt Sam. Er zieht sich das Magazin unter dem Arm des anderen halb hervor, betrachtet die Bilder, legt sie weg. Er sieht trübe und gutherzig auf seinen glatzköpfigen Freund, die grauen Falten in seiner gedrückten Stirn sind noch enger bei einander, und Sam sagt: Die Farben stimmen nicht. Schon mal eine Farbfotografie gesehen mit Farben wie in der Natur?
    – Nè: sagt der andere. - Nun hat ja jeder seine Ansicht von Natur: sagt er.
    – Stimmt.
    – Wahr mag es ja sein.
    – Aber eben bloß ein auffälliger Moment von Wahrheit.
    – Und eine auffällige Wahrheit ist nicht nur eine Ware -
    – sondern eine heiße Ware: sagt Sam, offenbar befriedigt, daß ihnen wieder einmal ein Ping gegen Pong geglückt ist. Dann sieht er Mrs. Cresspahl, die sich ihren Nachmittagstee holen will, und beginnt auf eine zärtliche Weise zu schimpfen. Der einsame Gast knöpft sein abgeschabtes Leder um sich zusammen und wendet sich nicht um, als er vom Hocker rutscht und zur Straße davonzieht.
    – Attjé, Sam: sagt der.
    – Take care: ruft Sam ihm nach; und nun geht es los: Daß du mir das nicht noch mal machst, du Huhn! Stehst hier rum und wartest, bis wir uns ausgemehrt haben! Wenn ich dich nicht sehe, knallst du mir eine! Das ist Vorschrift! As of now! Tee, mit Zitrone. Zwanzig! Danke dir, Gesine. Heut war wieder ein Tag.
    – Diese Freitage.
    – Ja, Gesine. Und du gehst jetzt in deine Zelle, setzt dich bequem hin und tust gar nichts mehr. Du hast auch genug für heute.
    – Schlaf dich aus am Wochenende, Sam.
    – Du dich auch.
     
    – Halloh.
    – Williams, Foreign Sales.
    – Ich dachte Cresspahl.
    – Einen Augenblick, ich verbinde.
    – Halloh.
    – Ja.
    – Hier ist Eileen.
    – Eileen?
    – Siehste, jetzt kaufst du deine verdammten Zigaretten bei mir im zweiten Jahr, und weißt nicht meinen Vornamen. Mrs. O’Brady.
    – Ich wollte nicht zudringlich sein, Eileen.
    – Das ist ganz in Ordnung, Dschi-sain. Du, ich hab noch einen neuen Stapel Zeit rantelefonieren können. Soll ich dir eine Nummer beiseitelegen?
    – Nein, Eileen; danke dir. Du! Eileen! Doch.

10. Februar, 1968 Sonnabend Tag der South Ferry
    Eugene J. McCarthy, Senator der Demokraten von Minnesota, der gegen den amtierenden Präsidenten kandidieren will, wurde vom Weißen Haus und vom Pentagon gerügt, weil er behauptet habe, es seien taktische Atomwaffen für den Einsatz in Viet Nam angefordert worden.
    Mr. McCarthy will das nicht gesagt haben, höchstens: es würde ihn nicht wundern, wenn einige Generale nach Kernwaffen für Viet Nam verlangten. Nach dem Tonband seiner bostoner Fernsehinterviews hat er gesagt: Na ja, ich habe eine Forderung nach dem Einsatz taktischer Kernwaffen von irgend jemand erwartet. (Pause.) Es ist eine Tatsache, es hat bereits einige Forderungen nach ihrem Einsatz gegeben.
    Der Pressesprecher des Weißen Hauses, George Christian, wurde gefragt, ob der Generalstab den Präsidenten um Genehmigung für den Einsatz von Kernwaffen gebeten habe für den Fall, daß er nötig würde.
    Mr. Christian sagte, daß Mr. Johnson keine solche Entscheidung erwogen habe.
    J. W. Fulbright, Senator der Demokraten von Arkansas, hat den Außenminister gefragt, ob ein Bericht zutreffe, wonach am letzten Wochenende ein Spezialist für Kernwaffen nach Süd-Viet Nam gereist sei.
    Ein Sprecher antwortete, der Bericht entbehre jeglicher Grundlage.
    Die St. Louis Post-Dispatch sprach von Berichten, wonach die Vereinigten Staaten in Süd-Viet Nam taktische Waffen auf Lager gelegt hätten für den Fall, daß die Kommunisten die Alliierten Streitkräfte bei Khesanh zu überrennen drohten.
    Hohe Militärs nannten eine Lagerung nuklearer Waffen in einem so unsicheren Gebiet wie Viet Nam lächerlich und äußerst töricht. Wenn die U. S. A. solche Waffen einsetzen wollten, könnten sie mit geringer Verzögerung herbeigeschafft werden.
    Am 26. Oktober 1938, einem Mittwoch, übernahm die Luftwaffe Jerichow Nord.
    Diesmal hatte das Musikhaus Johs. Schmidt nicht um Ersatz der Kosten

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