Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
nichts davon, denn ich wollte, dass Oberheim ungestört seine Erinnerungen ausgraben konnte. Ich fragte ihn, wie die Gruppe geheißen hatte, in der Peter und Margo lebten.
»Sie lebten in einer Gemeinschaft, die sich Swine Club nannte. Eine ganze Reihe hübscher Leute. Sie lebten in einem uralten Haus ganz in der Nähe von Ashbury und gaben Konzerte unter freiem Himmel im Park. Sie kochten Gemüse und Reis in Riesenmengen und verteilten es unter die Leute, niemand musste bezahlen. Das waren Massenpartys, Be-ins. Nirvana spielte dort und Big Brother und Quicksilver und The Dead. Ein einziges Rockfestival, Tag um Tag, Nacht für Nacht. Es war überhaupt jeder dort. Sogar die Angles nahmen daran teil. Die Leute sprangen auf, rissen sich die Kleider herunter und tanzten. Die kleine Margo war die Wildeste von allen. Sie hatte einen Körper wie eine Schlange, wissen Sie.«
Er nahm einen tiefen Zug, und ein Viertel seines Joints glühte. Als er schließlich ausatmete, sah man keinerlei Rauch, sondern hörte nur ein trockenes Husten. Er leckte seinen Schnurrbart und lächelte.
»Was für ein Junge war Peter?«, fragte ich.
»Unwahrscheinlich schön. Wir nannten ihn Peter the Cad {4} . Er war ein irrer Typ, eine Art Errol Flynn, ein verdammt fescher Musketier. Dunkel, wild und wunderbar gefährlich. Er war zu allem bereit, scheute keinerlei Risiko.«
»Von welchen Risiken sprechen Sie?«
»Er probierte sein Gleichgewichtsorgan aus. Er stand auf einer Klippe, hielt ein Bein über den Abgrund und schwankte. Er wollte wissen, wie weit er es treiben konnte. Er war eine Art Bewusstseinspionier wie Dr. Tim Leary.«
Er dachte einen Moment nach und nahm einen Zug.
»Machte Margo auch solche Spielchen?«
Er lächelte selig.
»Margo war sanft, wunderschön. Sie teilte alles mit anderen. Sie konnte die ganze Nacht zu einer Trommel und einem Tamburin Boogie tanzen. Wie eine Zigeunerin, ganz geheimnisvoll.«
Oberheim rauchte noch zwei weitere Joints, bevor die Droge Wirkung zeigte. Er redete nun ununterbrochen, aber er assoziierte frei, sprach unzusammenhängend und wirr. Er erzählte von Konzerten, die vor zwanzig Jahren stattgefunden hatten; er betonte, wie wenig gutes Dope es gäbe, da die »Bewusstseinspolizei«, wie er sie nannte, die Felder mit Gift besprüht hätte. Dann sagte er, er wolle die Leute von Big Blue Nirvana wieder zusammenholen, um noch mal gemeinsam aufzutreten.
»Nur Dawg, den lassen wir draußen. Er arbeitet als korrupter Anwalt bei MGM. Da halte ich mich lieber raus.«
Mit alldem konnte ich nicht das Geringste anfangen.
Ich saß da und versuchte, einzelne Informationsfetzen über Peter und Margo zusammenzutragen, aber er wiederholte immer wieder, wie schön sie gewesen seien, dann verfiel er in seine schwärmerischen Reden über die guten alten Zeiten, denen er Schimpftiraden über die Herzlosigkeit der heutigen Musikszene folgen ließ.
»Hundert Dollar bezahlen die Leute, um Duran Duran zu sehen; in unserer beschissenen Gesellschaft fressen ehrliche Bluesspieler aus Mülleimern.«
Als der dritte Joint erloschen war, öffnete Oberheim den Mund und schluckte den Stummel herunter.
»Rolly, hat Peter je Besuch von seinem Vater bekommen?«
»Nein.«
»Und was ist mit Margos Schwangerschaft? Erinnern Sie sich daran?«
»Ich weiß nur noch, dass es ihr schlecht ging. Sie versuchte zu tanzen, aber nach ein paar Sekunden wurde sie grün im Gesicht und schwankte.«
»Wie dachten sie und Peter über die Schwangerschaft?«
»Dachten?«, murmelte er, dann ließ er den Kopf sinken.
»Ich meine, was hielten sie davon, waren sie glücklich?«
»Klar.« Seine Wimpern zuckten. »Es war eine glückliche Zeit, abgesehen vom Krieg und davon, dass LBJ alle Leute dorthin schicken wollte, war es immer ungeheuer lustig.«
Ich versuchte es aufs Neue.
»Sie sagten, dass die Angles bei den Konzerten des Swine Club dabei waren.«
»Ja, das waren irre Typen. Das war, bevor Jagger diesen Scheiß in Altamont aufzog.«
»Hatten Peter und Margo etwas mit den Angles oder anderen Rockgruppen zu tun?«
Er gähnte und schüttelte den Kopf. »Es gab keine besonderen Freundschaften. Alle waren gleich.«
»Hatten sie etwas mit Rockern zu tun?«
Er antwortete mit einem Seufzen.
»Rolly, Sie sagten, Peter wäre ein Mensch voller Lebenslust gewesen.«
»Er lebte, um zu leben.«
»Gut, aber ein paar Jahre später hat er Selbstmord begangen. Wie konnte das passieren?«
Plötzlich wurde er wach. Er öffnete die Augen und
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