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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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ein Kleid mit dem tränken könnte, was Ihr habt, wäre ich kein Schneider. Ich wäre ein Gott. Von all meinen Kundinnen werdet Ihr mir immer die liebste sein, Gwinvere.«
    Sie lächelte, seltsam gerührt. Bei Meister Piccun erwartete man stets Lüsternheit, aber man erwartete nie, dass er sich etwas dabei dachte. Jetzt meinte er jedes Wort ehrlich, das er sagte. »Ich danke Euch, Aemil. Ihr wärmt mir das Herz.«
    Er grinste. »Ich nehme nicht an, dass ich auch irgendwelche anderen Teile von Euch gewärmt habe, hmm?«
    Sie lachte. »Die Versuchung ist groß, aber es gibt so viele Frauen, die einen Nachlass für ihre Kleider zur Krönung benötigen
werden. Sie wären so enttäuscht, wenn ich Euch erschöpfen würde.«
    »Es ist grausam, einen Mann zu ruinieren, indem Ihr ihm zeigt, was eine Künstlerin des Schlafgemachs zu tun vermag, und ihm dann vierzehn Jahre hintereinander Euer Talent zu verweigern.«
    »Vierzehn?«, fragte sie.
    »Vierzehn lange, lange Jahre.«
    »Hmmm«, schnurrte sie und entspannte sich beinahe unmerklich. »Es ist lange her.«
    Er trat dicht vor sie.
    Momma K schlüpfte davon, öffnete die Tür und winkte der eilfertigen Edelfrau zu, die im Vorderzimmer wartete. »Vorsicht, Schätzchen, ich denke, er wird mit dem Preisnachlass anfangen wollen.«
    Die Edelfrau schnappte nach Luft. Meister Piccun hüstelte. »Grausam, Gwinvere. Grausam.«

41
    Jenine hatte ihre Tage damit verbracht zu versuchen, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Garoth Ursuuls Ehefrauen und Konkubinen sterben sollten. Dorian wartete auf sie in den Hallen aus schwarzem Fels, die sie normalerweise mit ihrer Gegenwart erhellte. Aber heute und während der Tage, nachdem er ihr die Frage vorgelegt hatte, war diese sonnige Gegenwart umwölkt.
    »Meine Liebste«, sagte er sanft, »wir müssen uns heute entscheiden.«
    »Ein Teil von mir hasst dich, weil du mich zu dieser Entscheidung
zwingst, aber das heißt es eben, Königin zu sein, nicht wahr? Ihr seid weise, mein Herr. Wenn Ihr für mich entscheiden würdet, würde ich an Euch zweifeln, so oder so.«
    Er atmete ein. Als sie gesagt hatte: »Ein Teil von mir hasst Euch«, hatte sein Herz zu schlagen aufgehört. Seit Jahrhunderten war jeder Gottkönig mit seinen Frauen und Konkubinen eingeäschert worden, bis auf einige wenige Konkubinen, die der nächste Gottkönig für sich selbst wünschte. Wenn Dorian sein Versprechen Jenine gegenüber halten würde, wäre jede Frau in den Harems verpflichtet, sich auf Garoth Ursuuls Scheiterhaufen zu werfen - oder sie würde geworfen werden -, und das Ganze nur für den zweifelhaften Lohn, die Ewigkeit als seine Sklavinnen verbringen zu können. Die Alternative war, sie alle für sich zu fordern, was die Khalidori als selbstsüchtig und ehrlos gegenüber dem Toten ansehen würden. Aber von einem Gottkönig erwartete man keine Selbstlosigkeit.
    Es gab natürlich eine dritte Alternative. Dorian könnte die Praxis, die Lebenden auf Scheiterhaufen zu werfen, schlichtweg verbieten. In wenigen Jahren beabsichtigte er, genau das zu tun. Aber er stand bereits im Ruf, ein weichherziger Südländer zu sein. Die Vürdmeister waren Haifische, und Barmherzigkeit würde zu einem Dutzend Verschwörungen gegen sein Leben führen. Was hätte Solon ihm geraten? Dorian schob die Frage beiseite. Solon hätte ihm geraten, aus Khalidor zu verschwinden, und zwar so schnell wie möglich.
    »In mancher Hinsicht«, sagte er, »ergibt es Sinn, sie sterben zu lassen, wenn wir der Ehe in unseren Ländern zu einer neuen Bedeutung verhelfen wollen. Dann hätten wir reinen Tisch gemacht und könnten unbelastet etwas Neues anfangen.«
    »Also werfen wir das Leben von sechsundachtzig Frauen weg, um zu beweisen, dass Frauen Wert haben?«

    Dorian schwieg. Er hielt ihr die Hand hin, und sie ergriff sie. Sie machten sich auf den Weg zu seinen Gemächern. »Ich weiß nicht, wie ich die Grausamkeit aus der Entscheidung herausnehmen soll.«
    »Ich weiß nicht, ob es funktionieren wird, mein Herr.« Jenine nannte ihn immer mein Herr. Sie konnte ihn natürlich nicht Dorian nennen. »Euer Majestät« war zu distanziert. »Euer Heiligkeit« kam nicht infrage, und sie wusste, was Wahnhoff bedeutete: Sie weigerte sich, ihren Bräutigam »Verzweiflung« zu nennen. »Irgendetwas stimmt nicht mit diesen Mädchen. Wusstet Ihr, dass man sie im Alter von neun Jahren aus ihren Familien fortholt? Sie werden dazu ausgebildet, genau das und nur das zu sein, was der Gottkönig will. Die

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