Jenseits Der Schatten
schnaubte. Er griff sich an den Gürtel, wo er früher stets einen kleinen Beutel mit Knoblauchzehen gehabt hatte. Er bemerkte seinen Irrtum und knirschte mit den Zähnen. »Es
könnte Hunderte von Jahre dauern. Es könnte zwanzig dauern. Es war ein großer Fehler, ihm Curoch zu geben.«
Danke. »Können wir gewinnen?«
»Wir? Ich bin jetzt sterblich, Junge. Bestenfalls bleiben mir dreißig, vierzig Jahre. Ich habe kein besonderes Interesse daran, mich mit dem Wolf einzulassen. Kannst du gewinnen? Es ist möglich. Er kann nicht ewig leben. Seine Magie ist nur eine Imitation der unseren. Der deinen.«
»Er hat einen schwarzen Ka’kari geschaffen - warum schafft er nicht einen weiteren für sich selbst?«, wollte Kylar wissen.
»Ihn geschaffen? Nein. Ezra hat ihn gefunden. Er hat ihn studiert, um die anderen zu machen, aber sie waren alle minderwertige Kopien.«
»Der Wolf hat mir erzählt -«
»Lass mich raten, etwas des Sinnes, dass sie mit ›begrenzter Intelligenz‹ gefertigt wurden? Der schwarze Ka’kari war zur Zeit meiner Geburt bereits uralt, Kylar. Ich habe dir das nicht erzählt, damit es dir nicht eine Scheißangst einjagt. Du teilst deinen Kopf mit einem Wesen, neben dessen Macht die deine winzig wirkt.«
~Ich würde nicht sagen, dass meine Macht deine direkt winzig erscheinen lässt.~
»Grüß den Wichser von mir«, sagte Durzo.
~Ich habe dich mehr geliebt, als du dich selbst liebtest, Acaelus.~
»Ich muss jedoch sagen, wenn er dir befiehlt, dich zu bewegen, dann tu es«, bemerkte Durzo.
Klar. Danke. Als der Ka’kari das erste Mal mit Kylar gesprochen hatte, hatte er ihm befohlen, sich zu ducken. Er hatte es nicht getan - und hatte einen Moment später einen Pfeil in der Brust stecken gehabt. »Wartet«, sagte Kylar. »Ihr habt meine Frage bezüglich eines möglichen Sterbens durch Curoch nicht beantwortet, bevor der Ka’kari jemanden an meiner Stelle tötet.«
»Tu es nicht«, erwiderte Durzo. »Es ist nicht der Ka’kari, der irgendjemanden tötet. Es sind wir. Du bist zwanzig Jahre alt, und du bist fünf, sechs Mal gestorben? Das ist nicht die Schuld des Ka’kari.«
»Schön, es ist meine Schuld. Curoch?«
Ein Ausdruck des Ärgers glitt über Durzos Züge. »Wenn du durch Curoch stirbst, bleibt die Person, die du liebst, vielleicht am Leben. Genauso gut ist es möglich, dass es alle töten wird, die du liebst. Es ist eine wilde Magie. Curoch bedeutet ›der Entzweier‹. Er ist nicht für sanfte Dinge geschaffen worden. Es ist ein schlechtes Glücksspiel, Junge.«
Kylar stieß den Atem aus. »Das ist ziemlich viel, um alles auf einmal zu begreifen.«
»Dann begreife, während wir reiten. Wir verschwenden gutes Tageslicht.«
Sie ritten bis zum Einbruch der Dunkelheit und aßen zusammen, wobei sie nur über Belanglosigkeiten sprachen. Kylar erzählte Durzo alles, was sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatte. Durzo lachte, manchmal an den falschen Stellen, als lache er über Parallelen zu seinen eigenen Erinnerungen, aber er lachte häufiger, als Kylar sich erinnern konnte, ihn je zuvor lachen gehört zu haben.
Dann begann Durzo Geschichten zu erzählen. Kylar stellte zu seiner Überraschung fest, dass er ein hervorragender Erzähler war. »In einem Leben war ich ein Barde«, sagte Durzo. »Ich habe es mir angewöhnt, mein Gedächtnis zu trainieren. Ich war nicht besonders gut darin.«
Einige der Geschichten, die er erzählte, kannte Kylar aus Liedern anderer Barden, obwohl die Einzelheiten sehr unterschiedlich waren. Er berichtete von einem jungen Mann namens Alexan dem Gesegneten, der während seines ersten Feldzugs im Gebirge
an Durchfall litt; er ließ seine Panzerhosen fallen, um sich in die Büsche zu hocken, und geriet dann in einen Hinterhalt. Seine Beschreibungen von Alexan, wie er einhändig mit dem Schwert kämpfte und versuchte, mit der anderen Hand seine Rüstung hochzuziehen, entlockten Kylar wahre Lachsalven. Dann kullerte Alexan den Berg hinunter und fiel hundert Schritt in die Tiefe. Sie fanden ihn ohne einen Kratzer wieder - und ohne seine Hose, die sich drei Meter über dem Grund der Schlucht verfangen, seinen Sturz gebremst und ihm das Leben gerettet hatte. »Die Tomii benutzten Scheiß als Verstärkungswort. So wie wir sagen, jemand habe verdammt Schwein gehabt, sagen sie, er habe ein Scheißschwein gehabt. Deshalb nannten sie ihn ›Alexan mit dem Scheißschwein‹. Später machte dann irgendein Sittenwächter ›Alexan der Gesegnete‹ daraus. Er
Weitere Kostenlose Bücher