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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Absicht!«
    »Nein... ich meine wirklich weh. Hör auf.«
    »Bist du nicht derjenige, der den Tod liebt, mein Sohn?«
    Tommy-Ray konnte spüren, wie die Beine unter ihm nachga-ben. Er tropfte aus Schwanz, Nase und Augen.
    »Ich glaube, du bist nicht halb soviel wert wie deine Auf-schneidereien«, sagte der Jaff zu ihm. »Nicht halb soviel.«
    »Tut mir leid... tu mir nicht mehr weh, bitte...«
    »Ich glaube nicht, daß andere Männer ständig hinter ihren Schwestern herschnüffeln. Sie finden andere Frauen. Und sie sprechen nicht vom Tod, als wäre er eine Kleinigkeit, und fangen dann an zu winseln, sobald es ein wenig weh tut.«
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    »O. K.! O. K.! Ich habe verstanden. Würdest du jetzt aufhö-
    ren, ja? Aufhören!«
    Der Jaff ließ ihn los. Er fiel zu Boden.
    »Es war für uns beide eine schlimme Nacht«, sagte sein Vater. »Uns wurde beiden etwas genommen... dir deine Schwester... mir die Befriedigung, Fletcher zu vernichten. Aber es liegen herrliche Zeiten vor uns. Glaub mir.«
    Er streckte die Hand aus, um Tommy-Ray aufzuheben. Der Junge zuckte zusammen, als er die Finger auf seiner Schulter sah. Aber diesesmal war der Kontakt gütig, sogar lindernd.
    »Du mußt einen Ort für mich besuchen«, sagte der Jaff. »Er heißt Misión de Santa Catrina...«
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    II

    Howie merkte erst, als Fletcher aus seinem Leben
    verschwunden war, wie viele unbeantwortete Fragen er hatte; Probleme, bei deren Lösung ihm nur sein Vater hätte helfen können. In der Nacht plagten sie ihn nicht. Er schlief zu fest.
    Erst am nächsten Morgen bedauerte er seine Weigerung, sich von Fletcher unterrichten zu lassen. Ihm und Jo-Beth stand nur eine Methode zur Verfügung, nämlich sich die Geschichte, in der sie offenbar so eine entscheidende Rolle spielten, aus Hinweisen und der Aussage von Jo-Beths Mutter
    zusammenzureimen.
    Die Geschehnisse der vergangenen Nacht hatten eine Veränderung in Joyce McGuire bewirkt. Nachdem sie jahrelang versucht hatte, das Böse, das in ihr Haus eingedrungen war, fernzuhalten, hatte ihr letztliches Unvermögen, genau das zu tun, sie in gewisser Weise befreit. Das Schlimmste war geschehen; was gab es noch zu fürchten? Sie hatte gesehen, wie vor ihren Augen ihre persönliche Hölle geschaffen worden war, und sie hatte überlebt. Gottes Agent - in Gestalt des Pastors - hatte sich als wertlos erwiesen. Howie hatte sich auf die Suche nach ihrer Tochter gemacht und sie schließlich -
    beide blutig und zerlumpt - nach Hause gebracht. Sie hatte ihn im Haus willkommen geheißen, sogar darauf bestanden, daß er die Nacht hier verbrachte. Am nächsten Morgen machte sie sich mit der Einstellung einer Frau im Haus zu schaffen, der man gesagt hat, daß ein Tumor in ihrem Körper gutartig ist und sie noch ein paar Jahre zu leben hat.
    Als sie sich am Nachmittag alle drei zusammensetzten, um zu reden, erforderte es etwas Zeit, sie zum Sprechen zu bewegen, aber sie redete sich ihre Vergangenheit schließlich doch von der Seele, eine Geschichte nach der anderen.
    Manchmal weinte sie beim Reden, besonders als sie von Arleen, Carolyn und Trudi erzählte, aber je tragischer die 355
    Ereignisse wurden, die sie erzählte, desto unbeteiligter schilderte sie sie. Manchmal fügte sie Einzelheiten hinzu, die ihr erst später eingefallen waren, oder lobte jemanden, der ihr geholfen hatte, die schweren Jahre zu überstehen, als sie Jo-Beth und Tommy-Ray alleine großzog und wußte, daß man hinter ihrem Rücken von ihr als Nutte, die überlebt hatte, redete.
    »Ich habe oft daran gedacht, den Grove zu verlassen«, sagte sie. »Wie Trudi.«
    »Ich glaube nicht, daß ihr dadurch etwas erspart geblieben ist«, sagte Howie. »Sie war immer unglücklich.«
    »Ich habe sie anders in Erinnerung. Ständig in irgend jemand verliebt...«
    »Wissen Sie... in wen sie verliebt war, bevor sie mich bekommen hat?«
    »Soll das heißen, ob ich weiß, wer dein Vater ist?«
    »Ja.«
    »Da habe ich eine gute Vermutung. Dein zweiter Vorname war sein erster. Ralph Contreras. Er war Gärtner der Lutherani-schen Kirche. Er hat uns beobachtet, wenn wir von der Schule nach Hause kamen. Jeden Tag. Weißt du, deine Mutter war sehr hübsch. Nicht wie ein Filmstar, so wie Arleen, aber mit dunklen Augen - du hast ihre Augen -, die immer feucht glänzten. Ich glaube, Ralph hat sie immer geliebt. Er redete freilich nicht viel. Er stotterte schrecklich.«
    Darüber mußte Howie lächeln.
    »Dann war er es. Das habe ich geerbt.«
    »Ich höre nichts.«
    »Ich weiß,

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