Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
er vollkommen genesen ist.“
„Vielleicht wird er nie genesen“, erwiderte Charly. „Doch das wusste ich, ehe ich ihn geheiratet habe. Er hat versucht, mich fortzuschicken, doch ich habe mich geweigert, ihn zu verlassen. In guten und in schlechten Tagen …“ Wieder blieb ihr die Stimme weg. Sie hörte, wie Sophie aufstand und hinter sie trat. Hände griffen nach ihren Schultern. Sie fuhr fort.
„Deshalb bat ich Arpad fortzubleiben, obgleich ich ihm mein Wort verpfändet hatte, dass er immer willkommen sein würde. Ich habe mein Wort gebrochen, weil …“
„… weil du Asko zusätzlichen Schmerz ersparen wolltest. Ich verstehe“, sagte Frau Treynstern noch einmal, und Charly wusste, dass sie alles begriffen hatte. „Du lieber Himmel. Nun, Arpad hat einen ausgezeichneten Instinkt, was Menschen angeht, und er will dir sicher nicht wehtun. Wenn das bedeutet, dass er dir fernbleiben muss, wird er das vermutlich tun.“
Eine Hand fuhr tröstend über Charlys Haar, und sie schluckte heftig, um die Fassung wiederzuerringen. Sie machte sich aus der Umarmung los.
„Tut mir leid, dass ich dein Frühstück unterbrochen habe, Sophie. Bitte nimm doch wieder Platz. Meine Sorgen sind wirklich nicht von Relevanz. Bitte denke nicht, dass mein Mann mich nicht schätzt oder respektiert. Das tut er. Wirklich. Ich kann mich gar nicht beklagen. Er ist ein guter Ehemann und so tapfer. Er hat immer Schmerzen und jammert nie. Er macht einfach weiter, stur und entschlossen, weil ich gesagt habe, dass er das muss, und weil er immer …“
„… seine Pflicht tut. Ich begreife schon, armes Kind.“ Sophie setzte sich wieder an ihr Frühstück. „Dir wäre es lieber, er würde bisweilen jammern, damit du ihn wenigstens trösten könntest.“
Charly nickte.
„Daher hast du Angst, dass Arpad merkt, dass du unglücklich bist und in seiner selbstgefälligen Fey-Überheblichkeit glaubt, dass er dich auf die eine oder andere Art glücklich machen kann.“
„Ich bin nicht unglücklich. Ich habe den Mann geheiratet, den ich liebe. Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich habe ihm nicht gestattet, mich fortzuschicken, weil ich ihn liebe. Ich weiß, dass er auch mich …“
„… schätzt und am ausgestreckten Arm verhungern lässt.“
Sophie konnte mitunter sehr deutlich werden. Vielleicht waren der Grund dafür die Jahre, die sie mit einem übernatürlichen Wesen verbracht hatte, das letztlich den Konventionen und Anstandsregeln der Menschengesellschaft nur mildes Amüsement entgegenbrachte.
„Viele Frauen haben in diesem vermaledeiten Krieg viel mehr verloren als ich. Ich darf mich gar nicht beschweren. Ich habe einen Mann und ein Heim. Seine … unsere Projekte gehen gut voran. Überhaupt hatte ich doch dich trösten wollen, und nun belaste ich dich mit meinen seichten Sorgen. Wir wollen nicht mehr darüber sprechen.“
Graue Augen suchten ihren Blick.
„Wie du willst. Sei aber gewiss, dass ich da bin, wenn du jemanden zum Zuhören brauchst. Ich bin eine gute Zuhörerin.“
Charly lächelte.
„Ich weiß. Danke. Du bist eine gute Freundin. Möchtest du noch etwas Kaffee?“
„Nein danke. Ich bin schon nervös genug.“
„Wirst du heute Thorolf wieder aufsuchen?“
„Heute hat er keine Zeit für mich. Er ist an der Akademie und abends bei Professor Lybratte eingeladen. Ich sollte mich wohl darüber freuen, dass er in so kurzer Zeit so weit gekommen ist. Er hilft sogar bei der Organisation der großen Ausstellung, die für nächstes Jahr geplant ist. So viel Entschlusskraft und Fleiß. Beim Jurastudium hat er sich weit weniger engagiert. Da galt sein Hauptaugenmerk allem, was jung und hübsch ist und Röcke trägt. Wenn du mir meine Offenheit verzeihst.“
Charly lächelte.
„Weißt du, meine weise Freundin, ich kann mir einen Sohn Arpads ausnehmend gut als skandalösen Künstler vorstellen. Dahingegen kann ich mir den Sprössling unseres gemeinsamen Freundes so gar nicht als trockenen Juristen oder Beamten denken.“
Sophie lächelte besorgt.
„Er wäre in einer Anwaltskanzlei viel sicherer.“
„Er ist zu jung, um sich Sicherheit zu wünschen.“
„Er ist nicht jünger als du. Ich glaube sogar, er ist ein wenig älter.“
Charly wurde klar, dass sie sich in der letzten Zeit ganz entsetzlich alt fühlte. Steinalt, hässlich und nutzlos. Sie rang sich ein Lächeln ab.
„Wenn er heute Abend bei Lybratte ist, wird er Asko begegnen. Ich werde meinen Mann bitten, dass er ihm eine Einladung überbringt.
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