Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
Vom Netzwerk:
Gedanken haben.
    Oh ja, wie recht sie damit hatte.
    Aber das Lächeln galt nicht mir – natürlich nicht – und auch keinem anderen weiblichen Wesen, sondern einem Jungen, den ich als den ausmachte, der gestern mit einer ziemlich angesäuerten Wölfin auf den Fersen fluchtartig Gemeinschaftsraum verlassen hatte. Der Flechtzopf, der ihm bis auf dem Rücken reichte, war heute mit Perlen und blauen Lederbändern durchzogen.
    Er fuchtelte wild mit den Händen herum, benutzte viel Körpergestik, um etwas zu erklären – musste eine Mordsgeschichte sein, so wie er sich gebar –, und das Lächeln in Veiths Gesicht wurde immer breiter. Damit sah er gut aus, noch besser, als er es sowieso schon tat, und ich fragte mich unwillkürlich, ob ich es auch schaffen würde, ihm so ein freies Lächeln zu entlocken.
    Als hätte er meinen Blick gespürt, wandte er mir den Kopf zu, und diese völlig emotionslose Maske dabei sagte mir alles. Nein, er würde nicht lächeln. Nicht wegen mir, und schon gar nicht für mich. Schon allein dafür, dass ich diesen Gedanken gehabt hatte, wollte ich mich am liebsten selber ohrfeigen.
    Wie vorhin taten wir nichts weiter als uns anzustarren. Ich würde nicht wegsehen, würde keine Schwäche zeigen. Er hatte ein Problem mit mir, nicht umgekehrt, und wenn er glaubte ich würde klein beigeben – und wenn es dabei nur um etwas so profanes wie einen Blick ging – dann hatte er sich geschnitten. Ich blieb eisern. Entweder er würde herkommen, und mich wieder dumm anquatschen, oder wegsehen. Die Entscheidung lag bei ihm.
    Doch es geschah nichts dergleichen. Als der Zopfbubi bemerkte, dass ihm Veiths Aufmerksamkeit flöten gegangen war, sah auch er in meine Richtung, um den Grund dafür rauszubekommen. Er bemerkte mich, und sein Gesicht hellte sich neugierig auf, doch als er einen Schritt auf mich zu machen wollte, schoss Veiths Hand hervor, und hielt den Jüngeren am Arm fest. Er sagte etwas zu ihm, was ich wegen des Lärms und der Entfernung nicht verstehen konnte, aber das Gesicht des Kleinen sprach Bände: Es passte ihm nicht. Ich sah nur, wie er etwas erwiderte, woraufhin Veith nur den Kopf schüttelte, einmal hin und wieder zurück. Der Zopfbubi strafte die Schultern, machte sich von Veith frei, und ging dann mit einem letzten, kurzen Blick auf mich beeidigt davon.
    Ganz langsam wandte Veith sich wieder mir zu, und ich verstand ganz genau, was er gerade getan hatte. Der Kleine hatte zu mir gewollt, warum auch immer, und Veith hatte es verhindert. Das war wirklich eine miese Nummer von ihm gewesen. Wenn er ein Problem mit mir hatte, okay. Ich verstand zwar nicht warum, aber das war sein Bier. Doch das er versuchte andere von mir fern zu halten, nur weil ihm mein Gesicht nicht passte, nahm ich ihm sehr übel. Dem würde ich …
    Etwas zupfte an meinem Rock, und verlangte meine Aufmerksamkeit, die ich nur wiederwillig hergab. Neben mir stand ein kleines Mädchen mit weißem Haar, in den schwarze Strähnen einem extremen Kontrast bildeten. Diese Haarfarbe war nicht nur merkwürdig, sondern richtig sonderbar.
    Als wenn das hier das einzige Sonderbare wäre.
    Auch wieder war.
    „Kann ich dir helfen?“, fragte ich freundlich, und hockte mich zu ihr runter. Auf gleicher Augenhöre sprach es sich doch gleich viel besser miteinander.
    Sie machte große Augen, lächelte leicht, und nickte dann.
    Drei, vielleicht vier Jahre,
ging es mir durch den Kopf. Älter konnte die Kleine auf keinen Fall sein. „Und womit kann ich dir helfen?“
    „Ich mag einen Piru von Boa. Boas Pirus schmecken.“
    Ich lächelte. „Ja, da kann ich dir nur zustimmen.“ Ich erhob mich wieder, und nahm einen der letzten Gebäckteilchen vom Teller, doch als ich es ihr reichen wollte, tauchte von irgendwo her eine Frau mit den gleichen Haaren auf, und riss das Kind förmlich aus meiner Reichweite. „Halt dich von unseren Kindern fern, Katze, du bist hier nicht willkommen!“, fauchte sie mich an, nahm die Kleine auf den Arm, und verschwand irgendwo in der Menge.
    Und ich stand da, das Teilchen noch in der Hand, und konnte ihr nur noch hinterher sehen. Diese offene Feindseligkeit hatte mich getroffen. Auch wenn ich es nicht gerne zugab, es tat weh. Als wenn ich der Kleinen etwas tun würde. Erst Veith, und jetzt diese Frau. Was dachten diese Leute nur von mir? Ich war doch kein kinderfressendes Monster. Diese Abneigung hatte ich nicht verdient, ich hatte schließlich nicht darum gebeten, hier zu landen.
    Wie in Trance legte ich das

Weitere Kostenlose Bücher