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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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Bildchen auf meinem Rücken. Ich unterdrückte das plötzliche Bedürfnis, es mit meiner Hand zu verdecken. Ich hatte nichts Falsches gemacht, das war nur eine Tätowierung.
    „Ob es nun ein Zeichen des Bösen ist, wie sie es gesagt hat, oder nur eine Hautverzierung, vielleicht sogar wirklich das Zeichen einer Hexe, derer sie hörig ist, es ist egal. Ich glaube ihr, dass sie ihre Erinnerung verloren hat. Es spricht sehr viel dafür. Nicht nur ihre Worte und Beteuerungen, auch ihr Verhalten.“ Sie sprach nicht zu mir, nur zu den drei Kerlen. Sie überging mich, als wäre ich Luft.
    „Und wenn du dich täuschst?“, wollte Veith wissen.
    „Das Spielt keine Rolle. Es ist egal, weil sie gleich gehen wird.“
    „Oh!“, kam es von Kovu. „Darf ich mit? Ich wollte schon immer mal nach Sternheim.“
    „Nein“, sagte Prisca.
    „Aber …“
    „Nein.“
    Das war jetzt von allen gekommen – mich ausgenommen.
    Kovu zog beleidigt einen Flunsch.
    „Und nun beeilt euch, wenn ihr noch etwas essen wollt. Ihr müsst los, wenn ihr vor der Nacht in Sternheim sein wollt. Die anderen warten bereits.“ Damit wandte sie sich ab, und verschwand.
    Veith warf mir noch einen ziemlich argwöhnischen Blick zu, und folgte ihr dann. Wahrscheinlich wollte er sie noch davon überzeugen, mich doch einfach aufzufressen, dann hätte sich das Problem mit mir auch erledigt und keiner müsste wegen mir das Lager verlassen.
    Idiot.
     
    °°°
     
    Endlich. Richtige Klamotten auf der Haut zu fühlen, war wahnsinnig toll. Rundum bedeckt und sauber war ich zu allem gewaffnet, was der Tag noch für mich bereit hielt.
    Nach Priscas Abgang wurde es ernst. Halb gefangen in Träumen von einer normalen Welt, hatte ich in der Küche im Rudelhaus ein kleines Frühstück zu mir genommen. Am Tisch war es ungewöhnlich ruhig gewesen, nicht so wie bei meiner einzigen Mahlzeit mit dem Rudel, oder auf dem gestrigen Fest. Ob es nun an der Aufgabe lag die wir vor uns hatten, oder auf der Tatsache beruhte, dass sie nur wegen mir den Wald verließen, wusste ich nicht zu sagen. Nur so viel, jede Beerdigung war aufregender als unser gemeinsames Frühstück.
    Danach verschwanden alle, und ich wurde solange in Pals Zimmer geschafft, was mir zum ersten Mal die Gelegenheit gab, mich ein wenig unbeobachtet umzusehen – natürlich nur in diesem Raum –, doch mich gleichzeitig auch die Einsamkeit fühlen ließ, die ich schon gestern Abend gespürt hatte. Wieder einmal wurde mir klar, dass ich noch weniger besaß, als ich glaubte. Es war weniger als nichts, genau wie ich.
    Neben dem Fenster hing ein Bild an der Wand, das eine größere Gruppe von Wölfen und Menschen zeigte – vermutlich Werwölfe. Sie standen dicht beisammen, und selbst durch das Bild verstand ich diese Vertrautheit, die sie füreinander fühlten.
    Etwas klopfte gegen die Fensterscheibe, und da wir das noch nicht so oft hatten, zuckte ich einmal mehr vor Schreck zusammen. Man, ich kam mir langsam schon wie ein Schüttelshake vor. Draußen auf dem Fensterbrett saß ein … ich glaubte, es war ein Vogel, mit einem Federkleid aus so vielen Blautönen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Das Ding war riesig, der Schnabel gerundet und Scharf wie eine Klinge. An den Enden der Flügel hatte es Stacheln, die sehr gefährlich aussahen, und als es den Schnabel öffnete, sah ich eine Reihe rasiermesserscharfer Zähnchen, die jeden Piranha vor Neid hätten erblassen lassen. Und diese Augen. Sie waren so schwarz wie eine dunkle Grotte. Er richtete seinen Federkamm auf, in dem sich weitere Stacheln versteckten, stieß einen Schrei in meine Richtung aus, und flog einfach davon.
    Okay, das war mehr als seltsam gewesen. Ich stand einfach nur da, und starrte aus dem Fenster. Hatte ich das wirklich gerade gesehen, oder waren meine Nerven nun völlig am Ende? Solche Vögel gab es nicht!
    Es gibt auch keine Werwölfe,
rief ich mir in Erinnerung. Oh Mann, ich war wirklich am Arsch.
    Ich stand noch immer am Fenster, als Pal mich holen kam, und nach draußen an den Waldrand brachte.
    Fang und Veith waren da – na toll, musste ausgerechnet dieser Sack mitkommen? –, standen neben eine Art Schlitten, und unterhielten sich. Ein Stück weiter lag eine Löwin auf dem Rücken, und ließ sich die Sonne auf den Pelz scheinen. Das konnte nur Domina sein. Na zum Glück war auch noch Pal dabei. Wenigstens einer, der sich nicht wünschte, dass ich einfach in Flammen aufging, damit nichts als ein Häufchen Asche von mir übrig

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