Jenseits des Spiegels
aber so bekam ich endlich etwas in den Magen.
Hmm … das Zeug war einfach der Hammer. Andere würden für sowas sicher einen Haufen Geld zum Fenster rauswerfen, aber ich konnte mich direkt an der Quelle gratis bedienen. Was war ich doch für ein Glückskind. Naja, zumindest in diesem Moment, und auch nur, wenn ich die letzten beiden Tage außer Acht ließ. Seufz.
Irgendwo in den Bäumen schnatterte ein Eichhörnchen. Nach ein wenig suchen fand ich es auch. Es saß auf einem tiefhängenden Ast, und knabberte an einer Eichel. Aber was war das denn? Es war nicht rötlich, oder gräulich, es war weiß mit einer braunen Zeichnung. Und sein buschiger Schwanz war ganz und gar nicht buschig. Er war lang, sehr lang, und dünn. An seinem Ende hatte er einen schwarzen Haarpinsel, wie auch an den Ohren. Und dennoch, es war ein Eichhörnchen, oder zumindest ein Artverwandter. Da war ich mir sicher. Was sollte es auch sonst sein?
Dann hatte ich mich also auch mit dem seltsamen Vogel heute Morgen nicht getäuscht. Hier gab es Tiergattungen, die mir völlig unbekannt waren. Oder halt einfach nur anderes aussahen, als das was ich kannte.
Ich machte zwei vorsichtige Schritte zur Seite, um es besser sehen zu können, umrundete den Strauch, vorbei an dem Baum, auf dem es saß, versuchte dabei ganz leise zu sein, damit ich es nicht verschreckte, und … fiel mit der Nase voran in den Dreck. Zuvor entfuhr mir noch ein überraschter Schrei.
Soviel dazu, leise und vorsichtig zu sein. Ich sah nach oben, aber das Eichhörnchen war natürlich verschwunden. Seine Eichel hatte es verloren, sie lag am Fuß des Baumes. „Schöne scheiße“, fluchte ich, und rappelte mich zurück auf die Beine. Wald: 1, Talita: 0.
Fluchend wie ein Rohrspatz klopfte ich den Dreck von meinen Klamotten, schaute mich dabei danach um, worüber ich gestolpert war und, … gefror sofort zur Salzsäule, als ich es entdeckte.
Vor mir auf dem Waldboden, bedeckt mit einer Schicht Laub, lag ein Mann. Ein toter Mann.
Ich musste nicht näher rangehen, um mich von seinem Zustand zu überzeugen, der war eindeutig. Die gräuliche Hautfarbe, leblose Augen, eingefallene Wangen. Und wenn mich das nicht überzeugt hätte, dann doch wenigstens die Fleischwunden an Bauch und Kehle, die ich bei meinem Sturz über ihn von den Blättern befreit hatte.
Ich wimmerte, wich vor dem Anblick zurück, achtete nicht auf den Boden, und übersah die Wurzel. Mit einem Aufprall, der mir die Zähne aufeinander schlug, landete ich auf dem Hosenboden. Aber es war gar keine Wurzel, über die ich gestürzt war, sondern ein Arm, der zu einem zweiten Mann gehörte. Auch tot. Zwei tote Männer, zwei Leichen, begraben unter einer Schicht Laub, die sie nur notdürftig verdeckte. Ich war auf einem verdammten Friedhof gelandet!
Ein Wimmern entkam meinen Lippen. Der zweite Mann sah nicht viel besser aus, als der erste, und ich saß praktisch auf ihm drauf.
Von dem Anblick, und dem Geruch wurde mir so schlecht, dass die Beeren in meinem Magen sich einen sehr unkonventionellen Weg nach draußen suchten. Ich schaffte es gerade noch so mich zur Seite zu beugen, da übergab ich mich auch schon, würgte und keuchte. Ich hatte zwei verdammte Leichen gefunden war auf sie raufgefallen!
Plötzlich hörte ich ein Geräusch, ein knacken im Unterholz. War da jemand? Ich schluckte die Gale herunter, versuchte meine Atmung zu beruhigen, und suchte mit meinen Augen die Umgebung ab. „Pal?“ Alles blieb ruhig, aber ich hatte das Gefühl nicht länger allein zu sein. Da war jemand, oder etwas. Ich fühlte es, aber ich sah nichts. Es raschelte zu meiner Linken, ein brechender Zweig irgendwo vor mir. Mein Atem beschleunigte sich wieder, mein Herz spielte Marathon, jagte mir Adrenalin durch die Adern, und meine Augen waren überall, aber ich konnte nichts entdecken. Da war niemand, und doch war ich nicht allein, da war ich mir hundert prozentig sicher. Ich fühlte es einfach.
„Geh weg, oder komm raus!“, rief ich auf gut Glück. Das hier machte mir eine scheiß Angst. Aber da kam niemand, ich blieb alleine. Wo waren nur die anderen, wo war Pal?
Und dann hörte ich es vor mir, ganz deutlich. Ein Knurren, wie ich es schon einmal gehört hatte, in dem Moment, als Fang über mich hergefallen war, als er mich töten wollte. Mich hielt nichts mehr. Hastig rutschte ich rückwärts, kam irgendwie auf die Beine, und rannte tiefer in den Wald. Weg, ich wollte einfach nur weg.
Ein Regentropfen fiel wie eine Träne auf
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