Jenseits des Spiegels
gleichen Augen hatte.
Wie ein Blitz schlug der Kopfschmerz zu. „Ah!“ Ich sackte auf der Stelle zusammen, und hielt meine Schädel. Ich hatte das Gefühl, er würde einfach zerspringen, wenn ich ihn nicht festhielt. Meine Augen tränten, und mein Blick war verschwommen, und unfokussiert.
„Talita!“ Pal war sofort an meiner Seite. „Was ist los, was hast du?“
„Mein Kopf“, wimmerte ich. „Er tut weh.“ Das war wie in dem Moment, in dem ich in Fangs Arbeitszimmer aufgewacht war. Als würde meine Schädeldecke mit Presslufthammern bearbeitet.
„Ganz ruhig“, hörte ich eine vertraute Stimme.
„…was du sagst!“
„Nein, Taylor, ich verbiete es!“
Was waren das für Stimmen? Ich kannte sie nicht.
„Nimm die Hände runter.“ Jemand zog vorsichtig an meinem Arm.
„Ich bin zu alt, um mir von dir etwas verbieten zu lassen!“
„Du bist siebzehn!“
„Nicht mehr lange.“
„Komm schon, Talita, nimm die Hände da weg.“
„Taylor?“
„Ach, Tal, nicht weinen, ich komme doch wieder. Und dann gehen wir schwimmen, okay? Ich verspreche es dir.“
„Okay.“
Scheiße, was war das? Eine Erinnerung?
Meine Hände wurden ohne mein Zutun entfernt.
„Wir sehen und morgen.“
„Okay, Taylor.“
Eine wunderbare Wärme breitete sich von meinen Schläfen aus, und verdrängte die Schmerzen, und auch die Erinnerung. Wer war Taylor?
„Besser?“
Ich saß da, und blinzelte die Tränen vor meinen Augen weg, sah direkt in Veiths Gesicht. Er hockte vor mir, die warmen Hände umrahmten noch mein Gesicht, ließen meine Haut kribbeln. Das war irgendwie viel zu nahe, und doch … angenehm. Vorsichtig drückte ich gegen seinen Brustkorb, spürte das kräftige Herz schlagen, und schob ihn weg. Ich stand auf, und fragte mich, wie jemand in dem einen Moment völlig kalt und verachtend sein konnte, und es im nächsten fertig brachte, mich so sanft zu berühren. Das war verwirrend, und in meinem Leben gab es schon genug Dinge die ich klären musste, als dass ich mich damit auch noch befassen konnte.
„Alles wieder okay“, sagte ich, weil Veith offensichtlich noch auf eine Antwort wartete, und griff nach Pals Hand, der sie leicht drückte. „Danke.“
„Was war das eben?“, wollte Fang wissen. Er stand neben mir, die Augen leicht verengt, als wollte er mir drohen ja nicht auf die Idee zu kommen ihn anzuschwindeln.
Und nur um das mal klarzustellen, das hatte ich nicht vor. „Ich glaube, ich habe mich an etwas erinnert.“
„Taylor“, kam es von Pal.
Überrascht sah ich zu dem Riesen auf. „Ja, aber woher …“
„Du hast den Namen eben laut gesagt.“
„Wer ist Taylor?“, fragte Domina. Die und ihre Neugierde.
„Ich … ich weiß es nicht.“ ob sie mir nun glaubten oder nicht, war mir egal. Es war die Wahrheit.
Ach, Tal, nicht weinen.
Wem gehörte nur diese Stimme?
Veith war wie immer undurchschaubar. „An was erinnerst du dich denn?“
„Ich weiß nicht. Da war ein Haus, und davor standen ein Junge und ein …“ Im Moment der Erkenntnis riss ich die Augen auf, machte mich von Pal frei, und zerrte mein Portemonnaie aus der Jackentasche. Ich brauchte genau zwei Sekunden, um das gesuchte Foto zu finden. Ein lächelndes Gesicht mit grünen Augen, und jeder Menge Sommersprossen. Jung. Er war vielleicht … siebzehn? Das hatte die Frau doch gesagt.
Pal schaute mir über die Schulter. „Das ist Taylor?“
„Ich weiß nicht. Ich glaube ja.“
Fang schüttelte den Kopf. „Ist auch egal. Kommt jetzt, ich will heute Abend noch das Lager erreichen. Und wir wollen unseren Jagdliebhaber doch nicht unnötig warten lassen. “ Damit wandte er sich ab, und schritt auf das Haus zu.
„Der wartet nicht auf uns“, sagte Domina in einem sehr zufriedenen Ton. „Der weiß nicht mal dass wir auf ein Schwätzchen vorbeischauen wollen.“
„Es ist nicht egal“, flüsterte ich. Wie konnte er die Bruchstücke meiner Erinnerung einfach so abtun? Jedes bisschen davon war wichtig für mich, die letzten Tage wie ein Brandzeichen in meinem Hirn eingebrannt, damit ich es nicht wieder vergessen konnte.
Wie konnte Fang es nur wagen, so über die einzige Erinnerung zu reden, die ich zurückbekommen hatte? Oh, am liebsten würde ich … würde ich … ach, keine Ahnung was ich würde, aber auf jeden Fall etwas sehr Schmerzhaftes.
Und dann überraschte Veith mich mit den Worten: „Du hast recht. Es ist nicht egal, es ist wichtig“, bevor er sich abwandte, und dem Älteren folgte.
°°°
Nach
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