Jerry Cotton - 2914 - Der Geruch der Angst
noch einmal und keuchte. Die Zahlen auf dem Monitor wechselten von grün zu rot.
»Das muss genügen, meine Herren.« Dr. Slotnick zeigte auf die Tür und komplimentierte uns hinaus. »Fünf Milligramm Haldol i.V.«, instruierte er den Assistenzarzt. Der öffnete eine Schublade und griff nach einer Spritze.
»Ich habe dem Patienten ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht«, informierte uns Slotnick fünf Minuten später auf dem Gang. »Er schläft jetzt.«
»Das heißt, wir können ihn wieder für eine Weile nicht befragen«, sagte Phil.
Ich bedauerte das auch, aber das Wohlergehen des Patienten hatte Vorrang. »Dr. Slotnick, haben Sie einen medizinischen Grund dafür gefunden, warum Mister Kim eine Niere entfernt wurde?«
Slotnick strich sich über das kurzgeschorene Haar. »Das ist eine gute Frage, Agent Cotton. Nein, ich konnte keinen organischen Grund für eine Nephrektomie feststellen. Die rechte Niere sieht völlig gesund aus. Das Ergebnis der Blutuntersuchung hat auch nichts gezeigt, was auf einseitiges Nierenversagen schließen lassen würde. Ich konnte keine Prellungen oder andere Anzeichen für einen mechanischen Vorfall entdecken, die zur Schädigung der linken Niere hätten führen können.« Er zuckte mit den Schultern. »Soweit ich das sagen kann, ist Mister Kim kerngesund.« Er hielt kurz inne. »Bis auf die Folgen der mangelnden Nachsorge natürlich. Die Frage, warum bei dem Patienten eine Nephrektomie durchgeführt wurde, kann Ihnen nur Mister Kim oder das Krankenhaus beantworten, das die Niere entfernt hat.«
»Und er will nicht mit uns reden«, murmelte ich.
***
»So leicht lasse ich Kim nicht vom Haken.« Ungeduldig klopfte ich auf das Lenkrad. »Bis wir uns als FBI-Agents zu erkennen geben mussten, hat er jedes Wort verstanden.« Ich schaute auf die Uhr. »Noch fünf Stunden, bis wir Bonzo im Bronx Park treffen.«
»Wir müssen abwarten, Partner. So schnell lässt uns Slotnick nicht mehr zu seinem Patienten. Das kannst du vergessen.«
»Warum mauert er so?«
»Slotnick?«
»Nein, Kim.« Ich startete den Motor. »Kim hat Familie. Eine Frau und eine siebenjährige Tochter. Sie wohnen in der South Bronx, nicht weit von da, wo wir ihn aufgelesen haben.«
»Eine Ehefrau? Das ist gut. Mistress Kim wird hoffentlich wissen, in welchem Krankenhaus ihr Mann behandelt wurde.«
Ich fädelte mich in den fließenden Verkehr ein.
In die Stille hinein sagte Phil plötzlich. »Ich glaube, wir werden verfolgt.«
Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. »Meinst du den Ford Focus, der seit dem Krankenhaus so auffällig an uns klebt?«
»Sind das Armilios Leute?« Phil spähte durch die Heckscheibe.
»Woher sollten die wissen, dass wir ihren Kurier bei uns in Gewahrsam haben?«
Phil lachte. »Vielleicht, weil du ihn an eine Laterne gebunden hast?«
Ich knurrte. Das mit der Laterne war nicht gerade eine meiner Glanzleistungen gewesen.
»Wenn das Armilios Leute sind, wird Bonzo nicht auftauchen«, sagte ich.
»Spätestens um fünf Uhr heute Nachmittag wissen wir Bescheid.«
»Wir sollten sie trotzdem nicht zu Mistress Kims Haus führen«, entschied ich und schaltete das rot-blaue Warnlicht ein. »Wir hängen sie besser ab.« Mit durchgedrücktem Gaspedal überholte ich einen Bus, der gerade aus seiner Haltebucht fuhr. In letzter Sekunde zog ich an ihm vorbei.
Der Ford Focus wollte uns folgen, doch der Busfahrer hupte wütend und stieß unbeirrt auf die Straße. Das Argument von größerer Masse siegte, und bis zur nächsten Haltestelle würden unsere Verfolger hinter dem Bus festhängen.
Die Adresse der Kims führte uns zu einem kleinen Haus tief in der South Bronx. »Warum wohnen die Kims nicht in Korea Town?« Phil schaute sich in der Gegend um.
Ich klopfte an die Tür. Eine asiatische Frau öffnete uns. Ihre Augen waren rotgeweint. Als wir uns als FBI-Agenten vorstellten, trat ein ängstlicher Ausdruck auf ihr Gesicht.
»Mistress Kim, hat das Bronx Hospital Sie darüber informiert, dass Ihr Mann gestern Nacht dort eingeliefert wurde?«
Sie nickte mehrmals.
»Können wir hereinkommen und uns mit Ihnen unterhalten?«
Sie antwortete etwas auf Koreanisch und ich wiederholte meine Frage noch einmal langsam und in einfachen Worten.
In Mrs Kim kämpften deutlich Angst und Verzweiflung miteinander. Doch die Sorge um ihren Mann behielt die Oberhand. Höflich trat sie einen Schritt zur Seite und ließ uns ein.
Trotz der Armut in dieser Gegend war der Raum sauber und liebevoll eingerichtet.
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