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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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wir begonnen haben."
    „Ich - ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden."
    Aber das stimmte nicht. Er konnte es an der verwirrten Pause erkennen, die sie gemacht hatte, daran, wie ihre Finger auf seiner Schulter erstarrt waren. Sie hatte ihre sinnlichen Begegnungen ebenso sehr genossen wie er. „Ich meine das hier", erklärte er.
    Er nahm ihr Kinn in eine Hand und beugte sich vor, um sie zu küssen. Er hörte den kleinen Seufzer, der ihr entfuhr, und spürte, wie sie sich unwillkürlich vorbeugte. Sie war voller Leben und glühte vor Leidenschaft. Und er begehrte sie so sehr, dass es wahrscheinlich nur zu seinem Besten war, dass er sie nicht haben konnte. Je mehr er sich auf Chloe Boscastle einließ, umso mehr würde er die Kontrolle über sein eigenes Leben verlieren. Sie konnte das Herz eines Mannes erobern, ohne es auch nur darauf anzulegen.
    Er vergrub sein Gesicht an ihrem warmen Hals und strich ihr mit der Hand über den Rücken. „Halten Sie sich vom Wald fern, Chloe. Es ist vielleicht schwer zu glauben, aber es gibt Männer, die für Sie noch schlechter sind als ich."
    Die DorfSchauspieler hatten im Pfarrhaus eine Amateurpro- duktion von Hamlet inszeniert. Die schauspielerischen Fähig- keiten der Darsteller waren so grauenvoll, dass Chloe in ih- ren Handschuh beißen musste, um nicht laut zu lachen. Sie konnte sich ohnehin nicht konzentrieren. Allein der Gedanke an Hamlets Geist erinnerte sie an den Spuk in ihrem eigenen Zimmer.
    Während der Szene mit den Totengräbern wurde Chloe auf ein interessiertes Raunen aufmerksam, das durch den Zu-

schauerraum ging. Sie wandte sich um und sah, wie ein ele- ganter, dunkelhaariger Herr im Mantel sich alleine vorne hin- setzte.
    Colonel Sir Edgar Williams, Galahads Onkel und mutmaß- licher Erbe. Zumindest besaß er den Anstand, die ehemalige Mätresse seines Neffen nicht in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, wenn sie überhaupt noch in der Gegend war. Chloe hatte in der letzten Zeit nichts mehr von ihr gehört und frag- te sich sogar, ob die Frau Dominics erbitterte Unversöhnlich- keit wirklich verdient hatte. Schließlich konnte man eine Mät- resse nicht unbedingt als untreu bezeichnen, wenn sie nicht wusste, dass ihr ehemaliger Liebhaber noch lebte.
    „Du meine Güte", murmelte Tante Gwendolyn und hob ei- ne Augenbraue. „Vielleicht kann ich den Onkel des Viscounts ja dazu überreden, der Kirche etwas Geld zu spenden. Sein Neffe war all seiner anderen Fehler zum Trotz stets ein recht großzügiger Gönner."
    Während seiner Rede ließ Hamlet Yoricks Schädel versehent- lich auf den Kopf des Totengräbers fallen. Der überraschte Schauspieler fluchte und rieb sich die Glatze, während die Zuschauer in lautes Gelächter ausbrachen. Sir Edgar lachte und begann zu applaudieren - bis er den Blicken von Chloe und ihrer Tante begegnete.
    Er neigte den Kopf und lächelte anerkennend, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Bühne zuwandte. Chloe spürte, wie ein ziemlich unangenehmes Kribbeln sie durchfuhr. Die- ser brütende, unstete Blick und das Gesicht mit den ausgepräg- ten Zügen ...
    „Das ist der Onkel des Geistes, den du da anstarrst, Chloe", flüsterte Pamela ihr hinter ihrem Fächer zu.
    Chloe schrak zusammen, als ihr bewusst wurde, dass der Mann Dominic ähnlich sah, auch wenn ihm diese gewisse Vita- lität fehlte. Zum einen war er schwerer gebaut als sein Neffe, und zum anderen war er um Jahre älter, mit einer altmodi- schen Ernsthaftigkeit und Zurückhaltung, die wohl seinem militärischen Hintergrund zuzuschreiben waren.
    „Warum, glaubst du, hat er sich von der Mätresse des Geistes getrennt?", fragte Pamela, die Augen nachdenklich verengt. „Ich meine, angenommen, das hat er."

Chloes Aufmerksamkeit war plötzlich abgelenkt. Lord St. John war eben eingetroffen, und sein Erscheinen erregte bei den jungen Frauen im Zuschauerraum großes Aufsehen. Chloe unterdrückte ein Kichern, als er sie bemerkte und in vollkommener Missachtung des Stückes einige Augenblicke lang angrinste, bevor er sich hinsetzte. Auf Justins unbeküm- mertes Selbstbewusstsein war wirklich Verlass - wer sonst im Dorf würde es wohl wagen, die Aufführung zu stören?
    „Ich weiß nicht", murmelte sie Pamela zu und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Darstellern auf der Bühne zu, selbst wenn die ihr wesentlich weniger interessant erschienen als das Publikum. „Ich nehme an, er hat Besseres zu tun, als ganz Chistlebury zu schockieren, indem er die Mätresse des Geistes

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