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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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hätte, und wie sich die Dinge wohl entwickelt hätten, wenn Dad es so zärtlich in den Armen hätte halten können wie Richard an dem Tag, als Jill mit ihm ins Bernabéu kam. Ich sehe sein Gesicht aufleuchten und seine Augen strahlen, als ihm aufgeht, dass er Vater geworden ist. Es hätte was mit seinem Gehirn gemacht, da bin ich mir sicher. Ich sehe, wie er sich um das Baby kümmert, wie er Verantwortung übernimmt, wie er von Windel zu Windel, von Gutenachtgeschichte zu Gutenachtgeschichte wieder zu dem Mann wird, dem Vater, der er einmal …
    »Judy?«
    Ich fahre hoch. Es ist Dad. Er muss lautlos meine Zimmertür geöffnet haben. Er hat ein Brotmesser in der Hand. Ich habe Angst vor ihm. Vor meinem eigenen Vater.
    »Wozu brauchst du das Messer, Jimmy?«, frage ich.
    » Der Mann «, flüstert er. »Vielleicht ist der Mann hier. Ich dachte, das wäre Judys Zimmer. Ich kann nicht schlafen, weil Argos die ganze Zeit bellt. Die verrückte alte Frau im Nachbarhaus bringt ihn dazu.«
    »Das tut sie bestimmt nicht, Jimmy.«
    »Doch, ganz bestimmt«, sagt er. »Sie hat’s auf mich abgesehen. Sie beobachtet mich die ganze Zeit.«
    »Jimmy, was hältst du davon, wenn ich in dein Zimmer gehe und dich hier oben schlafen lasse. Dann hörst du Argos nicht.«
    »Nein.« Er schaut zurück in den Flur. »Ich geh zu Judy. Wo ist denn ihr Zimmer?«
    Er trägt kurze Fußballerhosen und ein schwarz-weiß gestreiftes Juve-Trikot. Das Haus ist kalt, und mich friert bei dem Anblick.
    »Besser nicht, Jimmy!«, sage ich. »Tom schläft bei ihr, und wenn du reingehst, wird er wach. Du weißt doch, wie schwer es ist, ihn wieder zum Einschlafen zu bringen. – Gib mir bitte das Messer, Jimmy.«
    Er kommt ins Zimmer, und während er sich in seinem komischen Gang auf mein Bett zubewegt, höre ich es leise klappern. Streichhölzer? Hat er Streichhölzer in der Tasche? Haben solche Hosen überhaupt Taschen? Er setzt sich auf mein Bett und legt das Brotmesser auf die Decke.
    »Hast du Streichhölzer in der Tasche, Jimmy?«
    »Ja«, sagt er. »Ich versteck sie, damit er kein Feuer machen kann.«
    » Der Mann? «
    Er nickt. Ich strecke die Hand aus. Solche Hosen haben Taschen. Er zieht die Streichhölzer heraus und übergibt sie mir. Er hat den Gesichtsausdruck von früher, wenn er gespielt verzweifelt Ah, les profonditées de l ’ éxistence gestöhnt hat. Wie arglos ich damals war! Als ich noch dachte, der Ausdruck hätte etwas mit seiner Arbeit zu tun. Dass er ein bisschen verzweifelt war, weil ihm der richtige Plot für seine Geschichte nicht einfallen wollte. Aber wie hätte ich auch wissen sollen, dass es echte Verzweiflung war, weil ihn seine traurige Vergangenheit einholte.
    »Ich hab’s so satt, Eala«, sagt er. »Ich weiß nicht, was ich hier die ganze Zeit machen soll.«
    Er hat die Schultern nach vorn geschoben, und er fingert an seiner Armbanduhr. Wenn er sich noch mehr aufregt, werde ich ihm ein Beruhigungsmittel geben müssen, vielleicht auch noch ein Schlafmittel. Sonst bin ich dafür nur zuständig, wenn Mam nicht da ist oder wenn sie sich um Tom kümmern muss.
    »Ich will hier nicht mehr wohnen«, sagt er. »Ich bin schon viel zu lange hier. Man kann nicht so lange am selben Platz bleiben.«
    »Warum nicht?«
    »Wegen dem Mann «, sagt er. »Er findet einen sonst.«
    »Und wo möchtest du wohnen, Jimmy?«
    Darüber denkt er eine Weile nach, und so unheimlich er mir gerade noch war, jetzt, wo ich seine kindliche Unentschlossenheit sehe, ist alles verflogen.
    »Auf einem Hausboot vielleicht«, sagt er, was ich seltsam finde, weil ich auf unseren Spaziergängen zum Fluss den Eindruck hatte, dass ihm Wasser nicht mehr geheuer ist. Darum hatten wir die Spaziergänge dann ja auch gelassen.
    »Hast du denn schon mal auf einem Hausboot gewohnt?«, frage ich.
    »Ich glaube, ja«, sagt er, und seine Augen werden dabei ganz schmal. »Oder es war ein Traum.« Mit der Sekundenanzeige auf seiner Digitaluhr kann etwas nicht stimmen, jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Zeit viel langsamer vergeht. Er drückt auf einen der kleinen Knöpfe und zuckt zusammen, als die Uhr zu piepen beginnt. »Vielleicht ist es keine so gute Idee, auf einem Hausboot zu wohnen. Das Wasser kann Feuer fangen, weißt du.«
    Ich frage mich, was es mit seiner neuesten Obsession auf sich hat, mit dieser Angst vor Feuer. Hat es im Gefängnis mal gebrannt? Oder im Heim? Ich weiß, dass ein Schädel-Hirn-Trauma zu wirren Vorstellungen und Ängsten führen kann. Aber

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