Jimmy, Jimmy
uralt sind und unverschämt reich und verheiratet mit sieben Kindern und vierzehn Enkelkindern.
Heute war ich die Erste, die im Jasmine Garden ankam. Ich war schon ziemlich durch den Wind, aber wer wäredas nicht, wenn er schon um sieben Uhr morgens durch Schreien und lautes Hämmern an der Haustür geweckt wird? Als dann Jill kam, wusste ich, dass ich mich gleich noch erschöpfter fühlen würde. Ich brauchte sie nur einmal anzuschauen und wusste schon: Sie hat neue schlechte Nachrichten über Win und den kleinen Schreihals.
»Hattet ihr ein schönes Fest?«, fragte sie.
»Ja, der Wahnsinn.«
Sie verstand den Witz nicht, wie auch? Dazu war sie ohnehin nicht zum Lächeln aufgelegt.
»Unser Fest war auch schön …«, sagte sie, »… aber irgendwie auch traurig.«
Von Angie ein Ächzen: Geht das schon wieder los! Ich versuchte, Jill abzulenken.
»Ich hab was für Richard«, sagte ich.
Und das war ein Fehler. Dass ich Richard erwähnte, brachte sie an den Rand der Tränen. Sie öffnete stumm das kleine Päckchen. Ich hatte mir große Mühe gegeben, etwas Besonderes für den Kleinen zu finden: ein kleines weißes T-Shirt, das ich im selben Laden hatte bedrucken lassen wie Dad die »Hausfrau-des-Jahres«-Schürze. Auf dem T-Shirt stand »Rock On« und »Little Richard«, mit einer gezeichneten Gitarre zwischen den beiden Zeilen. Ich weiß selbst nicht, warum ich mir mit dem Geschenk so viel Mühe gegeben hatte. Jill versuchte, das Weinen zu unterdrücken.
»Es ist … so … süß«, sagte sie.
»Kennst du ihn? Little Richard? Den schwarzen Sänger aus den Sechzigerjahren?«
Sie nickte und legte die Hände vors Gesicht, damit die anderen Gäste sie nicht weinen sahen. Mich ließen ihreTränen kalt. Ich konzentrierte mich auf die Speisekarte, aber schon die Aufzählung der Zutaten drehte mir den Magen um. Essen war das Letzte, wonach mir gerade war. Jill griff nach der Serviette, um sich die Tränen zu trocknen. Sie schniefte noch ein paarmal, dann war sie bereit.
»Win hat jetzt alles auf der Reihe«, sprudelte sie heraus. »Das mit der Beihilfe für Alleinerziehende, mit der Wohnung und sogar mit dem Krippenplatz im College. Sie … sie nimmt Richard nächsten Monat also doch mit nach Dublin.«
»Dann wäre ja alles in Ordnung, oder?«, sagte ich, aber aus irgendeinem dummen Grund fand ich es plötzlich auch traurig.
»Ja«, sagte Jill. »Aber wir hatten uns so daran gewöhnt, ihn immer bei uns zu haben. Ich mag gar nicht daran denken, dass wir ihn gehen lassen sollen.«
Ich hielt die stickige, vom Geruch nach chinesischen Gewürzen getränkte Luft kaum aus. Und auf keinen Fall würde ich was essen können. Noch schlimmer: Wenn ich auch nur eine Minute länger blieb, musste ich mich mitten im Lokal übergeben. Als ich aufstand, schwankte der Boden unter meinen Füßen. Und Jills besorgter Blick machte es nicht besser.
»Soll ich dir was sagen?«, sagte ich, so ruhig ich konnte. »Ich mach drei Kreuze, wenn Richard weg ist, weil ich das Thema nämlich satthab bis oben hin.«
»Du hast was genommen, gib’s zu«, sagte sie. »Irgendwelche Beruhigungsmittel, ich kann’s an deinen Augen sehen.«
»Meinen Augen fehlt nichts«, sagte ich kurz angebunden, aber sie hatte natürlich recht. Inzwischen sah ich sie sogar doppelt.
»Tu dir das bitte nicht an«, sagte sie ganz ruhig. »Du siehst doch, was solche Medikamente anrichten.«
Mir fiel keine schlaue Antwort ein, also ließ ich sie einfach sitzen. Und erst jetzt fällt mir ein, dass wir unsere Geschenke vergessen haben. Das Päckchen mit den Ohrringen, die ich ihr gekauft habe, steckt noch in meinem Rucksack.
»Eala?«
Brian. Der Lärm im Brady’s dringt wieder zu mir vor, und ich höre zwar nicht, was er sonst noch sagt, aber es muss so dringend sein, dass er mich an der Hand packt und vom Stuhl hochzieht. Seine Freunde scheinen auch nicht zu verstehen, was los ist.
»Wir müssen schnell hier raus«, sagt er und schaut um sich, als suchte er den Notausgang.
»Warum?«
»Trigger Healy steht an der Theke.«
»Und? Warum sollten wir vor dem Abschaum weglaufen?«
»Weil ich weiß, dass er uns wegen Sean anmachen wird«, sagt er ungeduldig. »Lass uns gehen!«
»Aber Sean verfolgt den Scheißkerl doch gar nicht mehr.«
»Das ist nicht der Punkt, Eala. Trigger vergisst so was nicht, und er verzeiht es auch nicht.«
Er zieht mich fort, und ich folge ihm. Als jemand mir auf die Schulter tippt, drehe ich mich noch mal um. Derek. Er hält seinen
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