Julia Extra Band 0198
nach oben bringen.”
Ein Mann mit weißen Handschuhen kam hinter dem Tresen hervor und hob die Reisetasche auf. Pippa folgte ihm die Treppe hinauf. Der Mann war so alt, er hätte ihr Vater sein können. Hoffentlich war die Tasche nicht zu schwer für ihn.
„Dies war ein Pub, Miss”, sagte der Hotelangestellte. „Dann ist das Gebäude renoviert und zu einem Hotel umgebaut worden. Es ist einige Hundert Jahre alt. Schon im Mittelalter soll es hier einen Pub gegeben haben. Die Einwohner der Stadt benutzen die Hotelbar immer noch wie ihre Stammkneipe.” Er stellte die Reisetasche vor einer Tür ab. „Hier ist ihr Zimmer. Ich hoffe, Sie werden einen angenehmen Aufenthalt haben.” Er reichte Pippa den Schlüssel.
Sie betrat das Zimmer und schaute sich um. Es war nicht sehr groß, aber gemütlich eingerichtet. Dazu gab es einen Fernseher und ein kleines Badezimmer. Pippa bedankte sich bei dem Träger und gab ihm ein Trinkgeld. Dann war sie allein. Sie ging in dem Zimmer herum und schaute sich alles genau an. Die Möbel waren aus Eichenholz, die Vorhänge aus dickem Stoff. Das alles machte einen wohligen Eindruck. Ein wenig beruhigt packte sie ihre Sachen aus. Dann bereitete sie sich eine Tasse Tee zu und schaute lange aus dem Fenster.
Sie hatte einen weiten Blick über die Küstenlinie und sah kleine Bote auf Wellen mit weißen Kronen schaukeln. Auf einmal hörte sie Fußschritte auf dem Flur. Sie lauschte gespannt. Doch dann entfernte sich das Geräusch wieder. Erneut herrschte Stille.
Es blieb noch eine halbe Stunde bis zum Abendessen. Nach der Autofahrt hatte Pippa Lust auf einen kleinen Spaziergang. Sie zog sich eine Jacke über und ging nach unten. Wieder schauten ihr die Männer in der Bar nach.
Als Pippa auf die Straße trat, hörte sie in der Nähe eine Turmuhr schlagen. Es war acht Uhr. Wenn sie nicht zu spät zum Essen kommen wollte, konnte sie nur einen kurzen Spaziergang machen. Während sie am Kai entlangging, las sie die Namen der Boote, die dort vor Anker lagen. Dabei wurde der Nebel immer dichter, bis sie kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. Sie erzitterte und schob die Hände tief in die Jackentaschen. Pippa war jetzt ganz allein. Sie hätte auf einer einsamen Insel sein können oder der einzige Mensch auf der Welt.
Wenig später aber hörte sie Schritte hinter sich. Ein hochgewachsener Mensch erschien in dem Nebel. Sie konnte sein Gesicht nicht genau erkennen, doch spürte sie, wie der Mann sie anstarrte. Er ging jetzt schneller, und Pippa bekam es mit der Angst zu tun. Auch sie beschleunigte den Schritt. Auf einmal aber verfing sich ihr Fuß in einem Tau, und sie wäre gestolpert, wenn der Mann sie nicht aufgefangen hätte.
„Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt.”
Pippa war sprachlos. Das konnte doch nicht möglich sein.
„Was machst du denn hier?”, stieß sie hervor. Sie war davon ausgegangen, dass er meilenweit entfernt war; jetzt aber war es fast wie ein Zauber, dass er so dicht bei ihr war.
Randal ließ sie los und schaute sie ironisch an.
„Du hast dir wohl eingebildet, dass du mich so einfach loswerden kannst, was?”
„Woher hast du gewusst, wohin ich gefahren bin?” Sie konnte immer noch nicht glauben, dass es wirklich Randal war. „Hast du mich gesehen, als du von der Tankstelle zurückgekommen bist?”
„Ich bin nicht zur Tankstelle gefahren”, gab er zu. „Es war mir gleich komisch vorgekommen, dass du meine Einladung zum Abendessen so plötzlich angenommen hattest. Ich hatte den Eindruck, dass du dabei Hintergedanken hattest und habe nicht weit von deinem Haus entfernt gehalten und gewartet. Offenbar lag ich gar nicht so falsch mit meinen Vermutungen, findest du nicht auch? Dann brauchte ich dir nur noch nachzufahren.”
Es war der gleiche Trick wie am Vormittag, als er ihr vor dem Büro aufgelauert hatte, um sie in der Stadt zu verfolgen. Hätte sie nicht gleich daran denken sollen, dass er ihr nur eine Falle gestellt hatte, um zu sehen, wie sie sich wohl verhalten würde? Pippa machte einen Schritt zurück.
„Vorsicht”, rief Randal aus. „Du fällst gleich ins Wasser.” Er zog sie zu sich heran, doch machte sie sich erneut aus der Umarmung frei.
„Was bildest du dir eigentlich ein, wer du bist? James Bond? Warum kannst du mich nicht endlich in Ruhe lassen? Die Tatsache, dass ich weggefahren bin, zeigt ja wohl zu deutlich, dass ich keinen weiteren Wert darauf lege, mit dir zusammen zu sein. Das sollte dir auch so langsam auffallen. Also bitte,
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