Julia Extra Band 0350
aufgetragen, nachdem er von mit Drogen vollgepumpten Jugendlichen niedergeschossen worden war. Loukas war sechzehn damals. Der Kummer über den Tod seines geliebten Vaters und die plötzliche Verantwortung lasteten schwer auf ihm.
Zwei Jahre später hatte seine Mutter seinen Arm mit einer Hand umklammert, die so abgemagert war, dass Loukas jede Ader unter der dünnen Haut durchscheinen sehen konnte. Ihr Krebs war zu spät festgestellt worden. Und da es weder eine Krankenversicherung noch Geld für Medikamente, die ihr Leben verlängert hätten, gab, war alles ganz schnell gegangen. „Kümmere dich um Larissa“, waren ihre letzten Worte gewesen. Und Loukas hatte es ihr am Totenbett versprochen.
Wie kann Belle Andersen es wagen, mich zu kritisieren, dachte er wütend. Sie hatte keine Ahnung, wie es war, mit gerade mal achtzehn Jahren die volle Verantwortung für die Schwester übernehmen zu müssen! Oft hatte er nachts nicht schlafen können vor Furcht, es nicht zu schaffen.
Natürlich reagierte er überängstlich, was Larissa betraf. Der Tod seines Vaters war doch Beweis genug dafür, wie gefährlich der Alltag sein konnte. Trotzdem ließ ihm Belles Warnung, Larissa könnte ihm seine Fürsorglichkeit übel nehmen, keine Ruhe.
Gamoto fluchte er innerlich. Vielleicht hatte Belle ja recht. Und überhaupt: Was konnte schon schiefgehen? Sie würde auf Aura unter seinen wachsamen Blicken arbeiten. Dazu war sie angeblich ja Tag und Nacht bereit. Er würde schon dafür sorgen, dass sie ihr Versprechen erfüllte.
Wieder blieb sein Blick an ihrem sinnlichen Mund hängen. Die Vorstellung, diese vollen Lippen zu küssen, weckte ein wildes Verlangen in Loukas. Er konnte nicht leugnen, dass er Belle höchst erotisch fand – und auch sie schien die Anziehungskraft zwischen ihnen zu bemerken.
Belle stand auf und streckte ihm die Hand hin. „Ich möchte mein Handy zurück, bitte“, verlangte sie energisch.
Er setzte seine Sonnenbrille auf und erhob sich, bevor er ihr das Handy übergab. Dabei berührten sich ihre Finger. Zwar nur für Sekunden, aber Belle fühlte sich wie elektrisiert. Unwillkürlich riss sie ihre Hand so schnell zurück, dass ihr Handy um ein Haar zu Boden gefallen wäre. Ihr wurde heiß. Jede Faser ihres Körpers schien zu vibrieren. Reiß dich zusammen, dachte sie wütend.
Doch das war nicht leicht bei seiner imponierenden Erscheinung und dieser umwerfenden Männlichkeit. Vielleicht war es ganz gut, dass sie sich wieder auf den Heimweg machte. In Loukas’ Gegenwart schienen ihre Sinne verrückt zu spielen. Und sie war hilflos dagegen. Eine beschämende Tatsache, die ihr so richtig bewusst wurde, als sie spürte, dass ihre Brustwarzen sich unter der dünnen Seidenjacke abzeichneten.
Mit flammend rotem Gesicht begann sie, ihr Handy nach der Nummer des Athener Flughafens zu durchsuchen.
„Hören Sie auf mit dem Quatsch, und kommen Sie, wenn Sie nach Aura wollen.“
Sie hob den Kopf und sah, dass er sich bereits den größeren Koffer geschnappt hatte. Und während sie Loukas noch mit offenem Mund anstarrte, nahm er ihren anderen Koffer und marschierte aus der Bar.
„Warten Sie …“ Mit ausladenden Schritten hatte er schon fast die halbe Straße überquert. Belle stöckelte hinter ihm her und verfluchte ihre hohen Absätze und das unebene Kopfsteinpflaster. „Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.“
Endlich hatte sie ihn eingeholt.
„Wollen Sie damit sagen, ich habe den Auftrag?“ Loukas’ plötzliche Kehrtwendung brachte sie völlig durcheinander. „Haben Sie keine Angst mehr, ich könnte Ihre Schwester um ein Vermögen betrügen und wie diese andere Dame verschwinden?“
„Nein. Darum mache ich mir keine Sorgen.“
Sie erreichten die Kaimauer, und Loukas lud ihre Koffer ins Boot. Dann drehte er sich zu ihr um. „Ich bin überzeugt, Sie werden Larissas Traumkleid entwerfen und sie sehr glücklich machen. Denn wenn Sie das nicht machen, bekommen Sie es mit mir zu tun.“
Jetzt verlor sie doch die Beherrschung. Loukas Christakis war nicht nur beleidigend und arrogant, er war auch ein Tyrann, dem es anscheinend Spaß machte, Leute herumzukommandieren.
„Wollen Sie mir drohen, Mr Christakis?“, fragte sie und stemmte wütend die Fäuste in die Hüften. Nur schade, dass sie nicht größer war. Dann hätte sie nicht immer den Kopf in den Nacken legen müssen, um Loukas anzusehen.
„Nur eine kleine Warnung“, erwiderte er liebenswürdig. „Falls Sie mich und, was noch wichtiger
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