Julia Extra Band 367
verabscheuungswürdigen Schürzenjäger zum perfekten Schwiegersohn-Kandidaten entwickelt. Und das in nur zehn Tagen! Seine regelmäßigen Besuche, sein Interesse an den Zwillingen und seine guten Manieren hatten ihre Wirkung auf Deidre Turner nicht verfehlt. Erin dagegen konnte sich nur schwer an die neue Situation gewöhnen.
Christo und sie waren nicht länger ein Liebespaar. Jene Nacht voller Leidenschaft in Italien kam ihr im Nachhinein vor wie ein Traum. Nun ging Christo regelmäßig bei ihnen ein und aus, um Zeit mit Lorcan und Nuala zu verbringen, übernachtete aber jedes Mal in einem seiner neuen Hotels. Ihr gegenüber war er äußerst zurückhaltend, was Erin als Kränkung empfand. Früher hatte Christo sie jedes Mal stürmisch begrüßt und war unverhohlen leidenschaftlich gewesen. Der neue Christo war reifer und cooler. Er war höflich, ja, sogar rücksichtsvoll, aber äußerst reserviert. Dass er ihr im Park die schlimme Geschichte anvertraut hatte, irritierte sie immer noch.
Der Schwangerschaftsabbruch seiner Frau hatte Christo zutiefst verletzt. Vielleicht hatte er sich ernsthafter mit dem Thema Kinder auseinandergesetzt als andere Männer. Offensichtlich hatte er beschlossen, so viel wie möglich für Lorcan und Nuala zu tun. Wenn er zu Besuch kam, spielte er mit ihnen oder führte sie mit Erin in den Park. An einem Abend, als Erin von der Arbeit erschöpft auf dem Sofa eingeschlafen war, hatte er Deidre sogar beim Baden der Zwillinge geholfen. Er wollte offenbar beweisen, dass er ein guter Vater war, und den Kindern tat seine Präsenz sehr gut. Sein Verhalten beeindruckte Erin, dennoch fragte sie sich besorgt, was er mit seinem selbstlosen Einsatz wohl bezwecken wollte.
Es wurde endlich Zeit, dass sie Sally Jennings zur Rede stellte, um die eigene Unschuld zu beweisen und Christo von ihrer Unschuld zu überzeugen. Doch würde Sally überhaupt mit ihr reden? Vielleicht sollte sie ohne Vorankündigung nach London fahren und Sally im Büro des Spas aufsuchen? Erin beschloss, einen Tag Urlaub zu nehmen und diesen Plan in die Tat umzusetzen.
Am darauffolgenden Morgen um sechs Uhr klingelte das Telefon auf dem Nachttisch. Erin setzte sich im Bett auf, rieb sich die Augen und nahm ab. „Ja, bitte?“
„Erin.“ Es war Christo.
„Warum weckst du mich um diese Uhrzeit?“
„Wir fahren nach Griechenland. Wir alle zusammen und zwar ohne Wenn und Aber!“
Erin holte tief Luft. „Ich habe einen Job und kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen.“
„Natürlich kannst du das, schließlich arbeitest du jetzt für mich“, erinnerte er sie. „Pack bitte eure Sachen. Ich treffe die nötigen Vorkehrungen. Ein Wagen wird euch zum Flughafen bringen.“
„Also gut. Wo genau würden wir denn hinfahren, gesetzt den Fall, ich stimme zu?“, wollte Erin nach kurzem Zögern wissen.
„Auf meine Insel.“
„Heißt das etwa, du besitzt jetzt auch noch eine Privatinsel?“
„Mit einundzwanzig Jahren habe ich Thesos von meinem Vater geerbt.“
„Davon hast du bislang keinen Ton gesagt“, erwiderte Erin pikiert. „Also schön, fliegen wir für ein paar Tage nach Griechenland.“
„Unbedingt!“
„Aber vor unserer Abfahrt möchte ich mit Sally Jennings sprechen. Sie arbeitet doch noch für dich, oder?“
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Ja, sie arbeitet noch für mich“, sagte Christo dann tonlos.
„Ich werde ihr auf dem Weg zum Flughafen einen Besuch abstatten“, bemerkte Erin steif. „Die Zwillinge bringe ich solange zu dir ins Hotel.“
„Gut, ich hole euch im Foyer ab. Aber ich halte das für keine gute Idee.“
„Das ist der Preis dafür, dass ich nach Griechenland fliege“, erklärte Erin mutig. „Entweder rede ich vor dem Abflug mit Sally oder ich fliege nicht.“
„Aber das ist Erpre…“
„Erpressung“, fiel sie ihm ins Wort. „Rate mal, von wem ich das gelernt habe?“
„Wenn ich dir also ein Treffen mit Sally Jennings ermögliche, reist du mit mir nach Griechenland?“
„Selbstverständlich! Ich halte meine Versprechen.“ Erin legte auf und trieb die Kinder aus dem Bett, um sie reisefertig zu machen. Sie fühlte sich von einer Welle neuer Energie erfasst. Es war längst überfällig, dass sie das Heft in die Hand nahm. Die Vorstellung, auf seine Privatinsel zu fliegen, faszinierte sie. Endlich würde er ihr seine Heimat zeigen!
Während die Kinder frühstückten, stand auch Deidre auf. Als sie erfuhr, dass ihre Tochter und
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