Julia Gold Band 51
gehen und ihm gehörig meine Meinung sagen!“ Alexis eilte zur Tür und wollte sie aufreißen, doch sie war abgeschlossen. „Öffnen Sie sofort die Tür!“, befahl sie.
„Seine Hoheit hat angeordnet, dass Sie vorerst hierbleiben, bis er Zeit für Sie hat“, entgegnete Rasheeda ungerührt.
„Und wann wird das sein?“
„Das weiß ich nicht. Vielleicht in einer Woche? Oder in einem Monat? Zuerst muss er sich um wichtigere Dinge kümmern.“
„Er glaubt doch nicht etwa, damit durchzukommen?“
„Seine Hoheit hat unumschränkte Macht und kann tun, was ihm beliebt.“
Alexis maß Rasheeda mit einem zornigen Blick und stürmte an ihr vorbei auf den Balkon. „Hilfe!“, rief sie, so laut sie konnte. „Hilfe!“
Leider musste sie feststellen, dass sie sich im vierten Stock befand. Unter ihr lag ein parkähnlicher Garten mit Palmen, blühenden Sträuchern und einem vielfarbigen Blumenteppich. Zwei Männer, offensichtlich Gärtner, blickten nach oben, als sie ihre Stimme hörten. Verwundert sahen sie sich an, zuckten die Schultern und wandten sich wieder ihrer Arbeit zu.
Verzagt kehrte Alexis ins Zimmer zurück. Noch weigerte sie sich, der schrecklichen Wahrheit ins Auge zu sehen, aber, Hand aufs Herz, traute sie Ali nicht jede Schandtat zu?
„Ich werde Sie jetzt allein lassen“, sagte Rasheeda, die inzwischen zur Tür gegangen war. „Sobald Sie sich etwas beruhigt haben, schicke ich Ihnen Ihre Dienerinnen.“ Blitzschnell schlüpfte sie auf den Gang hinaus und verschloss die Tür hinter sich, ehe Alexis sie daran hindern konnte.
Diese hämmerte in ohnmächtiger Wut mit den Fäusten gegen die Tür. „Öffnen Sie! Sie haben kein Recht, mich hier festzuhalten!“
Sie horchte, und da sich nichts rührte, begann sie, noch heftiger gegen die Tür zu schlagen. „Lassen Sie mich hier raus!“
Niemand reagierte auf ihren lautstarken Protest, und allmählich fing sie an zu begreifen, in welch ausweglose Lage sie geraten war. Ali hatte nie vorgehabt, ihr ein Interview zu geben. Er hatte sich nur an der Frau rächen wollen, die es gewagt hatte, ihn auszutricksen. Mit falschen Versprechungen hatte er sie hierhergelockt, und sie war nun seine Gefangene – in einem fremden Land und ohne einen einzigen Freund.
Wie immer Alis Rachepläne aussehen mochten, sie war ihnen hilflos ausgeliefert.
5. KAPITEL
Nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte, begann Alexis, sich in ihrem luxuriösen Gefängnis umzusehen. Der Balkon bot keine Fluchtmöglichkeit, aber vielleicht fand sie woanders eine.
Sie nahm das Bad in Augenschein. Unter anderen Umständen hätten sie die in den Boden eingelassene Wanne, der goldädrige Marmorfußboden und die kunstvollen Kachelmosaiken sicher in helles Entzücken versetzt. Fliehen konnte man von hier jedoch nicht.
Das Schlafzimmer war ein Traum in Samt und Seide mit einem breiten Himmelbett und mehreren Türen, die leider alle zu Einbauschränken gehörten. Und so herrlich der mit zierlich geschnitzten Möbeln und einem brokatüberzogenen Diwan ausgestattete Salon auch war, eine Möglichkeit zur Flucht fand sich auch hier nicht.
Seufzend ließ Alexis sich auf einen Stuhl sinken. Wie hatte sie nur so dumm sein können, mit offenen Augen in diese Falle zu tappen? Allerdings hatte sie unmöglich ahnen können, dass Ali sich zu einer so drakonischen Strafmaßnahme würde hinreißen lassen. Schließlich lebte man im einundzwanzigsten Jahrhundert.
Doch Ali Ben Saleem war kein moderner Mann. Als Herrscher seines Landes galt für ihn nur das eigene Gesetz.
Alexis hob den Kopf, als jemand die Tür aufschloss. Statt des von ihr erwarteten Ali betraten zwei junge Mädchen in schlichter Kleidung das Zimmer, die sich respektvoll vor ihr verneigten. Eine von ihnen ging ins Bad und ließ Wasser ein. Alexis unterdrückte ihre erneut aufsteigende Wut. Müde und verschwitzt, wie sie war, fand sie den Gedanken an ein Bad sehr verlockend.
Sie zog sich aus und glitt in das angenehm duftende Wasser. Während sie bis zum Hals im Schaum versank, überlegte sie sich, was sie Ali beim nächsten Wiedersehen alles sagen würde. Aber wann mochte das sein? Rasheeda hatte angedeutet, dass sie sich noch eine Weile gedulden müsse.
Als Alexis aus dem Wasser stieg, hielten die beiden Mädchen ein flauschiges weißes Handtuch für sie bereit. Sie trocknete sich ab und sah sich nach ihrer Kleidung um. Statt des grünen Gewandes, das sie auf der Reise getragen hatte, brachte ihr eines der Mädchen ein pfauenblaues,
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