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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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gleichzeitig angestürmt. Gwen mixte sofort Wodka Tonics für alle, eine Tätigkeit, mit der sie Erfahrung hatte, während ich mit Tellern und Gabeln herumfuhrwerkte und mich dann dem Pot-au-Feu widmete. Ich versuchte ihn hübsch anzurichten, platzierte je eine Gemüsesorte in die vier Ecken einer riesigen Servierplatte und einen Berg von der Fleischmischung in die Mitte. Aber es gibt Gerichte, bei denen man gar nicht erst versuchen sollte, sie hübsch anzurichten, und dazu gehören Eintöpfe. Meine Bemühungen führten zu einem mittelalterlichen Haufen Fleisch, und das geziert separat angeordnete Gemüse betonte nur das im Grunde barbarische Essen.
    Nein, Eintöpfe sind nicht zum Anschauen, sondern zum Essen da. Alle bedienten sich, und es sah aus, duftete und schmeckte so, wie es sollte. Jeder von uns hatte Fleischsoßenspritzer auf dem Bauch, so was nimmt den Gästen die Befangenheit.
    Der Kartoffel-Rote-Bete-Salat hatte allerdings einen ziemlich irritierenden Rosaton.
    »Ich glaube, wir - als Gattung, meine ich - sind nicht dazu bestimmt, rosafarbene Nahrung zu uns zu nehmen«, gab Brian zu bedenken, als er sich vorsichtig eine kleine Portion nahm. »Mich befällt dabei eine Art Urangst.«
    »Und was ist mit Zuckerwatte?«, konterte Gwen, die sich hemmungsloser Salat auf ihren Teller häufte.
    »Na ja, gut, dann vielleicht kein feuchtes rosa Essen.«
    »Und Erdbeereis?«, schlug Sallys Freund David kühn vor, obwohl auch er ein bisschen grünlich aussah.
    »Dann kein feuchtes, salziges rosa Essen.«
    Aber dann probierten alle und waren einhellig der Meinung, dass Urängste dazu da waren, überwunden zu werden.
    »Erstaunlich, diese Roten Bete. Man denkt doch immer, die mag keiner«, sagte Eric, der seinerseits schon beträchtlich rosiger aussah und sich zum zweiten Mal nahm.
    »Wie Rosenkohl, oder?«
    »Ich liebe Rosenkohl!«
    »Ich auch!«
    »Ja, ja, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass man von Rosenkohl denkt , er schmeckt widerwärtig.«
    »Ich habe als Baby eingemachte Rote Bete gegessen«, sagte ich. Daran hatte ich seit Jahren nicht mehr gedacht. »Mom hielt mich für verrückt. Später hörte ich natürlich damit auf, denn wer isst schon Rote Bete? Aber wisst ihr, was das Tolle an Roten Beten ist? Sie sind richtig schön. Wenn man sie kocht und schält und aufschneidet, sind sie innen fantastisch blutrot marmoriert. Aber wer weiß das schon?«
    Später - alle waren schon angeheitert und nahmen sich zum zweiten und dritten Mal - durchfuhr mich plötzlich ein kleiner Schmerz, als ich meine Freunde so beim Essen um den Tisch sitzen sah, auf gepolsterten Hockern und Umzugskartons, in einem miesen, schummerigen Apartment in Long Island City. Da war Sally mit ihrem neuen Freund, der gefährlich gut aussehend und lustig war und die Finger nicht von ihr lassen konnte. Da war Brian, geradezu unwahrscheinlich schön, und grinste über das ganze Gesicht, während er Eric die Sache mit den Superstrings erklärte, und der wiederum sah aus, als sei er noch nie im Leben einen Tag krank gewesen. Da saß Heathcliff, der morgen zu seiner Freundin nach Arizona zurückflog und übermorgen wer weiß wohin, und flirtete liebenswürdig mit Gwen, so wie Freunde flirten, die niemals ein Paar werden, und schließlich Gwen, die ihren Teller mit einem heiseren Lachen zurückschob und sich die erste Zigarette anzündete. »Hey«, sagte sie und zeigte zur Decke. »Hör ich da oben was rumkriechen?«
    »Ach, das ist nur die Katze.«
    »Welche, Cooper?«
    »Ja.«
    »Verrückt.«
    Ich kam mir plötzlich wie ein Heldin bei Jane Austen vor (außer dass die Heldinnen bei Jane Austen natürlich nie kochen), die verwirrt die Menschen, die sie liebt, betrachtet und die Myriaden unvorhersagbarer Paarbildungen und -auflösungen bedenkt. Am Ende dieses Austen-Romans würde es allerdings keine Hochzeiten geben, kein Happy End, überhaupt keinen Schluss. Nur Scherze, Freundschaften, Romanzen und wundervolle Unabhängigkeitserklärungen. Und ich merkte, dass es mir zumindest an diesem Abend egal war, ob jemand der Ehetyp war oder nicht, sogar bei mir selbst. Wer wusste das schon? Keiner von uns wusste genau und mit Sicherheit, zu welchem Typ er gehörte; es reichte, wenn wir zu den Menschen gehörten, die gern beisammensitzen, miteinander essen und sich gut unterhalten können.
    Dies zeigt nur, dass Essenseinladungen so sind wie alles andere - nur halb so kompliziert, wie wir glauben.
    Die Bavarois à l’Orange erwies sich als, nun ja,

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