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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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nahm Joe an, dass der Sheriff die Bildung der Arbeitsgruppe als Schlag ins Gesicht empfand.
    Während Hersig Tagesordnung und Akten verteilte, ließ Joe den Blick über die Männer am Tisch schweifen. Zusätzlich zu Hersig, Barnum, McLanahan und Dan Harvey (dem Sheriff von Park County) waren zwei Personen von außen dazugestoßen, die Joe bereits kennengelernt hatte: Bob Brazille von der Kriminalpolizei Wyoming sowie FBI-Spezialagent Tony Portenson, den wiederzusehen Joe einen trockenen Mund bereitete.
    Brazille war trotz seines hängebackigen Säufergesichts recht umgänglich, Portenson dagegen düster und verkniffen. Seine Augen standen eng beieinander, die Narbe an der Oberlippe erweckte den Eindruck eines ständigen Grinsens. Portenson war bei Joes Eintreffen bereits auf seinem Platz gesessen und hatte ihn nur grußlos angestarrt, als wären sie Verschworene.
    »Wie Sie alle wissen, hat Gouverneur Budd die rasche Aufklärung der Untaten versprochen«, begann Hersig. »Unsere Aufgabe ist es, dieses Versprechen umzusetzen. Jeder von Ihnen hat eine Mappe mit den bisherigen Erkenntnissen vor sich liegen. Ich hoffe, Sie nehmen sich etwas Zeit, um sie mit mir durchzugehen.«
    Joe hatte schon mit der Lektüre begonnen. In der Akte waren Kopien der vom Sheriffbüro erstellten Protokolle über die Rinderkadaver auf der Hawkins Ranch sowie über das Auffinden von Tuff Montegues Leiche. Sein vorläufiger Nekropsiebericht über den Elch war ebenfalls enthalten. Joe war ein wenig erstaunt darüber, dass Hersig sich das Schreiben von der Zentrale hatte kommen lassen, ohne dies ihm gegenüber zu erwähnen. Es gab Dutzende Seiten teils farbiger, teils schwarzweißer Fotos vom Tatort sowie Landkarten von Twelve Sleep und Park County, auf denen Kreise anzeigten, wo die Verbrechen verübt worden waren. Die vorläufigen Autopsieergebnisse der in Park County gefundenen Leiche waren ebenso beigefügt wie der Bericht zu Tuff Montegue. Die Toten waren zur näheren Untersuchung ins FBI-Labor in Virginia gebracht worden. Auch Ausschnitte aus lokalen und landesweit erscheinenden Zeitungen zu den Morden und Rinderverstümmelungen waren Teil der Akte.
    Es war nicht überraschend, dass die Autopsie- und Nekropsieberichte einander stark ähnelten. Haut war vom Gesicht abgezogen, Zunge, Augen und Ohren (oder Teile der Ohren) entfernt, Kühen das Euter abgeschnitten worden. Genitalien waren verschwunden, After entkernt. Die Schnitte wurden als »sauber und mit chirurgischer Präzision geführt« beschrieben.
    Wie Joe erstaunt feststellte, fand sich eine Ausnahme in Tuff Montegues Autopsiebericht, denn die Schnitte in seinem
Gesicht wurden als »gekerbt oder gezackt und denen an Genitalien und After ähnlich« beschrieben.
    Um sich zu vergewissern, blätterte Joe zurück. Tatsächlich, nur bei Tuff war von »gezackten Schnitten« die Rede. Das mochte eine bloße Anomalie oder ein Fehler sein. Der Leichenbeschauer des Countys führte nicht viele Autopsien durch und verbrachte mehr Zeit im Anglerladen als in seiner kleinen Leichenhalle. Joe nahm sich vor, nach der Unstimmigkeit zu fragen, wenn das Gespräch in Gang gekommen war.
    Doch noch etwas anderes fiel ihm auf. Nirgendwo war Oxindol erwähnt.
    »Beginnen wir am Anfang.« Hersig zog Joes Bericht über den Elch aus der Akte.

    Unter Robey Hersigs Leitung ging die Arbeitsgruppe die Berichte systematisch durch. Alle waren sich einig, die Aspekte der Untersuchung aufzuteilen: Die Sheriffs Barnum und Harvey sollten sich jeweils auf den Mord in ihrem County konzentrieren, Agent Portenson den Informationsfluss zwischen den lokalen Ordnunghütern und dem FBI erleichtern, Brazille Kontakt zum Büro des Gouverneurs halten und Joe den Verstümmelungen an Wildtieren und zudem »allem Ungewöhnlichen« nachgehen. Als er den Bezirksstaatsanwalt das sagen hörte, fuhr er zusammen. Hersig lächelte ihn nur an.
    »Alle eingehenden Berichte werden an mein Büro geleitet, das als Kommunikationszentrum fungiert.« Er musterte die Anwesenden streng. »Nichts wird zurückgehalten, egal, aus wessen Bereich und Zuständigkeit die Informationen stammen. Wir sitzen alle im selben Boot.«
    Portensons Absichten waren Joe noch nicht ganz klar. Der
FBI-Agent hörte Hersig nur sporadisch zu und sah die Dokumente in der Reihenfolge durch, in der der Bezirksstaatsanwalt sie ansprach, verdrehte aber regelmäßig die Augen und starrte an die Decke. Joe konnte seine Anwesenheit kaum ertragen. Der FBI-Mann weckte in ihm dunkle

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