Kampf für Freiheit
meinst du, dass du mich mit diesem Stock aufhalten kannst?«
»Lass mich in Ruhe«, sagte Marcus so bestimmt, wie er nur konnte. »Das ist meine letzte Warnung.«
»Oh, jetzt habe ich aber Angst.« Ferax tat so, als müsste er zittern. »Wirklich.«
Marcus begriff, dass es keinen Ausweg mehr gab. Nichts, was er sagen würde, konnte Ferax noch von diesem Kampf abhalten.
Als er sich damit abgefunden hatte, spürte Marcus, wie er im Herzen und im Kopf auf einmal ganz ruhig wurde. Er würde kämpfen und höchstwahrscheinlich verlieren. Aber er würde Ferax dabei so viel Schmerzen zufügen wie irgend möglich.
»Dann bin ich nicht das Einzige, was dir Angst einjagt«, erwiderte Marcus. »Ich habe dich gesehen, als du auf das Brandeisen gewartet hast. Ich habe gesehen, wie viel Angst du hattest. Ich habe gesehen, dass du gebibbert hast wie ein Feigling. Deswegen hasst du mich so, stimmt’s?«
Ferax blieb sechs Fuß von Marcus entfernt stehen und straffte den Gürtel zwischen seinen Händen. »Ist der Grund wichtig? Ich hasse dich einfach und ich will dir wehtun, Römer.« Er begann, den Gürtel um seine rechte Faust zu schlingen, sodass die Schließe über den Knöcheln lag. Dann machte er langsam einen Schritt auf Marcus zu und kauerte sich zum Sprung zusammen. Marcus hob den Schwammstock hoch und stürzte sich auf seinen Gegner, ehe der ihn angreifen konnte. Er traf Ferax mit dem schmutzigen, in Essig getauchten Schwamm hart an der Backe, und der schrie vor Überraschung und Schmerz laut auf, während Marcus mit dem Stock weiter auf sein Gesicht stieß und auf die Augen zielte. Wie er gehofft hatte, hob Ferax die Hände, um sich vor dem Schlag zu schützen. Der Kelte packte den Stock und riss ihn Marcus aus der Hand. Der ließ los, warf sich mit Schwung auf den Jungen und hieb ihm mit aller Kraft die Fäuste in den Leib.
»Uff!«, stöhnte der Kelte, als er sich vor Schmerz nach vorn krümmte.
Marcus schlug noch einmal zu, änderte dann die Richtung und hämmerte Ferax die Faust auf die Nase. Doch der ältere Junge hatte seine Überraschung schnell überwunden. Er stieß ein animalisches Heulen aus und ignorierte die Schläge, die Marcus auf ihn niederprasseln ließ. Er stieß Marcus mit der Linken zurück und hieb ihm dann die Rechte brutal in die Seite.
Es war ein scharfer, schmerzhafter Schlag, der Marcus den Atem nahm. Doch Marcus wusste, dass Ferax ihn zermalmen würde, wenn er jetzt aufhörte, sich zu wehren. Der Kelte hämmerte ihm erneut die Faust in die Seite, zielte dann auf Marcus’ Kopf und erwischte ihn am Kinn. Die Gürtelschließe schnitt Marcus ins Fleisch und er sah weiße Lichtblitze und wirbelnde Funken vor seinen Augen. Er taumelte einen Schritt zurück. Ferax verfolgte ihn, schlug ihn wieder, diesmal gleich neben das Ohr. Marcus spürte, wie ihm die Beine versagten, und fiel auf die Knie. Er hob instinktiv die Hände, um seinen Kopf zu schützen. Ferax schlug ihn wieder, und diesmal fiel Marcus mit einem Keuchen rücklings auf die Steinplatten des Fußbodens. Über ihm verschwamm das wutverzerrte Gesicht des Kelten im dämmrigen Licht der Feuerschale. Dann beugte sich Ferax über ihn und versetzte ihm noch einen Hieb und noch einen und noch einen, bis er das Bewusstsein verlor.
»Du bist spät dran«, sagte Brixus mürrisch, als er sich Marcus am nächsten Morgen von hinten näherte. »Ich schlag dich grün und blau, wenn du diese Feuer nicht rechtzeitig angezündet bekommst.«
Mit steifen Gliedmaßen erhob sich Marcus aus der Hocke, nachdem er das Anmachholz entfacht hatte. Er hielt die Augen auf Brixus’ Stiefel gesenkt und nickte. »Es tut mir leid, Brixus. Es soll nicht wieder vorkommen.«
Seine Stimme klang gepresst und gedämpft. Brixus trat einen Schritt näher, hob das Kinn des Jungen ein wenig an, um ihm ins Gesicht schauen zu können, und hielt die Luft an.
»Sieht ganz so aus, als hätte dich jemand gründlich verdroschen, Junge.«
Marcus’ linkes Auge war völlig zugeschwollen. Sein Gesicht war voller Platzwunden und Blutergüsse und seine Lippen waren aufgeplatzt und blutverkrustet. Er hielt schützend eine Hand an die Rippen. Brixus pustete die Backen auf und führte Marcus zu einem Schemel in der Ecke der Küche. »Setz dich hierhin. Ich gebe dir was anderes zu tun.«
»Mir geht’s gut«, murmelte Marcus.
»Nein, das tut es nicht«, antwortete Brixus mit einem traurigen Lächeln. »Du siehst furchtbar aus. Und jetzt tust du, was ich dir sage, und setzt dich hin.«
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