Kanaken-Gandhi
der kurzen Zeit haben Sie das aber gut hingekriegt«, lobe ich sie, »andere schaffen das nicht mal in einem Monat.«
»Osman, halt’s Maul, oder bin ich eben nicht hart genug auf deinen Kopf gesprungen?« zischt Eminanim gehässig auf türkisch. »Das war kein Zufall, das kann ich jederzeit wiederholen.«
»Bei Allah, wer braucht die Ausländerbehörde oder die Rechtsradikalen zum Feind, wenn man dich zur Frau hat?«
»Viel Feind, viel Ehr’«, kontert Eminanim.
»Herr Engin, ich habe gestern den ganzen Tag drüber nachgedacht. Es gibt nur noch eine Möglichkeit, wie wir Ihre Abschiebung verhindern können«, ruft Frau Tanja dazwischen.
Schämen sollen sie sich und auf der Stelle im Boden versinken, all die Leute, die behaupten, die deutsche Sprache sei nicht melodisch. Alle Sprachen der Welt würden neben dem Wohlklang von Frau Tanjas Stimmbändern zu verrosteten Türscharnieren.
»Mein Kind, wie wollen Sie das denn schaffen«, fragt Eminanim von oben herab. »Wollen Sie ihn etwa auch im Schnellverfahren heiraten?«
»Nein, dafür ist es jetzt schon zu spät. Da Herr Engin nicht soviel Vitamin B hat, müssen wir es jetzt mit Vitamin G
versuchen. »
»Das sagt sein Arzt auch immer. Aber woran sehen Sie das?
Etwa an seinem Haarausfall?« blamiert mich Eminanim vor meiner Angebeteten.
»Weil Ihr Mann keine Beziehungen hat, muss man es halt mit Vitamin G versuchen: G wie Geld!«
»Aber das hat er ja noch weniger als Haare.«
»Das ist egal. Das ist unsere letzte Chance. Wir müssen versuchen, Frau Kottzmeyer-Göbelsberg von der
Ausländerbehörde zu bestechen.«
»Glauben Sie wirklich, dass das die richtige Methode ist?
Dieser Idiot Osman hat doch schon alles vermasselt, als er der Frau erzählt hat, wie er seinerzeit die deutschen Behörden in Istanbul mit seinem falschen Urin ausgetrickst hat.«
»Machen Sie sich mal keine Gedanken, Frau Engin, irgendwie wird das schon klappen.«
»Mein Kind, Sie sind ja reichlich naiv, wir sind hier doch nicht im Orient.«
»Ach, Frau Engin, in den letzten Jahren hat sich in Deutschland auch so einiges geändert. Es soll keine einzige Behörde mehr geben, in der man mit Bestechung nicht weiterkommt.«
»Aber womit sollen wir die alte Schlampe denn bestechen?
Etwa mit seinem abgeschnittenen Ohr? Wir haben doch überhaupt kein Geld mehr, wir haben nur noch Schulden.«
»Aber das ist doch kein Problem, ich könnte euch doch ein paar Mark leihen«, ruft Recep dazwischen.
»Also, Frau Tanja, ich bin ja bereit, alles zu versuchen, was Sie mir vorschlagen. Aber ich weiß wirklich nicht, ob das die richtige Methode ist?« sage ich leise und versuche ihr dabei zur Abwechslung auch mal in die Augen zu schauen. »Eine deutsche Beamtin bei der Arbeit bestechen zu wollen, ist garantiert ein Ausweisungsgrund für sich.«
»Aber doch nur, wenn es Zeugen dafür gibt. Ihre Frau kommt am besten diesmal nicht mit. Und ohne Zeugen nehmen deutsche Beamte inzwischen alles mit, was nicht angenagelt ist.«
»Nun ja, Frau Tanja, ich habe keine Wahl, ein Ertrinkender klammert sich in der Not auch an eine Schlange. Lasst es uns versuchen. Aber wir müssen das Schmiergeld so verkaufen, als wäre es ein Geschenk. Denn unter dem Deckmantel Geschenk -
Gastgeschenk, Geburtstagsgeschenk, Jubiläumsgeschenk oder Hochzeitsgeschenk - kann man fast jedes Schmiergeld ohne Hemmungen übergeben.«
»Herr Engin, wir haben jetzt Juni. Sie haben keine Zeit mehr, um bis auf Weihnachten zu warten oder herauszubekommen, wann die Zie ge mal was zu feiern hat. Darum hätten Sie sich vorher kümmern müssen. Aber wenn Sie sich heutzutage geschickt anstellen, dann können Sie jeden deutschen Beamten jederzeit mit irgendwas bestechen. Einen Versuch sollte es wert sein.«
»Aber wenn das rauskommt, können die mich allein deswegen abschieben.«
»Abgeschoben werden Sie sowieso. Ist doch egal weswegen, und mehr als einmal kann man Sie ja nicht abschieben.«
»Vater, meine Schwägerin hat recht«, sagt Recep, »versuchen kannst du es ja. Zweimal kann man niemanden köpfen.«
»Also gut, dann gehe ich jetzt noch ein einziges Mal zu der alten Gewitterziege. Nach der Sache schickt mich die Kottzmeyer-Göbelsberg in die Antarktis und nicht mehr nach Indien. Aber, Frau Tanja, Sie müssen mitkommen, um mir den Weg freizumachen bei der Behörde.«
»Dann braucht ihr mich ja nicht«, ruft Eminanim trotzig, »ihr könnt ja anscheinend alles alleine. Ich gehe jetzt ins Bett, ich schlafe schon im
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