Karma-Attacke (German Edition)
Faust sogar schon wieder ballen. Er zählte seine Möglichkeiten auf, um sich daran hochzuziehen: Du kannst eine Waffe laden und abfeuern. Mit ein bisschen Glück könntest du einen Automatikwagen lenken. Du hast noch nicht verloren, Ackers.
Er sagte sich das mehrfach, doch er glaubte es nicht wirklich. Er fühlte sich als der letzte Versager.
Er ging die Möglichkeiten durch, wie er die Spur wieder aufnehmen konnte. Er hatte immer noch die Handynummer von Professor Ullrich und die Nummer von dem Abschleppfahrzeug. Er könnte den Typen in die Mangel nehmen und alles aus ihm herausquetschen. Doch er ahnte schon, wie sinnlos das wäre. Der war nur ein Handlanger und wusste gar nichts. Der war gekauft, um zu beweisen, was für ein kleiner, dummer Spießer dieser Kommissar Ackers war. Sie hatten sich alle gegen ihn verschworen. Staatsanwältin Benthin. Van Ecken. Wust. Tom Götte. Marga Vollmers.
Ihn packte der große Weltschmerz. Er war sonst kein weinerlicher Typ und Aufgeben gehörte nicht gerade zu seinen hervorstechenden Eigenschaften, doch etwas in ihm brach innerlich zusammen. Gleichzeitig wuchs etwas anderes. Er spürte es zunächst als Körperreaktion. Dort, wo die Injektionen im Körper wirkten, wurde es heiß. Er fühlte genau, wo das Zeug entlangfloss. Obwohl er voll angezogen war, konnte er es scheinbar durch seine Adern fließen sehen. Etwas in ihm wehrte sich gegen die Injektionen und versuchte, das Gift einzudämmen.
Er sah sich als seine eigene digitale Simulation. Das Netzwerk seiner Venen und Adern, die Muskelstränge, das wild pochende Herz, der Magen, in dem Säure blubberte wie kochendes Ata-Blut.
Der Vernunftmensch Ackers wusste, dass er das nicht wirklich sehen konnte, sondern sein Gehirn das Bild nur aus vorhandenen Informationen zusammensetzte. Er hatte oft ähnliche Bilder gesehen. Im Fernsehen oder bei Computerprogrammen. Aber nie bei sich selbst in voller Größe durch seinen Anzug hindurch.
Das Xu-Bewusstsein in ihm breitete sich aus. Xu fand die Wunden lächerlich und gar nicht der Rede wert. Dieser Körper würde sowieso bald verfallen. Ob er an einer Verletzung starb oder an einer Krankheit, war doch völlig belanglos. In der nächsten Inkarnation, so versprach Xu, würde er sich einen besseren Körper suchen. Den eines Boxers oder Marathonläufers. Nicht mehr den eines Chips fressenden Bürohengsts. Xu wehrte sich gegen das Schmerzmittel. Er fürchtete, seine Reaktionen könnten sich verlangsamen, sein Instinkt getrübt werden, die Klarheit seiner Wahrnehmung abnehmen.
Xu mochte Schmerzen. Schmerzen machten wach. Schärften die Aufmerksamkeit. Klärten das Bewusstsein. Vor jedem Kampf hatte Xu sich mit einer scharfen Klinge Schnittwunden zugefügt. Nicht tief, aber schmerzhaft. An den Armen, im Gesicht und auf den Oberschenkeln. Ackers sah es genau vor sich, und es erinnerte ihn auf bestürzende Weise daran, wie er sich als Jugendlicher samstagabends vor jedem Discobesuch vor dem Spiegel die Pickel ausgedrückt hatte.
Von wegen Bettruhe! Xu lachte. Gehirnerschütterung! Was soll das denn heißen? Dein Gehirn hat uns bisher sowieso nur geschadet. Verlass dich jetzt ganz auf deine Intuition. Hör auf, nachzudenken und zu kombinieren. So kriegst du Toi nie.
Ackers ging über die Straße, ohne auch nur eine Vorstellung davon zu haben, wo er sich wirklich befand. Er wich Hindernissen aus, rempelte Menschen an und entschuldigte sich mit einem Nicken, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. An einer Ampel wartete er brav auf Grün. Nichts davon drang in sein Bewusstsein. Er lief durch die Straßen, wie er atmete, ohne darüber nachzudenken. Seine Beine jagten etwas nach, dessen Standort er noch gar nicht kannte. Er eilte vorbei an Musikläden, Boutiquen und Cafés. Die Menschen sahen ihn an wie einen schwitzenden Irren, der zielstrebig durch die Innenstadt eilte.
Sieh nur, wie weit uns deine fünf Pfund Gehirn gebracht haben! Vergiss den ganzen Mist! Jetzt kommt der Endkampf zwischen Toi und Xu. Das ist alles, worum es geht. Darum ist es die ganze Zeit gegangen. Alles andere ist völlig nebensächlich. Konzentrier dich jetzt auf deine Hillruc-Kraft. Du musst Lin finden, bevor Toi sie tötet.
Schwer atmend blieb Ackers abrupt stehen. Er schloss die Augen.
Erinnere dich an deine Hillruc-Kraft. Lass sie einfach zu. Unterdrück sie nicht länger. Geh hinein in seine Gedanken. Sieh die Welt mit seinen Augen. Du kannst sein Gehirn kontrollieren. Du bist Xu! Die Kraft deiner Gedanken kann über
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