Karma-Attacke (German Edition)
aus, als könnte von Tom eine Gefahr ausgehen. Der Junge wollte nicht aufgeben, versuchte eine Finte, machte einen Ausfall, aber nach wenigen Metern wurde er durch eine Polizeipistole gestoppt, die sich hart in seine Seite bohrte.
«Nicht schießen, verdammt noch mal, nicht schießen!», rief der Einsatzleiter.
Das lenkte Ulf Jäger für einen Moment ab. Er hatte die beiden zwar gestellt, befürchtete aber, alles falsch gemacht zu haben. In dem Augenblick trat Marga ihm gegen das Schienbein. Der Schmerz breitete sich in ihm aus wie ein Höllenfeuer. Er bückte sich und griff nach der Stelle, da traf ihn der nächste Tritt in die Seite. Ihm blieb die Luft weg. Einmal, beim Judotraining, war ihm eine Rippe gebrochen worden, und das hatte lange nicht so wehgetan.
Die dicke Frau rannte los, als könnte sie es mit jedem Sprinter aufnehmen. Jäger wollte brüllen: «Hinterher! Schnell!», aber er bekam kein Wort heraus. Auch diesen Punkt verlor er an seinen Boss, denn der stellte sich Marga Vollmers in den Weg, ohne seine Waffe zu ziehen. Er drehte ihr den rechten Arm auf den Rücken und sagte sein Sprüchlein auf: «Im Namen des Gesetzes, Sie sind verhaftet. Alles, was Sie ab jetzt sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen. Wenn Sie glauben, sich keinen Anwalt leisten zu können, wird Ihnen ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt.»
Fischer Zwei gebrauchte diese Sätze wie Handschellen. Er hatte schon oft beobachtet, wie aus kleinen Gangstern jeder Lebensmut entwich, sobald sie sie hörten. Aus Aggression wurde plötzlich Reue, unbändige Wut verwandelte sich in Tränen und Gejammer. Manch einer, den der Schlag eines Polizeiknüppels nur noch renitenter gemacht hätte, brach innerlich zusammen, wenn diese Formel gesprochen wurde.
Nicht so Marga Vollmers. Fischer Zwei glaubte schon, gewonnen zu haben, ließ locker und drehte sie um, um ihr in die Augen sehen zu können, da rammte sie ihm ihr Knie in die Weichteile. Sie stürmte weiter wie ein ausgebrochener Stier.
Während sich um Tom Göttes schmale Unterarme Handschellen schlossen, rannten die Beamten Wagner und Krahwinkel mit mulmigem Gefühl im Magen Marga Vollmers hinterher. Sie sahen, wie Ulf Jäger und Fischer Zwei sich vor Schmerzen krümmten, und fürchteten beide, dass ihnen das Gleiche passieren könnte. Auf keinen Fall durften sie sich auch noch von dieser fetten, unbewaffneten Frau niederwalzen lassen. Sie waren beide bereit, zu schießen, hofften allerdings, dass der jeweils andere es tun würde. Denn mit Ruhm bekleckern konnte sich bei dieser Aktion keiner mehr.
Sie liefen jetzt links und rechts neben Marga Vollmers her. Die Frau hatte einen hochroten Kopf und japste nach Luft. Krahwinkel redete auf sie ein, sie solle aufgeben, das habe doch alles keinen Sinn mehr. Er hätte gern gewusst, welcher Straftat sie beschuldigt wurde, hatte aber nicht die geringste Ahnung.
Wagner versuchte es auf die psychologische Tour. «Mein Name ist Bernd Wagner. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt und seit sechs Monaten verheiratet. Ich habe nichts gegen Sie. Wir können in Ruhe über alles reden. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.»
Marga Vollmers lief unbeirrt weiter.
Wagner war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt gehört hatte. Als er sie an der linken Schulter berührte, drehte sie sich zu ihm um und knallte ihm eine. Seine Wange brannte und er spürte ein leichtes Schwindelgefühl, vor allen Dingen aber war ihm das Ganze peinlich.
Schließlich blieb Marga stehen. Ihr Kreislauf spielte nicht mehr mit. Sie musste sich festhalten, also klammerte sie sich an Wagner, dem sie gerade eine Ohrfeige verpasst hatte. Sie spürte die Ohnmacht kommen wie eine tiefe Narkose. Er konnte sie allein nicht halten und warf seinem Kollegen einen flehentlichen Blick zu. Der zögerte noch, ob er seine Waffe einstecken sollte, um besser zupacken zu können, oder nicht, da brach Wagner unter dem Gewicht von Marga Vollmers zusammen.
58
Na klasse!», brüllte Harald van Ecken. Er sah den Glückstreffer eher als Fortsetzung seiner Pechsträhne.
Staatsanwältin Benthin stützte den Kopf in die Handflächen. Sie fand es genauso deprimierend wie van Ecken, hatte aber gar nicht erst damit gerechnet, dass es anders laufen würde.
«Nein», sagte van Ecken und schüttelte den Kopf, «Sie haben uns nicht rechtzeitig informiert. Niemand ist auf die Idee gekommen, sich dranzuhängen und sich zu Vivien Schneider und Professor
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