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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Für einen Moment hing die Frage im Raum, was jetzt geschehen sollte. Brigitte Zablonski hätte sich gern an der weiteren Klärung des Falles beteiligt, denn auch sie suchte den direkten Weg zu Professor Ullrich. Die Videoaufnahmen von Vivien hatten sie tief beeindruckt. Sie wollte versuchen, van Ecken zu überzeugen. Schnell nahm sie einen Brief vom Schreibtisch und hielt ihn hoch.
    «Sehen Sie, Herr van Ecken, wenn Sie diesen Brief mit den modernen Methoden der Wissenschaft untersuchen, können Sie viel darüber herausfinden. Sie können das Papier wiegen, seinen Holzgehalt bestimmen und die chemische Zusammensetzung der Tinte feststellen. Das wäre für Ihr Labor ein Kinderspiel, stimmt’s?»
    Van Ecken nickte. «Natürlich.»
    «Sie könnten die Häufigkeit der einzelnen Buchstaben zählen und würden sehen, dass einige öfter vorkommen als andere. Alles, was Sie darüber herausfinden, ist unwiderlegbar richtig. Überprüfbar. Jedes Labor der Welt käme mit exakten Methoden zum gleichen Ergebnis. Es würde jeder Prüfung standhalten. Nur, Sie wüssten immer noch nicht, ob es sich um eine Rechnung handelt oder um einen Liebesbrief, denn dazu müssten Sie die Symbole entschlüsseln können. Und genau das tun Leute wie Professor Ullrich. Ich bin sicher, dass er keine Ahnung davon hat, wie sich die Tinte chemisch zusammensetzt. Der Holzgehalt des Papiers interessiert ihn nicht. Er sucht das, was dahinter liegt. Das Eigentliche. Papier und Tinte sind nur Erscheinungsformen, über die sich uns etwas anderes offenbart: eine Botschaft. Wenn Sie die verstehen, macht Sie die Botschaft vielleicht glücklich, weil es ein Liebesbrief ist. Vielleicht erschrecken Sie, weil es eine Mahnung ist und Sie nicht wissen, wie Sie sie begleichen sollen. Aber was da auf Sie wirkt, lieber Herr van Ecken, ist nicht das Papier, ist nicht die Tinte, sondern die Botschaft. Die hat Einfluss auf ihre Gefühle.»
    Van Ecken nahm ihr den Brief ab. «Ich kann lesen», sagte er schroff. «Ich wiege das Papier nicht und lasse auch die Tinte nicht chemisch analysieren. Ich lese einfach, was dasteht.»
    «Dann haben Sie ja mit dem Mann, den Sie jagen, etwas gemeinsam. Denn nichts anderes tut Professor Ullrich. Der Körper ist nur die Erscheinungsform, in der die Seele - die Botschaft - inkarniert.»
    Für Bruchteile von Sekunden hing van Eckens Unterlippe schlaff herab. Frau Zablonski schien es nicht zu bemerken, während Staatsanwältin Benthin nicht ohne Genugtuung registrierte, dass er für einen Augenblick lang ratlos war.
    «So, wie Sie hier vor mir stehen, Herr van Ecken, sind Sie doch auch mehr als ein gut funktionierendes Herz mit einer Lunge in edlem Zwirn. Sie sind nicht Ihr Körper, Sie bewohnen ihn nur.»
    «Jetzt reicht’s!», fauchte van Ecken. «Ich will von Ihnen nicht analysiert werden! Halten Sie sich zu unserer Verfügung.»
    Er wies zur Tür. Brigitte Zablonski schaute ihn mit unverminderter Freundlichkeit an, machte eine kurze Pause und sagte ihm schließlich: «Wenn Sie eine Rückführung machen wollen, um festzustellen, was Sie eigentlich mit diesem Fall zu tun haben, stehe ich Ihnen dafür jederzeit zur Verfügung.»
    Jetzt brüllte van Ecken. «Rückführung? Wie Sie es mit meinem Kollegen Ackers gemacht haben? Glauben Sie, ich will auch als armer Irrer durch die Gegend laufen?» Er richtete den Zeigefinger auf sie. «Glauben Sie ja nicht, dass Sie mich genauso an der Leine herumführen können wie meinen Kollegen! Ich werde mit eurer ganzen Bagage aufräumen! Ich höre nicht auf, so lange die Sache nicht lückenlos geklärt ist, und wenn Sie oder irgendeiner Ihrer sauberen Kollegen Dreck am Stecken haben, dann, glauben Sie mir, werde ich Sie zur Rechenschaft ziehen!»
    Van Ecken hatte plötzlich Mitgefühl mit Ackers, dessen Leben von dieser Frau zerstört worden war. Was ihn selbst anging, er würde sich schützen. Er würde keine Rückführung machen, auf gar keinen Fall. Stattdessen würde er einen Mörder fangen. Das war sein Handwerk. Und dann würde er diesen Fall so schnell wie möglich vergessen. Das Ganze sollte nicht mehr sein als ein Sprungbrett für seine weitere Karriere.
    Marion Benthin stand auf und ging ein paar Schritte, die Zablonski blieb ungerührt sitzen.
    «Auf wen sind Sie eigentlich so wütend?», fragte sie. «Ich habe Ihnen nichts getan. Haben Sie solche Angst vor einer Rückführung?»
    «Raus!»
    Nun stand Brigitte Zablonski auf, schaute sich noch einmal um und ging an der Staatsanwältin vorbei

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