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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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weniger.«
    Otto verzog den Mund. »Warum?«
    »Er ist nicht aufgedunsen, und die Finger zeigen zwar Waschhaut, aber nur bis zum zweiten Glied.«
    »Was ist mit der Gesichtsfarbe?«
    Ein leichter Druck in der Magengegend. Aber der konnte auch vom Hunger kommen. Es ging auf Mittag zu. »Graubläulich.«
    »Also?«
    Liebermann zuckte die Achseln. »Ist das nicht normal bei Wasserleichen?«
    »Durchaus«, sagte Otto, während er sich davon überzeugte, dass die Gerichtsmedizinerin und ihr Kollege in sicherer Entfernung beschäftigt waren. »Aber erst nach anderthalb bis zwei Tagen.«
    »Das heißt, der Mann lag länger als vierundzwanzig Stunden im Wasser?«
    »Wie kommen Sie darauf? Sie haben doch selbst gerade auf den Grad der Waschhaut verwiesen. Zusammen mit der Wassertemperatur kommt Ihre Schätzung hin. Wir haben einundzwanzig Grad gemessen. Ziemlich warm, aber es war auch ein langer Sommer dieses Jahr.«
    Liebermann blinzelte irritiert. Der Alte war ihm zu schnell. »Und was bedeutet das?«
    Jetzt grinste Otto. »Das bedeutet, mein Lieber, dass die Genrich vor einem Rätsel steht. Deshalb war sie eben auch so bissig.Für sie ist unser Toter eine besonders leckere Praline, und sie wird jedem die Finger abhacken, der sie danach ausstreckt.«
    Liebermann ging in sich und fand dort wenig Neigung, die Finger auszustrecken. »Wie ist der Mann überhaupt gefunden worden?«, fragte er. »Tauchen Wasserleichen nicht erst nach etwa zwei Wochen wieder auf?«
    »Korrekt. Aber der hatte es gar nicht nötig aufzutauchen. Er hat einfach an das Kellerfenster eines Hausbootes geklopft.«
    Liebermann blickte ungläubig zu der Schiffsgemeinschaft hinüber, die harmlos auf den Wellen schaukelte.
    »Der Dampfer da rechts«, sagte Otto und winkte ihn hinter sich her, »ist mit ein paar Sperenzchen ausgestattet, bei denen Sie staunen werden. Müller ist schon drauf, er wartet auf Sie.«
    Er wartete Liebermanns Frage nicht ab. »Ihr zukünftiger Stellvertreter.«
    Als sie das Deck des Dampfers betraten, kniff Liebermann unwillkürlich die Augen zusammen, um sie vor der monochromen Attacke, die ihnen entgegenschlug, zu schützen. Zu viel Grün.
    Otto klopfte ihm auf die Schulter. »Machen Sie sich nichts draus, man gewöhnt sich dran.«
    Liebermann folgte ihm langsam. Nach einigen Metern öffnete er probeweise ein Auge ganz. Der Alte hatte recht. Als er das andere folgen ließ, stellte Liebermann sogar eine leicht beruhigende Wirkung fest, was daran liegen mochte, dass das Grün an etlichen Stellen von andersfarbigen Tupfern unterbrochen wurde. Zumeist roten. Sie befanden sich auf einer schwimmenden Tomatenplantage.
    Der Schreck wich dem von Otto prophezeiten Staunen. »Nicht schlecht, was?«, sagte der Alte zufrieden. »Hier sind Tonnen von Erde heraufgeschafft worden. Hat sich ordentlich auf den Tiefgang ausgewirkt.« Er duckte sich unter einer Ranke hindurch.
    Liebermann bemerkte, dass der Gärtner bei der Auswahl seinerZuchtpflanzen recht abenteuerlustig vorgegangen war. Es gab Tomaten, kaum größer als Kaffeebohnen, mannshohe Stauden mit Früchten in herkömmlicher Größe und Form, andere, die eher an Paprika erinnerten, gelbe Tomaten, gesprenkelte, birnen- und eiförmige. Er bedauerte, dass er keine Zeit hatte, die Schilder, die einigen der Töpfe wie in einem botanischen Garten beigefügt waren, zu lesen. Stattdessen schlug er sich hinter Otto durch den Dschungel bis zu einem rechteckigen Loch, durch das es über eine steile Treppe in den Schiffsrumpf hinunterging. Sie landeten in einer Art Vorraum, gefüllt mit Jacken und weiteren, diesmal leeren Pflanzkübeln. Mit zwei Schritten waren sie hindurch, öffneten eine Flügeltür und standen im Herzen des Schiffes.
    Liebermann, der noch nie zuvor auf einem Hausboot gewesen war, sah sich neugierig um. Eine Sitzecke mit Tisch, ein paar Regale zwischen den Bullaugen, ein heruntergelassenes Schrankbett an der hinteren Wand und ein vergilbter Perserteppich. Jeder Zentimeter glänzte vor rustikaler Gemütlichkeit.
    Weniger gemütlich hingegen wirkte der übergewichtige Riese hinter dem Tisch. Die Sitzecke war zu eng für ihn. Sie war für den schmächtigen Mann gemacht, der ihm gegenüber mit schlackernden Füßen auf einem Schemel hockte.
    »Oberkommissar Müller«, stellte Otto vor. »Und Herr Feldmeyer, der Zeuge, der den Toten gefunden hat. Hauptkommissar Liebermann.« Liebermann hielt dem Riesen die Hand entgegen. Der Oberkommissar antwortete mit einem knappen Nicken.
    Ungefähr

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