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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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vermutlich unbewusst das Zeichen, auf das sie all die Tage lang gewartet hatte.
    Sie zögerte keine Sekunde. „Warum habe ich seit Wochen nichts mehr gegessen und trotzdem keinen Hunger? Warum ist dieser kleine Junge hier im Hotel und wer ist er? Warum hältst du mich gerade hier fest? Warum möchtest du mich heiraten? Warum arbeiten Diana und Jareth für dich? Warum-“
    Man konnte von Luzius halten, was man wollte, doch selbst seine größten Kritiker mussten zugeben, dass er ein sehr geduldiges Wesen war. Noch nie hatte er ihr auch nur einen bösen Blick geschenkt. Womit er vermutlich das einzige Wesen auf dem gesamten Planeten war, das Melica länger als wenige Minuten kannte und trotzdem noch nicht genervt von ihrer Art zu sein schien. Ganz im Gegenteil. Wo ihre Mutter sie nun wahrscheinlich gegen ein Regal gestoßen hätte und dann am liebsten noch einmal, grinste Luzius sie nur an.
    „ Im alten Israel wärest du für deine Fragen gesteinigt worden“, sagte er. „Doch genau das gefällt mir so an dir. Du bist unterhaltsam.“
    'Unterhaltsam' war wohl nicht gerade das Wort, das Frauen von ihren zukünftigen Männern hören wollten. Da Melica aber am liebsten gar nichts von Luzius hören wollte, interessierte sie es nicht. Stattdessen blickte sie auffordernd.
    „ Nun gut. Erste Frage. Du hast nichts gegessen, weil du das nicht musst. Zweite Frage. Der kleine Junge heißt Liam und wird in einigen Tagen den Tod finden. Dritte Frage. Ich möchte dich heiraten, weil ich es gesehen habe. Vierte Frage. Diana und Jareth arbeiten für mich, weil sie die Menschen am Boden sehen wollen und nach Macht streben“, antwortete Luzius leise, bevor er ihr einen kurzen Blick schenkte. „Und? Bist du jetzt zufrieden?“
    Melica brauchte einige Sekunden, um ihre Gedanken zu sortieren. Ihr schwirrte der Kopf. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte sie nach einiger Zeit.
    „ Mein voller Ernst“, entgegnete Luzius ruhig. „Doch ich habe dich nicht holen lassen, damit ich dir unwichtige Fragen beantworten kann. Nein. Ich bin nur hier, um dir Bescheid zu sagen, dass du mich in den nächsten Tagen wohl nicht sehen wirst. Ich werde verreisen müssen. Eine Machtübernahme plant sich schließlich nicht von allein.“
    „ Und inwiefern soll das ein Unterschied zu den letzten Tagen sein?“, fragte Melica angesäuert. „Du lässt mich doch andauernd allein!“ Okay. Sie wusste selbst, dass sie klang wie eine eifersüchtige Ehefrau und sie hasste sich dafür.
    Allerdings war dieser Hass kein Vergleich gegenüber dem, den sie Luzius entgegenbrachte. Denn dieser hatte allen Ernstes den Nerv, sie zufrieden anzugrinsen. „Du wirst die Zeit ohne mich schon überleben. Diana wird sich gut um dich kümmern.“
    Dann war er verschwunden. Ohne ein Wort des Abschieds. Einfach so. Melica schüttelte ungläubig den Kopf. Der Mann war so alt und hatte trotzdem keine Ahnung von Anstand. Höflichkeit schien ein Fremdwort für ihn zu sein. Vor allem war es unglaublich ungerecht von ihm, ihre Fragen einfach zu ignorieren und sie mit seinem plötzlichen Aufbruch so vor den Kopf zu stoßen. Es hätte wirklich bessere Wege für ihn gegeben, um ihre Zuneigung zu gewinnen. So konnte er lange darauf warten.
    „ Hat er dich nicht länger ertragen können?“
    Als die tiefe Stimme an ihr Ohr drang, zuckte Melica überrascht zusammen. Wie jedes Mal eigentlich. Irgendetwas hatten die Verrückten hier wirklich an sich. So leise bewegten sich keine normalen Menschen.
    „ Man sollte euch allen ein Glöckchen um den Hals hängen“, antwortete sie, wobei sie Dianas unnötige Bemerkung bewusst unbeantwortet ließ.
    Diese blickte überrascht, während sie sich auf die Bank setzte, auf der der Teufel vor wenigen Augenblicken noch Platz gefunden hatte. „Du hast mich nicht gehört? Das ist ja interessant. Deine Fähigkeiten scheinen genauso verschwunden zu sein wie deine Intelligenz. Obwohl... vergiss das Letzte. Intelligent bist du ja noch nie gewesen.“
    Diese Freundlichkeit... einfach unglaublich. „Warum hasst du mich eigentlich so?“, fragte Melica verständnislos.
    Diana ließ ein lautes Schnauben hören. „Nur, weil in deinem Kopf gähnende Leere herrscht, heißt es nicht, dass ich mich nicht erinnere.“
    So langsam wurde ihr das alles wirklich viel zu viel. Nichts, was diese Menschen sagten, machte irgendeinen Sinn! Vielleicht, weil sie verrückt waren. Vielleicht, weil Melica verrückt wurde. Sie wusste es nicht. Doch es trieb sie wirklich an

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