Keiner wie er (German Edition)
im Auge. Der wirkte mit einem Mal verdammt in sich gekehrt und schuldig. Und plötzlich kam Daniel ein ganz mieser Verdacht.
Zufall? Nach knapp elf Jahren tauchte sie zufällig in einem Club auf, den er erst seit Neustem als seinen Stammclub betrachtete? Und … woher stammte denn das betretene Schweigen? Was war der Auslöser? Verdammt!
Wie hatten ihm die Zusammenhänge entgehen können?
„Okay ...“, sagte er langsam und angelte ohne den Blick von seinem Dad zu nehmen, nach einem neuen Bier. „Nun klär mich mal auf, aber umfassend.“
Der Senior seufzte. „Sie war bei dir?“
„Sie tauchte vor einer Woche in meinem Club auf“, nickte Daniel lauernd.
Alles erstarrte kollektiv und Tom, der Dämlichste unter den Versammelten, schlug sich stöhnend an die Stirn. „Oh, Scheiße!“
„Schnauze!“, knurrte Daniel, ohne seinen Vater aus den Augen zu lassen. „Ich höre!“
„Vor einigen Tagen erschien sie und fragte, wo du zu finden bist.“
„Und du hast es ihr natürlich gesagt?“
„Natürlich ...“
„Du sahst jedoch keine Veranlassung, mich darüber zu informieren?“
Anstatt zu antworten, hob Jonathan bedauernd die Schultern.
Fein ...
„Was hat sie gesagt?“
Wieder erfolgte dieses Seufzen und zum ersten Mal überlegte Daniel, wie es wohl sein würde, seinen Vater am Kragen zu nehmen. Die Vorstellung hatte tatsächlich etwas.
„Sie war nicht sicher, das Richtige zu tun. Aber sie erzählte ...“
„Danke, das genügt!“ Er stellte das halb geleerte Bier auf den Tisch, nahm sich stattdessen zwei Flaschen Wein und ging zu den Stühlen, die immer noch wie stille Wächter der Zeit um den weit entfernten Ahorn gruppiert standen.
Nicht in der Hoffnung auf Neutralisation, sondern weil er nicht wusste, wohin er sonst gehen sollte. Jene Sitzgruppe fungierte schon immer als Rückzugsort, wenn es dringend erforderlich wurde, sich vom übrigen Teil der Familie abzusondern. Daniel glaubte nicht, dies sei jemals dringender der Fall gewesen.
Dass Tina auch hier ihre unauslöschlichen Spuren hinterlassen hatte, gehörte eher zum alltäglichen Wahnsinn, der ihn überall im Haus seiner Eltern begegnete. Doch Daniel machte sich darüber keine großen Gedanken. Außerdem spielte es ohnehin keine Rolle, weil er nur ihretwegen jetzt hier saß. Er kippte die halbe Flasche auf ex, zündete sich eine Zigarette an und starrte düster vor sich hin.
Da war sie also zu ihm gekommen ...
Warum?
Okay, viele Alternativen blieben wohl nicht.
Fein!
Und da glaubte er Trottel, es wäre endlich Schluss mit Tina. Was in sich totalen Nonsens darstellte, genau betrachtet. Folgte sie ihm nicht wie der fähigste Stalker aller Zeiten? Oh, er wollte nicht unfair sein, Daniel wusste, dass dies ihr erster bewusster Versuch in dieser Richtung gewesen war. Und das genau in dem Moment, wo er zum ersten Mal seit ungefähr fünf Ewigkeiten halbwegs Erfolge verzeichnen konnte, sie endlich zu vergessen.
Wütend kippte er den Rest des Flascheninhalts in sich hinein, warf sie danach achtlos ins Gras, erfreute sich sogar an dem unschönen Anblick und machte sich augenblicklich an die zweite. Selten hatte er sich so freudig in seine Rüpelzeit zurückgeflüchtet. Das überlagerte wenigstens ein wenig seine Verzweiflung.
Was?
Was sollte er tun? Zu Kreuze kriechen?
Als er Schritte hörte, wandte er sich nicht um. „Verschwinde!“
Die Person tat natürlich nicht, worum er so freundlich bat. Flüchtig sah Daniel auf, als Fran sich setzte und verzog das Gesicht. „Solltest du jetzt mit irgendwelchen Vorträgen kommen, die da lauten ... ‚ Wenn du dich erinnerst, ich habe es dir gesagt’ , kannst du gleich wieder gehen.“
Innerhalb der vergangenen Jahre war Fran noch etwas stiller und ruhiger geworden. Spätestens, als ihre Tochter geboren wurde, verließ sie auch das letzte Fünkchen Ausgelassenheit, das möglicherweise zuvor in ihr wohnte. Doch wer die schöne Frau mit dem dunklen Haar kannte, wusste, dass sie keineswegs an Melancholie litt. Eher wirkte ihre Coolness auf Daniel immer sehr beruhigend. Und auch jetzt musterte sie entspannt, ohne Anstalten zu machen, auf seinen Angriff ähnlich zu reagieren. „Ich wollte dich nur fragen, ob ich vielleicht etwas tun kann?“
Spöttisch verzog er das Gesicht. „Ach? Was denn? Zu Tina gehen und für mich betteln? Danke, ich verzichte!“ Er setzte die Flasche an die Lippen und senkte sie nach kurzer Überlegung wieder. „Dazu besteht kein Grund. Ich habe nichts
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