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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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deren Bestandtheile erst aus dem benachbarten »Dukhan«, das ist eine Art Laden, entnommen waren, in dem Delicatessen-, Fleisch-und Specereihandel meist von einer und derselben Person betrieben wird. Da gab es gebratenen Truthahn, einen jener Maismehlkuchen mit Stückchen von Büffelkäse, welche man »Gatschapuri« nennt, das unvermeidliche Nationalgericht, den »Blini«, eine Art Gebäck mit saurer Milch; ferner als Getränk ein paar Flaschen dickes Bier und einige Caraffen mit »Vadka«, einem sehr starken Branntwein, von dem die Russen unglaubliche Mengen vertilgen können.
    Ehrlich gestanden, konnte man von dem Gasthofe eines kleinen, an den äußersten Grenzen des Schwarzen Meeres verlorenen Städtchens wirklich nicht mehr verlangen, und bei dem guten Appetite, den sie dazu mitbrachten, thaten die Tischgäste der Mahlzeit, welche ihr gewöhnliches Reisemenu recht angenehm unterbrach, alle Ehre an.
    Nach dem Essen verließ Ahmet die Tafel, während Bruno und Nizib sich reichlich an dem Truthahn ein Gütchen thaten und das landesübliche Gebäck verzehrten. Seiner Gewohnheit nach ging Ahmet selbst zur Poststation, um das Herbeiführen der Pferde zu beschleunigen, gern bereit, die für Werst und Pferd zu zahlenden fünf Kopeken zu verdoppeln, welche die Posthalter zu verlangen haben, ohne des Trinkgeldes zu erwähnen.
    Inzwischen begaben sich der Seigneur Keraban und Van Mitten nach einem kleinen grünbewachsenen Ausbau des Hauses, dessen übermooste Pfeiler der Fluß murmelnd benetzte.
    Jetzt oder nie bot sich die Gelegenheit zum Genusse jenes süßen
far niente
, zu dem wundervollen Träumen, dem die Orientalen den Namen »Kief« gegeben haben.
    Es verstand sich außerdem von selbst, daß die Nargilehs in Benützung genommen wurden, als Vervollständigung einer Mahlzeit, welche werth war, mit Ruhe verdaut zu werden. Die beiden Geräthschaften wurden denn aus dem Wagen herbeigeholt und den beiden Herren gebracht, welche sich mit Vergnügen dem Genusse jenes Zeitvertreibs hingaben, dem sie ja Beide ihr Vermögen verdankten.
    Der Kopf des Nargilehs wurde mit Tabak gefüllt; natürlich ließ der Seigneur Keraban den seinen mit Tombeki aus Persien stopfen, wie er es stets zu thun pflegte, während Van Mitten sich an seine Sorte, den Latakie von Kleinasien, hielt.
    Jetzt wurden die Köpfe in Brand gesteckt; die Raucher streckten sich, einer neben dem anderen, auf einer Bank aus; der lange, mit Goldfäden umschlungene Schlauch mit dem Mundstück aus baltischem Bernstein fand zwischen den Lippen der beiden Freunde seinen Platz.
    Bald war die Luft mit dem wohlriechenden Rauche gefüllt, der nach dem Munde erst kam, nachdem er durch das klare Wasser im Nargileh köstlich erfrischt war.
    Einige Zeit blieben der Seigneur Keraban und Van Mitten, ganz versunken im Genusse des Nargilehs, das dem Tschibuk, der Cigarre und der Cigarette weit vorzuziehen ist, mit halbgeschlossenen Augen schweigend liegen und stützten, sich gleichsam auf die Rauchwolken, welche ein lustiges Eiderdunenkissen zu bilden schienen.
    »O, das ist doch ein wahrer Hochgenuß, sagte endlich Seigneur Keraban, und ich kenne wahrlich nichts Schöneres, als so ein Stündchen vertraute Plauderei mit seinem Nargileh.
    – Eine Plauderei ohne Streit, erwiderte Van Mitten, das macht doch die Sache noch angenehmer.
    – Die türkische Regierung, fuhr Keraban fort, war wie immer sehr falsch berathen gewesen, als sie den Tabak mit einem Zoll belegte, der seinen Preis verdoppelte. In Folge dieser hirnverbrannten Idee wird das Nargileh immer seltener und dürfte dereinst ganz verschwinden.
    – Das wäre wirklich zu bedauern, Freund Keraban.
    – Was mich betrifft, Freund Van Mitten, so habe ich eine solche Vorliebe für den Tabak, daß ich lieber sterben als darauf verzichten würde. Ja, sterben! Und hätte ich zur Zeit Amurat’s IV., jenes Despoten, gelebt, der den Gebrauch des Tabaks mit der Todesstrafe belegen wollte, so würde man eher den Kopf haben von meinen Schultern, als die Pfeife von meinen Lippen fallen sehen!
    – Ich bin ganz Ihrer Meinung, antwortete der Holländer, indem er schnell hintereinander einige tüchtige Züge that.
    – Nicht so schnell, Van Mitten, wenn ich bitten darf, ziehen Sie nicht so schnell! Auf diese Weise können Sie das seine Aroma des Rauches nicht schmecken und machen auf mich den Eindruck eines Gefräßigen, der die Bissen verschluckt, ohne sie zu kauen.
    – Sie haben Recht, wie immer, Freund Keraban, erwiderte Van Mitten,

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