Kinder der Dunkelheit
mühelos das weitläufige Gelände. Grillen zirpten und als er zum Nachthimmel aufblickte, ließ ihn das Leuchten von vielen Tausend Sternen am nachtschwarzen Himmel kurz innehalten. Wie friedlich hätte diese Welt doch sein können – und doch ließ man es niemals zu. Gern hätte er sich weiter in diesen Gedanken verloren, doch das durfte er nicht. Kurz übermannte ihn die Erinnerung an all das, was in so endlos langen Jahren sein Leben ausgemacht hatte.
Vor ihm erstreckte sich ein Feldlager von über achtzig Zelten, in denen mehr als dreihundert von ihm ausgebildete Krieger Platz fanden. Die meisten waren Söldner, die er oft im Kampf erlebt hatte, gnadenlose Mörder für den, der sie gerade gut bezahlte. In den letzten hundert Jahren hätten fast alle ihr Leben für ihn geg eben. Er war ein harter, aber fairer Anführer, er hatte ihnen ein Leben geboten, das andere niemals würden erleben dürfen. Dank einer geringen Menge Vampirblutes und seiner Ausbildung waren sie eine mehr als schlagkräftige Elitetruppe geworden. Die besten und vor allem die klügsten unter ihnen waren die Kommandanten der einzelnen Truppenteile geworden. So wie Rodrigo. Sie würden auch jetzt, wie schon so oft zuvor, für ihn töten, ohne zu fragen, warum, sie waren loyal bis in den Tod. Nur darum hatte er Rodrigo eingeweiht, nur darum hatte er gewagt, sich auf solch dünnes Eis zu begeben. Die Truppen selbst waren leider durchsetzt von Männern seines Vaters, das wusste er seit Langem. Vor allem dieser Mistkerl Christo würde demnächst sicherlich auf seiner eigenen Schleimspur ausgleiten. Er war nichts als ein machthungriger, brutaler, selbstgefälliger Emporkömmling, doch genau das machte ihn so brandgefährlich. Das wusste Ares spätestens, seit Christo den ruhigen und freundlichen Lysander kaltblütig ermordet hatte, nur um seinem Herrn zu gefallen. Lysander war seither nicht der einzige von ihm Getötete geblieben und Christo war in der Gunst Alexandres bis ganz nach oben gestiegen. Ares knirschte mit den Zähnen. Er hasste diesen Speichellecker!
Er steckte zwei Finger in den Mund und ließ den gewohnten, langgezogenen Pfiff erklingen, das Zeichen für seine Feldherren, sich bei ihm zu melden. Nur Augenblicke später kam Leben in die bis dahin völlig stille Zeltstadt. Große muskulöse Gestalten lösten sich aus dem Dunkel, das nur gespenstisch von den wenigen Feuern beleuchtet wurde, die zwischen den Gängen brannten. Sein Vater liebte es martialisch, damit konnten er und seine Männer dienen. Voller Wohlgefallen blickte Ares den zwölf Getreuen entgegen. Angeführt von Rodrigo, stellten sie sich vor ihm auf.
„Herr, wir grüßen dich. Womit können wir zu Diensten sein?“
Ares wusste, dass er seine Worte mit viel Bedacht wählen musste, daher überlegte er gut, bevor er zu reden begann. „Ich grüße euch, meine Freunde, denn das seid ihr mir in den vielen Jahren des gemeinsamen Kampfes geworden. Es gibt mehrere Gründe, warum ich heute mit euch sprechen muss, aber zuerst würde ich gern die Made aus eurer Mitte entfernen.“
Die Männer sahen sich verstört um, verstanden offenbar nicht, wovon Ares sprach – so lange nicht, bis dieser sich in einem Satz über drei Meter weit hinter sie katapultierte, mit wutentbranntem Knurren einen Mann aus ihrer hinteren Reihe am Kragen packte und diesen mit nur einer Hand in die Luft streckte. Ares schüttelte ihn wie einen jungen Hund, der dringend der Erziehung bedurfte.
„Wenn ich meine Männer rufe, dann will ich auch nur sie s ehen! Du hast hier nichts verloren, du mistige Kröte! Geh und hecke deine nächsten hinterhältigen Schweinereien aus, aber verschone mich und meine aufrichtigen Leute mit deiner Gegenwart. Hast du mich jetzt endgültig verstanden? Wir mögen hier alle keine Verräter!“
Christo stand der Schreck ins Gesicht geschrieben. Noch ni emals hatte der junge de Thyra sich so offen, vor allen anderen, gegen ihn gestellt. Er hatte sich stets darauf verlassen, dass der Schutz Alexandres für ihn allgegenwärtig war, daher war diese Situation ihm gänzlich neu. „Aber, Herr, ihr werdet doch keine Geheimnisse vor den einfachen Kriegern haben, oder wie muss ich diesen plötzlichen Ausbruch deuten?“, wimmerte er von oben.
Wütendes Gemurmel und zornentbrannte Blicke der zwölf A nführer waren die Antwort auf seine Aussage und die von Ares war noch deutlicher. Er verstärkte den Griff noch ein wenig. „Hör zu, du billiger Spitzel. Ab heute werde ich all meine
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