Kinder Des Nebels
gestorben und nie wieder zurückgekehrt, damit ich euch nicht belästige!«
Docksohn verstummte. Die Wucht von Kelsiers Worten verblüffte ihn. Enttäuscht schlug Kelsier auf die Tischplatte, und das Holz splitterte unter seinem heftigen Schlag. Er verbrannte immer noch Weißblech - das Metall, das ihm half, seinen Wunden zu trotzen. Sein Nebelumhang war zerfetzt, und sein Körper hatte ein halbes Dutzend kleinere Schnittwunden davongetragen. Die ganze rechte Seite brannte vor Schmerz. Dort hatte er riesige Blutergüsse, und er konnte von Glück reden, wenn keine Rippe gebrochen war.
Kelsier ließ das Weißblech noch stärker lodern. Das Feuer in seinem Innern fühlte sich gut an. Es gab ihm einen Brennpunkt für seine Wut und Selbstverachtung. Einer der Lehrlinge legte rasch einen Verband um Kelsiers größte Wunde. Keuler saß mit Hamm an der Küchenwand; Weher war nicht anwesend; er besuchte gerade eine Vorstadt.
»Beim Obersten Herrscher, Kelsier«, sagte Docksohn leise.
Sogar Docksohn,
dachte Kelsier.
Sogar mein ältester Freund schwört beim Namen des Obersten Herrschers. Was tun wir bloß? Wie können wir uns dem bloß entgegenstellen?
»Drei Inquisitoren haben auf uns gewartet, Dox«, sagte Kelsier.
Docksohn erblasste. »Und du hast Vin dort
zurückgelassen?«
»Sie war vor mir draußen. Ich habe versucht, die Inquisitoren so lange wie möglich abzulenken, aber ...«
»Aber?«
»Einer der drei ist ihr gefolgt. Ich konnte nichts dagegen tun. Vielleicht haben die beiden anderen nur versucht, mich abzulenken, damit ihr Gefährte Vin aufspüren konnte.«
»Drei Inquisitoren«, sagte Docksohn und nahm einen kleinen Becher mit Branntwein von einem der Lehrlinge entgegen.
»Bestimmt haben wir zu viel Lärm gemacht«, meinte Kelsier. »Oder sie waren aus einem anderen Grund dort. Und wir wissen
immer
noch nicht, was sich in dieser Kammer befindet.«
Es wurde still in der Küche. Draußen nahm der Regen wieder an Heftigkeit zu und schlug mit vorwurfsvoller Wut gegen das Gebäude.
»Also, was ist nun mit Vin?«, wollte Hamm wissen.
Kelsier warf einen raschen Blick auf Docksohn und sah den Pessimismus in seinen Augen. Kelsier war nur knapp entronnen, und er besaß jahrelange Erfahrung. Wenn Vin sich noch in Krediksheim befand ...
Kelsier spürte einen scharfen, aufzuckenden Schmerz in der Brust.
Du hast sie ebenfalls sterben lassen. Zuerst Mare und jetzt Vin. Wie viele willst du noch zum Schlächter schicken, bis diese Sache vorbei ist?
»Vielleicht versteckt sie sich irgendwo in der Stadt«, sagte Kelsier. »Vielleicht hat sie Angst, zum Laden zu kommen, weil die Inquisitoren nach ihr suchen. Oder ... vielleicht ist sie aus irgendeinem Grund zurück nach Fellise gegangen.«
Vielleicht ist sie irgendwo da draußen und stirbt allein im Regen.
»Hamm, wir beide gehen noch einmal zum Palast«, schlug er vor. »Dox, du nimmst Lestiborner und besuchst die anderen Diebesbanden. Vielleicht hat einer ihrer Späher etwas gesehen. Keuler, du schickst einen deiner Lehrlinge zu Renoux' Haus und siehst nach, ob sie dort ist.«
Die Gruppe regte sich und brach auf, doch Kelsier musste nicht das Offensichtliche aussprechen. Er und Hamm würden nicht in die Nähe von Krediksheim kommen, ohne den Wachen in die Arme zu laufen. Selbst wenn sich Vin irgendwo in der Stadt versteckte, würden die Inquisitoren sie als Erste finden. Sie würden ...
Kelsier erstarrte, und seine plötzlich Reglosigkeit ließ die anderen innehalten. Er hatte etwas gehört.
Eilige Schritte erklangen, als Lestiborner die Treppe hinunterhastete und in den Raum platzte. An seiner schlaksigen Gestalt tropfte der Regen herunter. »Kommt'mand! Draußn außer Nacht!«
»Vin?«, fragte Kelsier voller Hoffnung.
Lestiborner schüttelte den Kopf. »Großer Mann. Inner Robe.«
Jetzt ist es also vorbei. Ich habe den Tod zu meiner Mannschaft geführt. Ich habe ihr einen Inquisitor auf den Hals gehetzt.
Hamm stand auf und ergriff einen hölzernen Stab. Docksohn zog ein Paar Dolche hervor, und Keulers sechs Lehrlinge begaben sich in den hinteren Teil des Zimmers; in ihren weit aufgerissenen Augen lauerte die Angst. Kelsier setzte seine Metalle in Brand.
Die Hintertür zur Küche wurde aufgestoßen. Ein großer, dunkler Umriss in einer nassen Robe stand im Regen. Und er trug eine in einen Mantel gehüllte Gestalt in den Armen.
»Sazed!«, entfuhr es Kelsier.
»Sie ist schwer verwundet«, sagte Sazed und betrat rasch das Zimmer. Von seiner feinen Kleidung
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