Kinder Des Nebels
Verträge gebunden, aber nicht so sehr wie die anderen Häuser. Wager war derart reich und mächtig, dass auch eine kaufmännische Katastrophe ihm kaum etwas anhaben konnte.
In gewisser Weise war die Stabilität des Hauses Wager eine gute Sache - zumindest für Vin. Das Haus besaß keine offensichtlichen Schwächen, und daher würde die Bande nicht allzu enttäuscht sein, wenn sie keinen Weg fand, es zu Fall zu bringen. Schließlich war es nicht
unbedingt
notwendig, das Haus Wager zu vernichten; es würde die Sache lediglich einfacher machen.
Was auch immer geschehen mochte, Vin musste dafür sorgen, dass Wager nicht dasselbe Schicksal wie das Haus Tekiel erlitt. Dessen Ruf war zerstört, das Vermögen war verloren, und so hatten die Tekiels versucht, die Stadt zu verlassen - und gerade dieses letzte Zeichen der Schwäche hatte ihnen den Rest gegeben. Einige Angehörige des Adelshauses waren noch vor ihrer Flucht ermordet worden, und der Rest war in den ausgebrannten Wracks ihrer Kanalboote gefunden worden; es hatte so aussehen sollen, als wäre es das Werk von Banditen gewesen. Doch Vin kannte keine Diebesbande, die es wagen würde, so viele Adlige auf einen Streich zu töten.
Kelsier hatte noch nicht herausgefunden, welches Adelshaus hinter den Morden steckte, und es schien der Aristokratie Luthadels egal zu sein, wer der Schuldige war. Das Haus Tekiel hatte sich erlaubt, schwach zu werden, und nichts war peinlicher als ein Großes Haus, das sich nicht mehr aus eigener Kraft unterhalten konnte. Kelsier hatte Recht gehabt. Obwohl man sich noch immer in vollendeter Höflichkeit auf den Bällen traf, war der Adel mehr als bereit, einander abzustechen, wenn es den eigenen Plänen nützte.
Genau wie bei den Diebesbanden,
dachte sie.
Der Adel unterscheidet sich gar nicht so sehr von den Menschen, mit denen ich aufgewachsen bin.
Noch gefährlicher wurde die Atmosphäre durch die ausgetauschten Nettigkeiten. Hinter dieser Fassade gab es Intrigen, Mordpläne und - was das Wichtigste war - Nebelgeborene. Es war kein Zufall, dass bei allen Bällen, an denen sie in der letzten Zeit teilgenommen hatte, eine große Anzahl von Wachen anwesend war, teils in Rüstung, teils nicht. Diese Festlichkeiten dienten inzwischen auch dazu, die anderen zu warnen und die eigene Stärke zu zeigen.
Elant ist in Sicherheit,
sagte sie sich.
Was er auch von seiner eigenen Familie halten mag, sie hat es hervorragend verstanden, ihren Platz in der Hierarchie von Luthadel zu behaupten. Er ist der Erbe, und das wird ihn vor den gedungenen Mördern schützen.
Vin wünschte, sie könnte sich selbst glauben. Sie wusste, dass Schan Elariel etwas plante. Das Haus Wager mochte in Sicherheit sein, aber Elant war bisweilen ein wenig ... vergesslich. Falls Schan etwas gegen ihn persönlich unternehmen sollte, wäre das vielleicht ein großer Schlag gegen das Haus Wager, vielleicht auch nicht - auf alle Fälle aber gegen Vin.
»Herrin Valette Renoux«, sagte eine Stimme. »Ich glaube, Ihr seid ein wenig spät dran.«
Vin drehte sich um und bemerkte Elant in einem Alkoven links vor ihr. Sie lächelte, warf einen Blick auf die Uhr und bemerkte, dass sie schon einige Minuten über die Zeit hinaus war, zu der sie ihn zu treffen versprochen hatte. »Offensichtlich nehme ich die schlechten Gewohnheiten einiger Freunde von mir an«, sagte sie und trat in den Alkoven.
»Ich habe ja nicht gesagt, dass es eine schlechte Eigenschaft ist«, sagte Elant lächelnd. »Ich würde sogar behaupten, dass es die höfische Pflicht einer Dame ist, sich ein wenig zu verspäten. Es tut den Herren gut, den Launen der Damen unterworfen zu sein - zumindest hat das meine Mutter immer behauptet.«
»Sie scheint eine weise Frau gewesen zu sein«, sagte Vin. Der Alkoven war gerade so groß, dass zwei Leute darin seitwärts stehen konnten. Sie stand vor Elant; der Überhang der Galerie befand sich links von ihr und ein wundervolles lavendelfarbenes Fenster rechts neben ihr. Ihre Füße berührten beinahe die von Elant.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte er. »Schließlich hat sie meinen Vater geheiratet.«
»Und dadurch Zutritt zum mächtigsten Haus des ganzen Letzten Reiches bekommen. Besser kann man es doch nicht machen - es sei denn, sie hätte gleich den Obersten Herrscher geheiratet. Soweit ich allerdings weiß, steht er für eine Heirat nicht zur Verfügung.«
»Was für eine Schande«, bemerkte Elant. »Vielleicht würde er etwas weniger bedrückt aussehen, wenn es eine
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