Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
Vom Netzwerk:
Alle versammelten sich vor Alis Haus in Nordwest-Miami und warteten darauf, daß der Champion fertig wurde.
    »Wir brauchen keine Karte«, sagte Ali zu ihnen. »Wir richten nur den alten Bus nach Norden und sind wie der Wind in Boston.«
    Sonji kam aus dem Haus und unterbrach ihren Mann in seinem Monolog.
    »Ali«, sagte sie, »hast du die Sachen für die chemische Reinigung erledigt?«
    »Alles abgeschickt.«
    »Und meine Schuhe reparieren lassen?«
    »Erledigt.«
    »Dann trag jetzt den Müll raus.«
    Ali legte einen Finger an den Mund.
    »Champs tragen keinen Müll raus«, protestierte er, fügte sich aber doch.
    Als der Bus dann mit destilliertem Wasser, Soda und Hühnchen beladen war, stiegen alle ein, und es ging los Richtung Sunshine State Turnpike. Der Bus war noch immer mit Alis Werbeslogans geschmückt – »World’s Most Colorful Fighter« und so weiter –, drinnen aber wies er keine Besonderheiten auf. Die Hälfte der Sitze war kaputt. »Vom Moment der Abreise an war die Atmosphäre wie in einem altmodischen Zirkuswagen«, sagte Pope, »und Muhammad war natürlich die große Attraktion.« Ali saß oft am Steuer (eine etwas beängstigende Angelegenheit, besonders wenn er den Bus auf siebzig oder achtzig Meilen pro Stunde beschleunigte, sich dabei auf dem Sitz umdrehte und Vorträge hielt). Manchmal überließ Ali das Fahren auch einem aus dem Troß und gab seinen Auftritt ohne das Handicap, das Steuer festhalten zu müssen. Am Anfang der Fahrt stellte er sich in den Türgraben des Busses und gab, wobei er sich mühsam im Gleichgewicht hielt, einen Step in seinen Arbeitsstiefeln, während Howard Bingham »The Darktown Strutter’s Ball« sang.
    »Ich muß zugeben«, sagte Ed Pope, »daß ich Ali vor dieser Busfahrt nicht verstanden hatte, obwohl ich in Miami oft mit ihm zusammen war. Er wirkte abweisend und seltsamauf mich. Aber in dem Bus bekam ich einen Eindruck davon, wie nett er sein konnte und wie komisch er war, immer komisch.«
    Abends hielten sie in Sanford, Florida, Bundinis Heimatstadt. Bundini erzählte allen, als er klein gewesen sei, hätten die Leute im Schwarzenviertel der Stadt, Goose Hollow, an den Abenden, wenn Joe Louis kämpfte, Lautsprecher in die Kiefern gehängt, um die Übertragung zu hören.
    Dann fuhren sie weiter, immer weiter nach Norden in die Nacht, bis Bundini gegen elf verkündete, er habe nun furchtbaren Hunger. »Essen wir irgendwo was«, sagte er. »Ich hab Hunger.« Sie machten Halt in Yulee, unweit von der Grenze zu Georgia, vor einem alten, halb verfallenen Imbißlokal an der Straße. Bundini und die vier weißen Journalisten stiegen aus dem Bus, die anderen blieben sitzen.
    »Jetzt seht ihr gleich, wie ein Mann sich der Wirklichkeit stellt«, sagte Rahaman.
    »Ich könnte nicht willkommen sein«, sagte Ali zu Bundini, »und überhaupt halte ich nichts davon, die Integration zu erzwingen. Aber geh du mal, Jackie Robinson.«
    Bundini war in Florida aufgewachsen, aber nach so vielen Jahren im Ausland und im Norden glaubte er, er könne einen Zwischenfall vermeiden. Doch der Geschäftsführer des Imbisses erklärte ihnen brüsk, es gebe eine abgetrennte Ecke, ein Fenster »nach hinten«, wo sie etwas zu essen bekommen könnten, wenn sie unbedingt zusammen essen wollten.
    »Sie meinen, der Weltmeister kann nicht wie jeder andere auch bedient werden, wenn er hier reinkommen möchte?« fragte Bundini.
    »Genau.«
    »Ist diese Diskriminierung nicht ungesetzlich?« sagte Bud Collins.
    »Nicht in Nassau County«, antwortete der Geschäftsführer.
    »Gehört dieses County nicht zu den Vereinigten Staaten?«
    »Noch nicht.«
    Ali ging hinein, packte Bundini am Kragen und fing an, herumzuschreien. »Was ist los mit dir – du blöder Idiot! Ich hab dir gesagt, du sollst ein Muslim sein. Dann gehst du auch nicht da hin, wo du nicht erwünscht bist. Du verschwindest hier, Nigger! Du bist hier nicht erwünscht!«
    Ali hörte nicht auf, redete bis zum Bus auf Bundini ein. Die Journalisten sahen sich das verblüfft an. Bundini war den Tränen nahe.
    »Der hat dich
vorgeführt
, Bundini. Der hat dich
vorgeführt

    Der Bus fuhr weiter, doch Ali ließ nicht locker. Er verlangte von Bundini, daß er zugab, daß er endlich, endlich der Wirklichkeit ins Auge gesehen hatte, brüllte »Onkel Tom! Tom! Tom!« und schlug ihm mit einem Kissen ins Gesicht.
    Bundini konnte nur noch matt antworten: »Ich bin ein freier Mann. Um mein Herz sind keine Sklavenketten.«
    Bundini weinte nun; Plimpton

Weitere Kostenlose Bücher