Kismet Knight
der Stille hörte ich das Klicken des Verschlusses. Tom rutschte nach vorn und beugte sich über die Lehne.
»Entschuldigung – Vampire?«
Man musste Alan wirklich dafür bewundern, dass er den Blick auf die Straße gerichtet hielt, statt Tom ins Gesicht zu lachen.
Ich dagegen drehte mich um, soweit mein Gurt es mir gestattete, und sah Tom mit vollkommen unbewegtem Gesicht an. »Ja, Vampire.«
Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Bitte sag mir, dass das ein Scherz ist!«
Sein Ton störte mich, und ich schüttelte seine Hand ab. »Ich bin auf eine Gruppe von Leuten gestoßen, die sich für Vampire halten, und ich werde über sie schreiben. Ich bin der Ansicht, dass dies ein vollkommen akzeptables Forschungs gebiet ist.«
Das klang viel mehr nach Vorwärtsverteidigung, als ich geplant hatte – als wartete ich nur darauf, dass er widersprach. Ich wusste nicht, warum ich das Bedürfnis hatte, meine Arbeit Tom gegenüber zu rechtfertigen, aber ich hatte es. Oder vielleicht war ich selbst ja diejenige, der gegenüber ich mich rechtfertigen wollte.
Tom schüttelte den Kopf, langsam, mit einer theatralisch übertriebenen Hin-und-her-Bewegung und mit zusammengepressten Lippen.
»Kismet, Kismet! Du hattest so viel Potenzial. Du hättest mit mir nach Kalifornien gehen und das Rampenlicht mit mir teilen können. Du hättest von Leno interviewt werden können. Du hättest bei Dr. Phil sitzen können. Stattdessen hockst du hier in der Provinz und studierst irgendwelche armseligen Randgruppen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass unsere Trennung dich dermaßen zurückwerfen würde!«
Ich saß kerzengerade auf meinem Sitz, hielt den Blick geradeaus gerichtet und holte tief Atem. Meine Hände schlossen sich im Schoß zu Fäusten, und ich biss mir auf die Unterlippe, umden Wortschwall zurückzuhalten, der sich in mir zusammenbraute. Ich würde nicht zulassen, dass die einzige Frau in unserer Psychologengruppe öffentlich die Nerven verlor. Ich würde mich von ihm nicht aus der Fassung bringen lassen.
Dieser arrogante Dreckskerl! Dieses egomanische, schmierige Arschloch! So eifersüchtig kann ich ihn gar nicht machen, dass es die Anstrengung wert wäre, mir sein bombastisches Geschwätz anzuhören. Sein Hirn steckt schon wieder im Hosenladen fest
.
Ich spürte, wie meine Muskeln sich anspannten und meine Achselhöhlen feucht wurden. Ich war ernstlich in Versuchung, den Gurt zu öffnen, mich nach hinten zu stürzen und Dr. Californias Gesicht mit Hilfe meiner Fingerknöchel zu etwas zusätzlicher Farbe zu verhelfen. Ihm vielleicht vollere Lippen zu verpassen, ganz ohne dass er seinen Schönheitschirurgen zu bemühen brauchte – wobei er danach vielleicht einen Termin beim Zahnarzt benötigen würde. Es war wirklich rücksichtsvoll gewesen, mich daran zu erinnern, dass er mich seinerzeit nicht eingeladen hatte, mit ihm an die Westküste zu ziehen. Wo er jetzt ein großes Tier war.
Alan musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen; ich sah, wie seine Zunge sich von innen in die Wange grub. »Tom«, setzte er dann schnell an, offenbar weil er meine feindseligen Absichten erraten hatte, »erinnern Sie sich an eine Mordserie in Los Angeles vor einer Weile? Hat eine Menge Medienaufsehen erregt. Mehrere blutleere Leichen. Nach diesen Killern suche ich, und ich werde sie in der Vampirszene finden.«
Alan hörte sich sehr viel offizieller an, als er in meiner Gegenwart je gesprochen hatte. Psychologen sind ein imagebewusster Haufen, und wir lassen keine Gelegenheit vorbeiziehen, uns voreinander aufzuplustern. Oder vielleicht war es auch Toms Angeberei, die alle anderen zu neuen Höchstleistungen anstachelte.Wie auch immer – Alan gab mir Gelegenheit, mich zusammenzureißen. Schön für Tom!
Tom selbst schwafelte weiter. »Was machen Sie dann also? Sind Sie forensischer Psychologe? Was geschieht mit den Mördern, wenn Sie sie gefunden haben?«
Alan ignorierte die herablassende Art, mit der Tom die Bezeichnung »forensischer Psychologe« überbetonte, aber ich hörte ihn seufzen.
»Ich arbeite beim FBI. Ich bin unter anderem Spezialist für Serienmörder, und ich bin derjenige, den sie auf diesen Fall angesetzt haben.«
»Und wie ist Kismet in diese Sache hineingeraten?«
»Sie ist die Vampirpsychologin«, antwortete Alan grinsend. »Da wären wir.«
Unsere Köpfe drehten sich unwillkürlich zum Fenster, als wir auf der Suche nach einem Parkplatz langsam am
The Crypt
vorbeifuhren. Am Haupteingang hingen Gruppen von Leuten
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