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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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machst du ständig.«
    Grace schnaubte verächtlich. »Welche Autorität?«, rief sie. »Du hast doch gar keine! Weil du keine haben willst! Denn das würde bedeuten, dass du schwere Entscheidungen treffen müsstest und Verantwortung übernehmen und einfach ... da sein!«
    »Ich habe viel Zeit mit ihnen verbracht«, protestierte er. »Ich habe den ganzen letzten Monat mit ihnen verbracht, verdammt noch mal!«
    »Ja - aber du willst nur ein Schönwettervater sein. Nur den Spaß haben! Wo warst du, als sie Windpocken hatten und Egokrisen und als Mr Guppy starb?«
    »Wer zum Teufel ist Mr Guppy?«
    »Neils imaginärer Freund. Der, der ihn an die Hand nahm, als er sich nicht aus dem Haus traute.«
    »Neil traute sich nicht aus dem Haus?«, echote Ewan ungläubig.
    »Ja. Ich fürchte, er hat hin und wieder richtige Panikattacken. Genau weiß ich es allerdings nicht, weil er sich bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.«
    »Wie ist Mr Guppy gestorben?«
    »Ich glaube, er wurde in einer riesigen Küchenmaschine pulverisiert - aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass du nicht einmal etwas von seiner Existenz wusstest! Sieh der Tatsache ins Auge, Ewan: Du hast dich ihr ganzes Leben lang gedrückt!«
    Einige der Umstehenden applaudierten.
    »Weiter so, Mädchen!«, ermutigte sie jemand.
    Ewan wandte sich mit feindseligem Blick an das Publikum.
    »Halten Sie sich gefälligst raus!«, schnauzte er. »Sie haben doch keine Ahnung! Meine Frau war seit einem Monat nicht zu Hause. Sie hat sich mit einer jugendlichen Bande zusammengetan, sich in irgendeine politische Aktion reinziehen lassen, und jetzt hockt sie bei einem Rockfestival auf einem Lautsprecherpfosten. Ich frage Sie - handelt so eine reife Mutter?«
    Der Applaus schwoll an, aber es gab auch zahlreiche Buhrufe.
    »Das ist typisch für dich, mich als Idiotin hinzustellen, Ewan!«, rief sie. »Aber ich verdiene mein Geld nicht mit idiotischen Werbeslogans. Ich investiere nicht mehr Zeit und Engagement in blöde Schokoladenprodukte als in meine Familie!«
    Stille. Die Zuschauer begriffen, dass die Darbietung jetzt über reine Unterhaltung hinausging, und wandten sich murmelnd ab. Doch nach dem lautstarken Wortwechsel pfostenauf-und- abwärts schienen Grace und Ewan all ihre Munition verschossen zu haben.
    »Kommst du runter?«, fragte Ewan schließlich.
    »Ich möchte lieber hier oben bleiben.«
    »Aber die Musik fängt jeden Moment an, und du sitzt direkt neben einem Lautsprecher. Du könntest vor Schreck abstürzen .«
    »Das Risiko gehe ich ein.«
    Er schirmte seine Augen mit der Hand gegen die Sonne ab.
    »Es tut mir Leid, dass ich dich mit den Jungs so allein gelassen habe.«
    Sie stieß einen Seufzer aus. »Es geht nicht nur um die Jungs, und das weißt du auch, Ewan.«
    Er lachte nervös auf. »Wir wollen doch nicht zu dramatisch werden.«
    »Vielleicht möchte ich aber Dramatik. Vielleicht war mein Leben zu undramatisch. Du lebst in der aufregenden Welt der Werbung, Ewan. Ich führe potenzielle Käufer durch Einfamilien-und Doppelhäuser.« Sie korrigierte sich: »Nein, das stimmt ja gar nicht mehr. Ich habe gekündigt.«
    »Tatsächlich?« Zu ihrer Verblüffung wirkte er völlig ruhig.
    »Ich konnte einfach nicht mehr so weitermachen.«
    »Und ... was willst du jetzt tun?« Er musste das Gefühl haben, dass diese Frage mehrere Deutungen zuließ, denn er ergänzte: »Arbeitsmäßig, meine ich.«
    »Keine Ahnung. Ich kann alles tun. Oder gar nichts.« Sie dachte an Natalies Vorschlag, einen Malkurs zu belegen, und lachte auf. »Vielleicht werde ich Künstlerin.«
    Er schaute sie verdutzt an. »Sei mir nicht böse - aber du kannst keinen geraden Strich ziehen.« Es war natürlich ein Scherz gewesen, aber sie hatte dabei vergessen, dass Ewan nicht eingeweiht war.
    Es war in diesem Monat viel passiert - große, wichtige Dinge waren geschehen -, in das er nicht eingeweiht war. Vielleicht würde sie das ändern - aber sie war sich nicht sicher. Und das war das Problem.
    »Kommst du runter?«, fragte er noch einmal.
    »In einer Minute«, versuchte sie, Zeit zu schinden. »Geh doch inzwischen schon mal zu den Jungs und pass auf, dass sie nicht meine ganzen Chips aufessen.« Nicht einmal mitten in einer Ehekrise konnte sie aufhören, an Essen zu denken.
    »Okay.« Er schaute sie lange schweigend an, wobei er auf den Zehen wippte, tippte albern, militärisch grüßend an seinen imaginären Käppirand und ging davon.
    Grace entdeckte von ihrem Ausguck Julia, Michael und

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