Kleine Suenden zum Dessert
Taschengeld streichen? Mir den Roller wegnehmen, den du mir nie gekauft hast?«
Einige der Atomkraftgegner stimmten wieder ihren Sprechgesang an, doch der Großteil war von dem Drama am Hang gefesselt - und der Protestchor verstummte zur Gänze, als Charlie mit drei Fischmenüs und einer Schachtel Nudeln angestürmt kam. Nick folgte ihr mit drei Dosen Coke.
»Was zum Teufel machen Sie mit meinem Sohn?«, fuhr sie Michael an.
»Lass doch, Mum«, sagte Gavin verlegen.
»Ihr kleiner Liebling war drauf und dran, meine Tochter zu bumsen«, informierte Michael sie. Neil und Jamie, Graces Söhne, spitzten die Ohren.
»Michael!«, hauchte Gillian verstört.
Charlie war empört. »Wenn sie sich nicht so nuttig anziehen würde ...«
Gillian fand ihre Stimme wieder. »Das sagt ja die Richtige!«, fauchte sie.
»Lassen Sie ihn sofort los!«, forderte Charlie von Michael.
»Ich komme schon allein zurecht, Mum«, protestierte Gavin.
»Mein armer Schatz«, sagte sie liebevoll. Dann rammte sie Nick den Ellbogen in die Rippen. »Tu doch was, um Himmels willen!«
»Ah ...«, begann Nick widerstrebend.
»Du bist total nutzlos, weißt du das?«, beschimpfte sie ihn. »Warum muss ich immer alles allein machen?«
Jetzt reichte es Nick. »Weil ich nur der verdammte aufgehende Stern am Musikhimmel bin! Ich muss gut aussehen und die Freier bei Laune halten, stimmt‘s? Du hast keine Ahnung, wie ich mich manchmal fühle!« Er drehte sich auf dem Absatz um und ließ sie stehen. Einfach so!
Mit vor Verlegenheit glühenden Wangen entriss Charlie Michael ihren Sohn. »Komm, Baby. Wir hören uns das Konzert von einer anderen Stelle aus an.« Damit stolzierte sie, Gavin fest in der Armbeuge, hoch erhobenen Hauptes davon.
»Was hast du vor?«, fragte Michael Susan, die gerade ihre Jeansjacke anzog. »Willst du dir jetzt woanders Sex suchen?«
Einige der umstehenden männlichen Wesen machten hoffnungsvolle Gesichter.
»Michael!« Gillians Stimme war wieder zu einem Hauch geworden.
»Ich gehe, weil ich euch beide nicht mehr aushalte!«, verkündete Susan. »Kein Wunder, dass Granny nicht bei uns wohnen will!«
Wie eben erst Charlie stolzierte auch sie hoch erhobenen Hauptes davon. Bestürzung ließ die Zurückbleibenden verstummen.
Schließlich brach Julia das Schweigen. »Das ist nicht der Grund dafür, dass ich nicht bei euch wohnen will«, dementierte sie.
»Was ist nicht der Grund?«, erkundigte sich Michael.
»Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Der Grund, den Susan meinte.«
»Oh. Ja. Den kennen wir, nicht wahr, Gillian?«
»Ja, ja«, antwortete sie, war jedoch offenbar nicht klüger als der Rest.
Michael räusperte sich und tönte: »Na, dann werfen wir doch mal den Grill an!«
Julia unterdrückte einen Seufzer. Sie begriffen es einfach nicht. Es war anstrengend.
Gillian nahm sich den Picknickkorb vor. »Wir haben Riesenbratwürste dabei und alles. Meinst du, deine ... deine Freunde möchten mitessen?« Sie nickte zu dem Aktivistenhäuflein hinunter.
»Ich denke, wir sollten sie lieber in Ruhe lassen«, antwortete Julia. Martine hatte es gerade geschafft, ihre Leute wieder in Gang zu bringen, und die No-MOX-Rufe wurden allmählich nachdrücklicher.
»Ich möchte etwas gutmachen bei ihnen«, insistierte Gillian. »Weil ich sie doch zu Unrecht beschuldigt habe.«
»Ich bin sicher, dass sie das schon vergessen haben ... Gillian ... bitte ...«
Aber ihre Schwiegertochter war bereits auf dem Weg. Fröhlich übertönte sie den No-MOX-Sprechgesang mit der Frage: »Möchte einer da unten Spareribs oder einen Burger? Heute früh frisch gemacht!«
Fünfzig Umweltkämpfer unterbrachen ihren Singsang zum zweiten Mal, ließen die Transparente und Fähnchen sinken und wandten sich ihr mit ungläubigen Gesichtern zu. Nun, Julia hatte versucht, sie zu warnen ...
»Sie haben einen Grill mitgebracht?«, fragte Martine nach langem Schweigen.
»Nur einen zum Wegwerfen.«
»Wir sind mitten bei einer politischen Demonstration! Wer sollte uns noch für voll nehmen, wenn wir hier Burger mampften?« Ihr Ton war so messerscharf, dass Gillian zurückwich. »Sie sind wirklich eine dumme Person! Hauen Sie ab!«
»Hauen Sie ab!«, echote jemand.
Die anderen übernahmen es als Mantra. »Hauen Sie ab, hauen Sie ab - hauen Sie ab!«
Gillian machte wortlos kehrt. An ihrem Lagerplatz angekommen, warf sie die Riesenbratwürste und die Burger in die Kühlbox. In diesem Moment tat sie Julia aufrichtig Leid. »Der Protest ist ihnen eben
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