Knochenbruch
hast, wirst du zu einem großen Coup ausholen und ein neues Imperium gründen … Viel größer als das letzte.«
»Noch etwas Wein?« erkundigte ich mich ironisch.
»Spotte nur, Neil Griffon – du hast deinen Onassis-Instinkt einrosten lassen.«
»Was nicht das Schlechteste ist.«
»Du könntest Jobs für Tausende von Menschen schaffen, statt in Reithosen durch eine Kleinstadt zu zockeln.«
»In diesem Stall stehen sechs Millionen Pfund«, sagte ich langsam und spürte, wie es manchmal vorkam, wie der Keim einer Idee meine Nerven elektrisierte.
»Woran denkst du?« wollte sie wissen. »Woran denkst du in diesem Augenblick?«
»Wie Ideen entstehen.«
Sie stieß einen Seufzer aus, der halb ein Lachen war. »Und das ist genau der Grund, warum du mich auch niemals heiraten wirst.«
»Wie meinst du das?«
»Du magst das Times -Kreuzworträtsel lieber als Sex.«
»Nicht lieber«, sagte ich. »Davor.«
»Möchtest du, daß ich dich heirate?«
Sie küßte unter der Decke meine Schulter.
»Würdest du’s tun?«
»Ich dachte, du hättest die Nase voll von der Ehe.« Ich ließ meinen Mund über ihre Stirn wandern. »Ich dachte, Jeremy hätte dir das für den Rest deines Lebens ausgetrieben.«
»Er war nicht wie du.«
Er war nicht wie du … Das sagte sie oft. Jedesmal, wenn der Name ihres Mannes fiel. Er war nicht wie du.
Das erste Mal, als sie es sagte – drei Monate, nachdem ich sie kennengelernt hatte –, stellte ich die naheliegende Frage.
»Wie war er denn?«
»Blond, nicht dunkelhaarig. Gertenschlank, nicht stämmig. Ein bißchen größer, einsachtundachtzig. Äußerlich lustiger, innerlich unendlich viel langweiliger. Er wollte weniger eine Frau als ein applaudierendes Publikum … Und ich wurde des Stückes müde.« Sie hielt inne. »Und als dann Jennifer starb …«
Sie hatte noch nie zuvor über ihren Exmann gesprochen, und den Gedanken an ihre Tochter hatte sie immer ängstlich gemieden. Mit bedachtsam emotionsloser, leiser Stimme fuhr sie fort, halb abgedämpft durch meine Haut.
»Jennifer wurde vor meinen Augen getötet … von einem jungen Motorradfahrer in Lederjacke. Wir überquerten die Straße. Er kam um die Ecke gedonnert, mit hundert Sachen in einem Wohnviertel. Er ist einfach … in sie hineingerast …« Eine lange, bebende Pause. »Sie war acht … und einfach toll.« Sie schluckte. »Der Junge hatte keine Versicherung. Jeremy hat getobt deswegen, als wäre Geld eine Entschädigung gewesen … Zudem brauchten wir es nicht, er hatte fast genausoviel geerbt wie ich.« Noch eine Pause. »Nun ja, als er danach eine andere fand und sich davonmachte, war ich froh, wirklich …«
Zwar hatte die Zeit die Wunde einigermaßen geheilt, doch träumte sie immer noch von Jennifer. Manchmal weinte sie, wenn sie aufwachte, weinte um Jennifer.
Ich strich ihr mit der Hand über ihr glänzendes Haar. »Ich würde einen lausigen Ehemann abgeben.«
»Oh …« Sie holte zitternd Luft. »Das weiß ich. Zweieinhalb Jahre kenne ich dich jetzt, und du schneist jedes Jahrtausend oder so kurz rein, um hallo zu sagen.«
»Aber ich bin eine ganze Weile geblieben.«
»Zugegeben.«
»Was willst du also?« fragte ich. »Möchtest du lieber verheiratet sein?«
Sie lächelte zufrieden. »Wir machen weiter wie zuvor … Wenn du magst.«
»Ich mag.« Ich knipste das Licht aus.
»Solange du ab und zu mal beweist, daß du mich magst«, fügte sie überflüssigerweise hinzu.
»Ich würde niemand anderem erlauben«, sagte ich, »in meinem Schlafzimmer Gardinen in Pink und Grün vor ockerfarbene Wände zu hängen.«
»Mein Schlafzimmer. Ich hab’s gemietet.«
»Du bist im Rückstand. Um mindestens achtzehn Monate.«
»Ich werde morgen bezahlen … He, was machst du da?«
»Ich bin Geschäftsmann«, murmelte ich. »Und komme jetzt zur Sache.«
Neville Knollys Griffon machte es mir nicht leicht, eine neue Ära in der Vater-Sohn-Beziehung einzuläuten.
Er erklärte mir, daß er, da ich keine großen Fortschritte bei der Suche nach einem Ersatzmann für den Stall zu machen schien, nun selbst die Sache in die Hand nehme. Per Telefon.
Er sagte, er habe einige Nennungen für die nächsten zwei Wochen gemacht und Margaret solle sie abtippen und wegschicken.
Er sagte, daß Pease Pudding aus dem Lincoln herausgenommen werden solle.
Er sagte, daß ich ihm die vierundsechziger Flaschen von dem Bollinger gebracht hätte, er ziehe aber die einundsechziger vor.
»Es geht dir also wieder besser«, sagte ich
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