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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Vorgänge quoll über. Scholz begann, sich durchzuwühlen.
    »Suchst du was Bestimmtes?«, rief der Kollege.
    »Ja.«
    »Da war ein Umschlag an dich persönlich. Hab ihn auf deinen Spind gelegt.«
    Da hätte ich nie gesucht, dachte Scholz und bedankte sich.
    Die Blechschränke reihten sich in dem engen Gang hinter dem Aufenthaltsraum. Eine Tür stand offen, die Innenseite war mit Polaroids von Leichen beklebt – die Kuriositätensammlung von Dienstgruppenleiter Ritter. Der letzte Spind gehörte Scholz.
    Er tastete nach dem Umschlag und fand ihn. Obenauf lag noch ein Fax, ebenfalls an Norbert Scholz adressiert.
    Es stammte vom Bundeskriminalamt – die Antwort auf seine Anfrage wegen der Fingerspuren, die er an den Gläsern in dem Partyhotel gesichert hatte. Scholz überflog die Ergebnisse des Abgleichs mit der AFIS-Datei.
    Positiv in einem Fall.
    Der Mann hieß Pascal Frontzeck, geboren am 28. Januar 1979. Der Ausdruck enthielt eine Kriminalaktennummer und den Namen der aktenführenden Behörde: Polizeipräsidium Düsseldorf.
    Für den Mord an Robert Marthau kamen die Partyteilnehmer nicht infrage. Aber noch immer spukte die Vorstellung durch Scholz’ Kopf, dass Henrikes Mörder sein Opfer auf einer Party kennengelernt hatte und auf das Mädchen fixiert gewesen war.
    Scholz nahm den Paternoster hinauf ins dritte Stockwerk, tippte den Code in das Kästchen an der Tür und stürmte zur Kriminalaktenhaltung.
    »Du schon wieder?«, empfing ihn die Dürre mit den schiefen Zähnen, die gestern noch so viel Wert auf Höflichkeit und Abstimmung unter den Kollegen gelegt hatte.
    »Guten Tag, bitte, danke.« Er drückte ihr das Fax vom BKA in die Hand und schickte sie auf die Suche nach Frontzecks Akte.
    Währenddessen öffnete er den Umschlag des Landeskriminalamts. Es war das Laborergebnis zu den Getränkeproben.
    Positiv in neun von elf Fällen: Gammahydroxybuttersäure, auch Liquid Ecstasy genannt. Was es genau war, erklärte ein beigefügtes Infoblatt.
    Die Frau mit den Zähnen kehrte zurück und händigte ihm den bestellten Vorgang aus.
    Die Akte enthielt eine Festnahmeanzeige aus dem Jahr 2004 wegen Körperverletzung nach Paragraf 223 des Strafgesetzbuchs. Pascal Frontzeck war damals Student der hiesigen Fachhochschule gewesen.
    Scholz spürte ein Kribbeln, als er weiterblätterte – Frontzeck hatte eine Angestellte des Ordnungsamts, die für sein widerrechtlich geparktes Fahrzeug einen Abschleppwagen gerufen hatte, mit Schlägen traktiert. Das nächste Blatt war ein ärztliches Attest: Hämatome im Gesicht und an den Armen. Die Geschädigte hatte Strafantrag gestellt, diesen später aber zurückgezogen – vermutlich hatte der Täter ihr ein Schmerzensgeld gezahlt.
    Scholz studierte das Foto, das die Kollegen des Erkennungsdienstes vor gut drei Jahren von Frontzeck geknipst hatten: zurückgekämmtes Haar, Kinnbart, helle Augen in einem runden Gesicht.
    Gewalt gegen eine Frau.
    Bist du das Schwein, das ich suche?
53.
    »Espresso?«, fragte Kripochef Engel.
    »Nein, danke.«
    Die Neonröhre an der Decke warf ein kaltes Licht. Die Jalousie am Fenster klemmte noch immer auf halber Höhe – auch die Teppichbodenetage schien unter dem Sparkurs im öffentlichen Dienst zu leiden.
    Reuter war gespannt, wie der Leitende Kriminaldirektor auf seine Neuigkeiten reagieren würde.
    Engel kramte in seiner Schublade und wickelte ein Bonbon aus dem Papier. »Auch eines? Salbei, ohne Zucker.«
    Um nicht wieder ein Angebot ablehnen zu müssen, nahm Reuter den Kräuterwürfel entgegen und steckte ihn sich in den Mund. Das Zeug schmeckte gewöhnungsbedürftig.
    Der Kripochef sagte: »Ihr MK-Leiter verdächtigt immer noch Konrad Andermatt. Sie sollten ihm das ausreden.«
    »Andermatt wurde von Marthau erpresst.«
    »Mensch, Reuter, wie steh ich da, wenn die MK Feuerwerk in Konrad Andermatts Umfeld schnüffelt? Der Mann wird Innenminister.«
    »Ein guter Minister sieht ein, dass es unumgänglich ist. Wir müssen allen Spuren nachgehen.«
    »Ein guter Minister – glauben Sie noch an den Weihnachtsmann?«
    Reuter zog es vor zu schweigen.
    Engel lehnte sich zurück. »Was ist mit den Beweismitteln, die Sie in Kochs Haus entdeckt haben?«
    »Es sieht ganz so aus, als hätten wir Norbert Scholz zu Unrecht beschuldigt, die Datenträger beseitigt zu haben, die im Prozess gegen Böhr fehlten.«
    »Sagen Sie nicht ›wir‹. Sie haben den Falschen an die Wand genagelt«, erwiderte Engel.
    Reuter spürte, wie sein Adrenalinspiegel stieg.
    Engel

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