Koenigsmoerder
Meistermagier? Seit wann? »Ihr nehmt Euch einiges heraus, Jarralt. Durm ist noch nicht einmal kalt, und Gar...«
»Schweigt!«, zischte Jarralt. Er funkelte Orrick an. »Hauptmann, ich weiß Euren Pflichteifer zu schätzen. Aber wir haben es hier mit Dingen zu tun, die weit über einen gewöhnlichen Gesetzesverstoß hinausgehen. Diese Angelegenheit ist ein Schlag gegen das Herz unseres Königreichs und berührt Belange der Magie, die nicht in Euren Aufgabenbereich fallen.«
Orrick zögerte. Asher drückte mit wachsender Furcht das Gesicht gegen die Gitterstäbe. »Geht nicht, Pellen. Hauptmann Orrick. Lasst mich nicht allein mit ihm. Bitte.«
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»Habt keine Bange, Hauptmann«, erklärte Jarralt mit überschwänglicher Freundlichkeit. »Ich habe nicht die Absicht, den Henker um seine Gebühr zu betrügen.«
»Sehr wohl, Mylord«, sagte Orrick. »Aber ich werde Euch beim Wort nehmen.«
Die Tür schloss sich hinter ihm.
Jarralt lächelte. Die Boshaftigkeit, die er ausströmte, ließ Asher drei Schritte zurücktreten. »Ich werde nichts sagen, bis Gar hier eintrifft.«
»Wirklich?« Etwas tief in den Augen des doranischen Lords flammte scharlachrot auf. »Schmerz«, flüsterte er.
Und Schmerz durchschnitt Asher wie eine Sichel. Raubte ihm den Atem und zwang ihn in die Knie. »Möge Barl Eure Eingeweide verwesen lassen, Jarralt«, keuchte er, immer noch zusammengekrümmt. »Ich werde Euch nichts erzählen.«
»Falsch, Abschaum«, erwiderte Jarralt. »Ihr werdet mir alles erzählen.«
Und am Ende tat er es. Sobald er aufgehört hatte zu schreien. Er konnte nicht an sich halten. Jarralts Geist durchsiebte den seinen wie ein Getreidedrescher, bis von seinem Widerstand nur noch Spreu übrig blieb.
Als er schließlich keine Worte mehr hatte, verlor er das Bewusstsein.
Zum fünften Mal seit seinem frühen Eintreffen im Turm an diesem Morgen stand Darran von seinem Schreibtisch auf und schob den Kopf durch die geöffnete Tür seines Arbeitsraumes. Er blickte hinab und spitzte die Ohren in der Hoffnung, irgendein Zeichen seines säumigen Gehilfen zu entdecken. Aber nein, immer noch kein Willer. Wo konnte der elende Bursche sein? Sie hatten Berge von Arbeit, durch die sie sich hindurchgraben mussten...
Und dann hörte er, wie die Vordertüren des Turms geöffnet wurden, und Willers herrische Stimme erklang: »Berta! Ist Darran schon hier? Wir müssen ihn in dringenden Angelegenheiten sprechen!«
Wir?
Während die Dienstmagd antwortete, konnte er einen Blick auf 258
Willer werfen und auf den Mann, der vor ihm die Treppe hinaufging‐Lord Jarralt.
Er wandte sich zu seinem Schreibtisch um. Als Willer dicht hinter Lord Jarralt in den Raum stolziert kam, war Darran ganz damit beschäftigt, sich einen Überblick über die Termine des Tages zu verschaffen. Er stand auf und verneigte sich.
»Mylord.« Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf seinen Gehilfen. »Ihr seid heute Morgen schrecklich spät dran, Herr. Darf ich fragen, wo...«
»Im Wachhaus«, sagte Willer. »In Staatsangelegenheiten.«
»Auf meinen Wünsch«, fügte Lord Jarralt hinzu. »Ich darf doch annehmen, dass Ihr keine Einwände habt?«
Staatsangelegenheiten? Willer? Darran verbeugte sich abermals. »Natürlich nicht, Mylord.« Er räusperte sich. »Kann ich Euch in irgendeiner Weise behilflich sein, My...«
»Asher von Restharven ist verhaftet worden«, antwortete Lord Jarralt. Jeder Beobachter der Szene hätte gedacht, diese Eröffnung sei wenig aufregend für ihn
‐ vorausgesetzt, dass man ihm nicht in die Augen sah.
»Verhaftet?«, wiederholte Darran schwach. »Unter welcher Anklage?«
»Es gibt keine Anklage, sondern erwiesenen Hochverrat!«, sagte Willer. »Seine Schuld ist über jeden Zweifel erhaben! Er...«
»Willer«, sagte Lord Jarralt sanft.
Willers Mund klappte zu wie eine Mausefalle.
»Ich muss den König sprechen«, fuhr Jarralt fort. »Bringt mich zu ihm.«
Darran trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Mylord, Seine Majestät hat gestern Nacht Schnee heraufbeschworen. Das Wettermachen strengt ihn sehr an, und am folgenden Morgen bleibt er oft lange im Bett...«
»Sofort«, sagte Lord Jarralt.
Offensichtlich kam Widerspruch nicht infrage. »Mylord«, entgegnete er und drehte sich dann zu Willer um. »Ich werde nicht lange fort sein. Seid so gut und bereitet für mich die Notizen für die heutige Versammlung mit...«
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»Nein«, erwiderte Willer grinsend. »Ich arbeite nicht länger für Euch. Lord Jarralt
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