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Koenigsmoerder

Koenigsmoerder

Titel: Koenigsmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. Jenseits der geschlossenen Tür von Jarralts privater Bibliothek konnte er die rege Betriebsamkeit seines Haushalts hören.
    Endlich trugen seine Pläne Früchte. Und wenn der unbequeme Asher tot war, der Krüppel vom Thron verdrängt und er selbst König war und frei zu tun, was ihm beliebte, würde Barls verfluchte Mauer schnell nur noch eine Erinnerung sein.
    Die Erkenntnis, wie nahe er dem Scheitern gewesen war, machte ihn zornig.
    Zuerst Durms Verletzungen, dann die unerwartete Einmischung dieses olkischen Abschaums. Ein Beben des Hasses ließ seine eleganten Glieder erzittern. Er war dieses Ortes so müde. War dieses Exils hinter Barls Mauer müde. War es müde, von seinem gewaltigen Vorrat an Macht abgeschnitten zu sein, eingepfercht in diese Gefängnisse aus Fleisch, in denen selbst ein bloßer Unfall eine Gefahr bedeuten konnte. Er war es müde, abwarten und Ränke schmieden zu müssen, statt mit seinem Willen auszugreifen und sich zu nehmen, was er wollte und sobald er es wollte!
    Seine Pläne von einem Olk durchkreuzen lassen! Der Gedanke verursachte ihm Brechreiz! Er wollte sie alle töten. Er wollte jeden einzelnen Olk abschlachten und auch die Doranen. Wollte dieses hübsche Königreich von seinem Vieh und seinen Abtrünnigen befreien. Wollte das Land mit Blut und Feuer reinigen.
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    Aber nein. Als ein unsterblicher Geist, der nun in Fleisch gefangen war, konnte er das Risiko nicht eingehen. Er durfte die Aufmerksamkeit der Magier des Königreichs nicht auf sich ziehen, denn vereint würden sie ihn vielleicht besiegen. Vorsicht war der Schlüssel. Sobald Barls Mauer zerstört war, konnte er diesen Körper abstreifen und sich wieder mit seinem größeren, unsterblichen Ich vereinen. Aber bis dahin musste er behutsam zu Werke gehen. Bis dahin konnte Morg noch immer sterben.
    Ein Flüstern von seinem in seinen tiefen Kerker gesperrten Wirt. Ja, ja, stirb!
    Er lächelte. Der Narr Conroyd, der sich einbildete, ein Magier zu sein, mit dem man rechnen musste. Der erst jetzt langsam die Bedeutung von Ehrgeiz begriff.
    Von Herrschaft. Von Macht.
    Er rollte die inzwischen trockenen Pergamente zusammen, wickelte ein Band aus der Schreibtischschublade darum und klemmte sie sich unter den Arm. Der fette Willer saß geduldig wartend auf einer Bank vor der Bibliothekstür.
    »Mylord!«, rief er und erhob sich unbeholfen. »Was jetzt?«
    Eine nützliche kleine Kröte, diese Kreatur. Enttäuschte, giftige Männer waren immer nützlich. »Kehrt in den Turm zurück. Setzt diesen jämmerlichen Darran darüber in Kenntnis, dass er für heute Nachmittag um zwei Uhr eine Dringlichkeitssitzung des Großrats einberufen soll.«
    Willer verneigte sich. »Ja, Mylord.«
    Als Nächstes ließ Morg Jarralts Kutsche vorfahren und begab sich in die Kapelle, wo er den schwatzhaften Holze mitten in einer Morgenmesse antraf.
    »Conroyd!«, rief der barlhörige Geistliche, sobald das Gejaule vorüber war und die Gemeinde ihre Plätze verlassen hatte. »Ihr wirkt so beunruhigt! Stimmt etwas nicht?«
    Morg verlieh Jarralts auf strenge Weise schönem Gesicht einen tragischen Ausdruck. »Ich fürchte, mein lieber Efrim, ich habe tatsächlich schlechte Nachrichten. Können wir reden? Unter vier Augen?«
    »Natürlich! Kommt, wir können uns in meinem Arbeitsraum unterhalten.«
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    Morg folgte ihm mit einem stillen Lächeln aus der Kapelle. Als sie an einem der vielen Porträts seiner teuren, geliebten, toten Hure vorbeikamen, warf er ihr eine Kusshand zu.
    Als Asher aus seiner Benommenheit auftauchte, stellte er fest, dass er noch immer auf dem Boden seiner Zelle im Wachhaus lag, aber nicht mehr gefesselt war. Pellen Orrick saß vor der Zelle auf einem Stuhl und las Berichte. Die Schmerzen, die Jarralt ihm zugefügt hatte, waren verklungen, aber bei der Erinnerung daran wurde sein Mund trocken, und er begann beinahe von Neuem am ganzen Körper zu zittern.
    Unbeholfen richtete er sich auf und lehnte sich gegen die Gitterstäbe. »Ich will Gar sehen«, krächzte er. »Ich habe das Recht dazu.«
    Orrick sah ihn an. Niemand hätte den Hauptmann jemals als mitteilsam bezeichnet, aber während der vergangenen Wochen hatten sie die Gewohnheit entwickelt, unbefangen und scherzhaft miteinander zu plaudern. Er war drauf und dran gewesen zu denken, dass der Mann vielleicht ein Freund werden könnte. Jetzt jedoch war das warme Flackern der Anerkennung in Orricks hellen Augen erloschen, und sein Gesicht war

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