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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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bis wir vor einem ziemlich hässlichen Häuserklotz standen, der im Eingangsbereich eine hell erleuchtete Glaskuppel mit einem vergitterten Kassenhäuschen hatte. Auf dem großen Leuchtschild mit den beweglichen Lettern stand: »75 Jahre Vorstadtkino. Filme aus den letzten 75 Jahren! Heute: Der Schrecken vom Amazonas (1954) in 3D!«
    Ich konnte mein Glück gar nicht fassen! Einer meiner Lieblingsfilme aus Ronalds Filmkiste! Und das im Kino, in einem alten Kino, und dazu noch in 3-D! Mir fiel nichts anderes ein als: »Geil!«
    »Ich hatte gehofft, dass Dir das gefällt!«
    »Gefallen ist gar kein Ausdruck, ich bin überwältigt, einfach weg. Wenn das so weitergeht, brauche ich eine Popcorntüte zum Hyperventilieren.«
    Sie lachte und führte mich in die Eingangshalle hinein. »Weißt Du eigentlich, dass dieser Schwarz-Weiß-Film von Jack Arnold gedreht wurde und es tatsächlich das einzige 3D-Monster ist, das es zu Kultstatus gebracht hat?«
    »Ja, und der Schauspieler Ricou Browning musste bei den Dreharbeiten unter Wasser bis zu vier Minuten die Luft anhalten und mit dem schweren Kostüm geschmeidig herumtauchen …«
    »Ich sehe, Du bist im Bilde«, sagte Tanja und strahlte mich an. Wir blieben vor dem Original-Filmplakat stehen. Ein kleines Banner mit einigen Filminformationen aus Wikipedia war darüber gehängt:

    Der Schrecken vom Amazonas ist ein Schwarz-Weiß-Horrorfilm-Klassiker in 3-D des US-amerikanischen Regisseurs Jack Arnold. Er setzt auf plötzliche Schockelemente und die unbehagliche Atmosphäre einer unbekannten Umwelt. Arnold (…) inszenierte das abenteuerliche Geschehen als »Ökothriller« mit erotischen Akzenten um eine gefährdete und unbekannte Natur.

    Tanja hakte sich ganz altertümlich in meinem Arm ein, als wir von der Eingangshalle zum eigentlichen Kinosaal schlenderten. Es ging einen dunklen Gang empor, der mit Teppich ausgekleidet war. Am Ende des Ganges wartete ein Vorhang, wir schoben ihn beiseite und standen in einem alten Kinosaal aus den frühen 60er Jahren. Rechts neben dem Eingang war eine Bar inklusive Barhockern eingebaut. Die einfache Kino- Bestuhlung war, wie das meiste Interieur, noch im Originalzustand.
    An den Rückenlehnen der Vorderreihe war ein schmales Board montiert, das als Tisch fungierte. Darauf wiederum befanden sich kleine, schummrig beleuchtete Lampenschirmchen und ein grün leuchtender Klingelknopf, um Getränke zu bestellen. Die hohen Wände waren klassisch im Stil der späten 50er mit Wandleuchtern und vignettierten Tapeten gestaltet.
    Ich war schlichtweg begeistert. Es war wie ein Zeitsprung in eine Welt, als Kino noch der Urlaub des kleinen Mannes war und nicht der Kommerz im Vordergrund stand. Vielleicht sehe ich solche Dinge einfach zu verklärt, aber mitten in dieser Zeitkapsel zu sitzen, in der Erwartung einen alten Klassiker zu sehen, war für mich das Größte.
    Ich fragte Tanja: »Wie in aller Welt hast Du das entdeckt?«
    Sie zuckte nur spitzbübisch mit den Schultern und meinte: »Mit Geschmack!« Dann setzte sie hinzu: »Ich mag Dinge, wenn sie etwas old-fashioned sind.«
    »So wie ich?”, fragte ich sie.
    »So wie Du!«, zwinkerte sie mir zu. Dann führte sie mich an unsere Plätze und wir bestellten uns ein paar Getränke.
    Die Saalbeleuchtung ging langsam aus und der Vorhang rollte majestätisch zu den Seiten, um der Leinwand Platz zu machen. Die Lautsprecher krächzten, als wollten sie sich räuspern.
    Wir setzten unsere Rot-Grün-3D-Brillen auf und ruckelten uns in unseren Sitzen zurecht. Der Film fing flimmernd an und sie legte ihren Arm um mich, um sich an mich zu schmiegen. Bei den gruseligen Stellen drückte sie die Finger in meinen Arm. Glücklich lächelte ich in mich hinein: »Fast wie früher beim 3-Phasen-Plan von Sunny. Schwimmbad – Eisdiele – Kino. Sie drückt mir blaue Flecken in den Arm und wir halten Händchen.«
    Auf dem Heimweg zu ihr legte sie ihren Arm erneut um mich. Voller Begeisterung sprachen wir über den Film und wir lachten, bis uns unsere Füße vor ihr Haus geführt hatten. Ich gab ihr einen Kuss und sie gab uns eine zweite Chance.

Allein
    Innerlich melancholisch lächelnd fragte ich mich, warum ich mich ausgerechnet jetzt mit meiner Vergangenheit auseinandersetzte. Aber was hatte ich sonst noch außer meinen Erinnerungen. Vermutlich ging es alten Menschen genauso. Sie waren allein und flüchteten sich immer weiter in ihre Vergangenheit, dorthin wo das Leben noch schön gewesen war, bis sie sich aus der

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