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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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keine Absicht, aber das alles ist schon ein wenig …«
    »Verrückt, meinst Du? Ja, das kann ich mir vorstellen. Wenn man von klein auf eingebläut bekommt, was man glauben soll und einem furchtbar wichtige Leute sagen, wie die Physik und die ganzen Naturwissenschaften funktionieren. Aber tröste Dich mit dem Gedanken, dass führende Physiker inzwischen nur noch von naturwissenschaftlichen Denkmodellen sprechen, um das Gesehene solange interpretieren zu können, bis es von einem neuen Modell abgelöst wird. Sobald eine weitere Ebene der Wahrnehmung dazukommt, sieht man erst, wie löchrig all diese Modelle sind. Eines dieser Paradigmen könnte meine linke Socke sein«, verkündete er mit ernster Miene und deutete auf seine grobmaschige Socke, die noch immer ein Loch am großen Zeh hatte. »Wenn ich irgendwann mal dazu komme, muss ich die stopfen. Jetzt bei dem Wetter ist das noch ganz ok. Aber wenn’s im Winter kalt reinzieht, dann mag ich das nicht so …«
    Ich stand das erste Mal vor ihm und war sogar ein kleines Stück größer als er. Ich zuckte zusammen. Durfte man größer als Gott sein?
    Er brummte: »Wie ich sehen kann, stehst Du zumindest schon einmal auf eigenen Beinen. Gar nicht schlecht für den Anfang!«
    »Und wie geht’s weiter?”, fragte ich.
    »Denk’ einfach immer daran: Geht nicht, gibt’s nicht und Du bist auf dem richtigen Weg. Apropos Weg: Ich muss los! Auch wenn Du mich beim letzten Mal so ungläubig angeschaut hast – ich habe tatsächlich noch andere Termine. Lass ruhig mal was von Dir hören, Junge!« Dann schlenderte er gemütlich davon, pflückte ein Gänseblümchen und steckte es sich in den Mundwinkel. «So wie’s aussieht, kommst Du ja schon ganz gut alleine zurecht.«
    Er hob die Hand, winkte mir lässig zu und verschwand.
    Ich stand ganz alleine auf der saftig grünen Wiese, sog die würzige Luft genussvoll ein und schaute an mir herunter. Es war alles da, wo es hingehörte. Ich hatte mein Lieblingshemd und eine bequeme, weite Jeans an. Meine Füße waren nackt und ich konnte das Gras und die darunter liegende warme Erde spüren. Ich war so glücklich, nach dem vielen anstrengenden Herumliegen endlich wieder stehen zu können. Ich grub meine Zehen ins Gras, griff damit zu und zog ein paar Grashalme heraus.
    Ich strahlte. Etwas so Schönes hatte ich schon lange nicht mehr erlebt. Ich betrachtete meine Hände und ließ die Finger spielen. Das war besser als alles andere, was ich die letzte Zeit erlebt hatte. Ich reckte und streckte mich, ließ die Schultern und den Kopf kreisen. Ich war voller Energie und Elan, die Lebenslust pulste bis in meine verbliebenen Haarspitzen.
    Die Kraft, die mich durchströmte, ließ mich meine Fäuste ballen und dann lief ich los. Einfach so! Mein Gehirn schien an dieser Entscheidung gar nicht beteiligt zu sein. Meine Beine hatten vor lauter Freude über die Bewegung und die Umgebung ein Eigenleben entwickelt. Ich rannte über diese herrlich grüne Wiese, ohne ein Ende zu finden.
    Es war nicht die Erschöpfung, die mich irgendwann innehalten ließ, es war vielmehr die Verwunderung, dass ich keine spürte. Für mich war das, was ich auf dieser grünen Wiese erleben durfte, schlichtweg das Paradies. Es war die Freiheit, die ich in meinem realen Körper nicht hatte. Es war die Faszination, dass ich überall hingehen konnte, wohin ich wollte. Dieser Gedanke rollte ein wenig nach, wie die Brandung des Meeres. Wohin ich auch immer wollte!
    Ich öffnete die Augen und schwebte aufrecht dicht unter der Decke eines Raumes. Vor mir sah ich einen flachen grauen Kasten, der an die Decke montiert war. Ich brauchte einen Moment, bevor mir klar wurde, worum es sich handelte. Es war mein Holo-Flat-Pad , das ich in flachem Winkel direkt unter der Decke sah. Mein Betrachtungswinkel hatte sich völlig verändert. Das hieß … ich schwebte, beziehungsweise stand, auf dem Fußende meines Bettes und sah in Richtung Kopfende.
    Ich senkte meinen Blick und sah mich, wie ich da unten im Bett lag. Die Blicke meiner Ichs kreuzten sich. Im gleichen Moment sah mein Betten-Ich zu meinem zweiten Ich empor und die Bilder überlagerten sich. Ich sah mich gleichzeitig auf dem Fußende meines Bettes stehen und in selbigem liegen.
    Es war beängstigend und geradezu prickelnd zugleich. Nachdem mein zweites Ich eine Weile auf dem Bettende herumgestanden hatte, schauten Wir uns zuerst eine Weile gegenseitig an. Ich oder Wir dachten: Na, dass kommt einer Persönlichkeitsspaltung doch schon

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