Krieg der Drachen - Roman
Sturm verloren. War gut zwei Wochen verspätet. Die Jungs im Hafen haben ’s erwähnt. Wird die Hochzeitsmeldung an Bord haben.«
»Ihr habt vermutlich Recht.« Der Prinz rieb sich die Stirn und bemerkte zu spät, dass er sich Lehm ins Gesicht schmierte. »Verblitzt und Donnerschlag. Mir mitzuteilen, dass ich verheiratet werde, ist eine Sache, aber die Nachricht eine knappe Woche auf den Weg zu bringen, bevor die Frau in See sticht?«
Er betrachtete seine Hände und wischte sie an der Hose ab. »Den Brief, bitte.«
Nathaniel überreichte ihn, und der Prinz öffnete ihn. Im Inneren des Umschlags fand er drei kleinere, ebenso versiegelte Botschaften. Als Erstes öffnete er die des Heimatministers Herzog Marbury. Sie war zweimal hintereinander in Drittel gefaltet, aber nicht exakt, ein Beispiel für die Nachlässigkeit, was Details betraf, wie sie typisch für Marbury war.
Vladimir überflog den Inhalt. Er stöhnte laut und warf die beiden anderen Briefe auf den Schreibtisch, in der vergeblichen Hoffnung, sie könnten einfach verschwinden. »Das ist übel.«
»Will auf keinen Fall neugierig sein, Hoheit.«
Vladimir lachte. »Typisch Marbury. ›So es Eurer Hoheit gefällt …‹ Natürlich gefällt es mir nicht, doch habe ich in dieser Angelegenheit keine Wahl. Meine Tante in ihrer Weisheit hat beschlossen, dass das Königreich Kesse-Saxenburg sich einer zu Ihren Gunsten rund um Tharyngia geschlossenen Allianz anschließen wird. Das mag zugestandenermaßen eine so schlechte Idee nicht sein, sind doch die Kessen die kriegerischste der Teutonischen Nationen, nur ist sie entschlossen, dieses Bündnis zu
zementieren, indem sie mich mit der Prinzessin Gisella verehelicht. Das Kind ist von der Hälfte meines Alters, ohne Zweifel geschult in den Künsten der Stickerei und des Errötens nach Bedarf, und aufgewachsen in einer Welt voller Annehmlichkeiten, derentgleichen diese Küsten noch niemals gesehen haben.«
Nathaniel knackte einen Sonnenblumensamen und verfütterte ihn an den im Käfig sitzenden Raben des Prinzen. »Tja, Ihr könntet sie mit Kamiskwa hier verheiraten und selbst seine Schwester zur Frau nehmen. Dann bekäme Eure Tante zwei Bündnisse statt einem.«
»Msitazi würde Magwamp als Brautpreis verlangen. Das geht also nicht.« Er betrachtete den Brief und verzog das Gesicht. »Habt Ihr sie gesehen?«
»Kann ich nicht behaupten, Hoheit. Sie waren dabei, sie auf eine Barkasse zu verladen …«
»Auf eine Barkasse?! «
»Nicht, dass sie einen Kran dazu benutzt hätten«, erwiderte Nathaniel fröhlich. »Hab keinen direkten Blick auf sie gekriegt, aber ihre Kutsche ist ein tolles Ding. Gold und weiß, wie der Mann, der den Brief brachte.«
»Wie war er?«
»Prächtig rausgeputzt. Brauchte ’ne Barkasse bloß für seinen Schnäuzer. Graf Joachim von Metternin hat er gesagt, heißt er. Höflich wie nur was.« Nathaniel grinste. »Hat mir ein Pfund dafür gegeben, Euch die Nachricht zu bringen.«
Vladimirs Augen wurden schmal. Er klopfte sich mit dem Finger an die Zähne und verzog das Gesicht, weil er nach Lehm schmeckte. »Von Metternin. Der Name ist mir vertraut.«
»Er hofft auf eine schnelle Antwort.«
»Ich setze zum Morgen eine auf. Bäcker soll sie ihm bringen. Euch benötige ich hier, damit Ihr uns bei dem Modell helft.«
Der Prinz fuhr sich mit den Fingern durch das Haar und zog sich dabei erdfarbene Strähnen. »Meine Tante will mit dieser Heirat ihr Reich retten, doch lenkt sie mich damit von der Arbeit ab, die diesen Zweck in Wirklichkeit erfüllen wird.«
Kamiskwa spitzte ein weiteres Hölzchen an. »Die Prinzessin könnte Euch starke Söhne gebären.«
Prinz Vladimir breitete die Arme weit aus. »Ich brauche hier keine Kinder. Ich bin ein Mann der Wissenschaft. Gut, die tharyngische Revolution hat ihr eine höchst bösartige Wendung verliehen, doch die dortige Perversion des Prinzips nimmt ihm nicht seinen Wert. Meine Studien haben unser Verständnis der Welt befördert. Ich habe Pflanzen mit medizinisch wertvollen Eigenschaften entdeckt. Ich habe eine Abart der Kartoffel gefunden, deren Knollen größer wachsen als die anderer Sorten, und die dazu der Fäule widersteht. Mit jedem Tag lerne ich mehr über Lindwürmer. Ich kann keine Ablenkung gebrauchen.«
Kamiskwa nickte und schob das Obsidianmesser zurück in die Scheide. »Viele Krieger haben das schon gesagt. Mein Vater erklärt ihnen jedes Mal, wo ihr Irrtum liegt. Sie wollen die Welt sicher machen. Ihr wollt die Welt besser
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