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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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stand vor der Vortreppe des Hauses bereit neben dem Mameluken Rustan. Napoleon empfing Balaschew in demselben Hause in Wilna, von dem aus Alexander ihn abgesandt hatte.

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    Obgleich Balaschew an den Luxus des Hoflebens gewöhnt war, setzte ihn doch der Glanz am Hofe Napoleons in Erstaunen. Der Adjutant, Graf Turenne, führte ihn in ein großes Empfangszimmer, wo viele Generale, Kammerherren und polnische Magnaten warteten, von denen Balaschew viele am Hofe des russischen Kaisers gesehen hatte. Nach kurzen Worten trat ein Kammerherr in das Empfangszimmer, verbeugte sich höflich vor Balaschew und lud ihn ein, ihm zu folgen. Balaschew trat in ein kleines Empfangszimmer, von dem eine Tür in das Kabinett führte, dasselbe, aus dem ihn Kaiser Alexander abgesandt hatte. Rasch öffneten sich beide Flügeltüren, alles verstummte, und aus dem Kabinett kam Napoleon mit raschen, entschiedenen Schritten, in blauer Uniform, mit weißer Weste und Reitstiefeln. Sein weißer, dicker Hals trat scharf hervor aus dem schwarzen Kragen der Uniform, er war mit kölnischem Wasser parfümiert. Auf seinem Gesicht mit dem scharf hervortretenden Kinn lag der Ausdruck kaiserlicher Majestät und Gnade. Er beantwortete die tiefe Verbeugung Balaschews mit einem Kopfnicken, trat auf ihn zu und begann sogleich zu sprechen, wie ein Mann, der jede Minute seiner Zeit zu schätzen weiß.
    »Guten Tag, General«, sagte er. »Ich erhielt den Brief des Kaisers Alexander, den Sie brachten, und bin sehr erfreut, Sie zu sehen.« Er blickte mit seinen großen Augen Balaschew in das Gesicht, sah aber dann sogleich daran vorüber. Augenscheinlich interessierte ihn die Persönlichkeit Balaschews nicht, sondern nur das, was in seiner eigenen Seele vorging. Alles, was außer ihm selbst lag, hatte für ihn keine Bedeutung.
    »Ich wünsche keinen Krieg«, sagte er, »aber man hat mich dazu genötigt. Auch jetzt bin ich bereit, alle Erklärungen entgegenzunehmen, die Sie mir geben können«, begann er klar und kurz. Nach dem gemessenen, ruhigen Ton, in dem Napoleon sprach, war Balaschew fest überzeugt, daß er den Frieden wünsche und in Verhandlungen eintreten wolle. Balaschew erwiderte, der Kaiser Alexander vermöge keinen genügenden Grund zum Kriege zu erkennen und habe auch mit England keinerlei Beziehungen.
    »Für jetzt noch nicht«, bemerkte Napoleon, nickte aber wieder, zum Zeichen, daß Balaschew fortfahren möge. Nachdem Balaschew die Erklärungen abgegeben hatte, zu denen er beauftragt worden war, erinnerte er sich an die Worte: »bis kein bewaffneter Feind mehr auf russischem Boden stehe«, aber er vermochte diese Worte nicht in ihrer ganzen Schroffheit auszusprechen und sagte nur: »Unter der Bedingung, daß die französischen Truppen hinter den Niemen zurückgehen.«
    Napoleon bemerkte Balaschews Verlegenheit bei diesen Worten. Sein Gesicht zuckte, er sprach immer lauter und hastiger, und Balaschew bemerkte unwillkürlich, wie Napoleons linke Wade zuckte.
    »Ich wünsche den Frieden nicht weniger als Kaiser Alexander«, begann er, »aber was verlangt man von mir?«
    »Die Zurückziehung Ihrer Truppen hinter den Niemen«, sagte Balaschew.
    »Hinter den Niemen«, wiederholte Napoleon. »Vor zwei Monaten hat man verlangt, ich soll hinter die Oder, hinter die Weichsel zurückgehen! Ein solches Verlangen kann man an einen Herzog von Baden richten, aber nicht an mich!« schrie Napoleon. »Auch wenn Sie mir Petersburg und Moskau gäben, würde ich diese Bedingung nicht annehmen! Sie sagen, ich habe diesen Krieg angefangen? Wer ist früher zu der Armee gereist? Der Kaiser Alexander, nicht ich! Und welchen Zweck hat Ihr Bündnis mit England? Was hat es Ihnen gegeben?« Je länger er sprach, desto weniger war er imstande, seine Rede zu lenken, welche sichtlich nur den Zweck hatte, sich selbst zu erheben und Alexander, zu beleidigen, was er anfangs am wenigsten beabsichtigt hatte. Sobald er bemerkte, daß Balaschew etwas sagen wollte, unterbrach er ihn hastig. »Ich weiß, Sie haben Frieden mit den Türken geschlossen, ohne die Moldau und die Walachei zu erhalten. Ich hätte Ihrem Kaiser diese Provinzen gegeben, so wie ich ihm Finnland gegeben habe, jetzt aber wird er diese schönen Provinzen nie erhalten! Er hätte können Rußland von dem Bottnischen Meerbusen bis zur Mündung der Donau ausdehnen, was Katharina die Große nicht vermochte«, sagte Napoleon, immer hitziger werdend. »Das alles hätte er meiner Freundschaft zu verdanken.« Er zog die

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